Capital Group: Chancen mit höherverzinslichen Papieren

Anleihen

So lange keine Rezession drohe oder das Weltwirtschaftswachstum erkennbar nachlasse, könne man mit High Yield nach noch recht viel verdienen, meint Rob Neithart, Principal Investment Officer des CGGHIO. Sein Ausblick für Emerging-Market- und High-Yield-Anleihen.

19.06.2018 | 13:33 Uhr

Der Fonds investiert sowohl in High-Yield- als auch in Emerging-Market-Anleihen. Wie funktioniert die Asset-Allokation?

Die Art und Weise, wie wir das Portfolio auf die Manager für die beiden Assetklassen aufteilen, hat sich seit Einführung der GHIO-Strategie 1998 nicht verändert. Wir kombinieren Top-down-Vorgaben mit Bottom-up-Entscheidungen. Allerdings entfallen nur etwa 10% unseres Portfolioertrags auf die Asset-Allokation; viel wichtiger ist die Einzelwertauswahl auf Länder und Unternehmensebene. 

Dazu möchte ich sagen, dass wir im Team bei der Asset-Allokation immer sehr gut zusammengearbeitet haben. Alle zwei Wochen treffe ich mich mit meinem Co-Portfoliomanager David Daigle, unserem Portfoliostrategen Arjun Madan und der Risk and Quantitative Solutions Group. Wir besprechen den Fundamentalausblick für beide Assetklassen, die Markttechnik, die relative Bewertung und die Risiken. Dann entscheiden wir, ob irgendetwas eine Änderung der Portfoliostruktur erfordert. Auch wenn ich als PIO letztlich verantwortlich bin, beruhen die Entscheidungen auf den Beiträgen des gesamten Teams.

Wie sind Sie in Emerging-Market- und High-Yield-Anleihen zurzeit positioniert?

Zurzeit bevorzugen wir Emerging-Market-Anleihen leicht gegenüber High Yield. Wir haben aber keine so ausgeprägte Meinung wie früher. Dennoch scheinen uns Emerging-Market-Anleihen günstiger bewertet, vor allem nach ihrer jüngsten Schwäche. Die High-Yield-Spreads haben sich hingegen deutlich verengt, sodas sie im Vergangenheitsvergleich nicht besonders attraktiv scheinen.

Wo sehen Sie im Emerging-Market-Bereich die interessantesten Titel?

Zurzeit bevorzuge ich Lokalwährungs- anleihen, insbesondere länger laufende – wegen ihrer Bewertung und der guten Markttechnik. Bei dollardenominierten Anleihen bin ich etwas vorsichtiger geworden, denn die Bewertungen haben sich verändert. Die aktuellen Kurse und Spreads bieten keine Sicherheitsmarge. 

Auf Länderebene bevorzuge ich meist Asien, und hier insbesondere Lokalwährungstitel. Beispielsweise schätze ich Indien. Die Reformen machen große Fortschritte und sorgen für neuen Spielraum für die Fiskalpolitik. Trotz kurzfristiger Zweifel mancher Marktteilnehmer bleibt die Notenbank bei einer straffen Geldpolitik, und die Rupie war trotz weltweit steigender Zinsen sehr stabil.  

Aufgestockt haben wir unsere Position in Malaysia. Es ist schon lange her, dass wir letztmals in wirklich großem Umfang in dieses Land investiert waren. Der Ringgit scheint günstig und dürfte deutlich weniger als früher darunter leiden, wenn sich die internationalen Kapitalströme umkehren. 

Aber High Yield bietet auch Chancen?

So lange keine Rezession droht oder das Weltwirtschaftswachstum erkennbar nachlässt, kann man mit High Yield meiner Ansicht nach noch recht viel verdienen. Die Assetklasse hat sich angesichts der Zinserhöhungen und des deutlichen Renditeanstiegs in den USA gut gehalten – und jetzt scheint es, als würden die Fed und die Märkte die gleichen Erwartungen haben. Ich glaube nicht, dass die Fed die Geldpolitik stärker strafft, als sie signalisiert hat.

Hinzu kommt, dass sowohl fundamentale als auch technische Faktoren den Markt weiter stützen. Die Nettoemissionen sind in den letzten Jahren zurückgegangen, aber die Investorennachfrage bleibt hoch. Das sorgt für ein gutes technisches Umfeld. Zu den Fundamentaldaten ist zu sagen, dass viele Emittenten rohstoffsensitiv sind und daher 2014 und 2015 unter Druck gerieten. Wer das aber überstanden hat, erfreut sich heute stabilerer Finanzen. Außerdem konnten sich die Unternehmen in den vielen Jahren mit recht niedrigen Zinsen günstiger refinanzieren, was auf absehbare Zeit für niedrige Ausfallquoten sorgen dürfte. Im Schnitt haben High-Yield-Anleihen eine Restlaufzeit von etwa sechs Jahren.1 Es wird noch viele Jahre dauern, bis die Finanzierungskosten von US-Unternehmen steigen.

Hinzu kommt, dass man anderswo kaum derartige Renditen bekommt, insbesondere bei einer recht geringen Duration. Wer dem Markt heute ein Jahr lang fernbliebe, würde auf etwa 6% bis 7% Rendite verzichten. Selbst wenn sich die Spreads etwas ausweiten, erwarten wir dieses Jahr Mehrertrag von High- Yield-Anleihen, da der Zinsvorsprung Verluste durch Spread-Ausweitungen mehr als ausgleicht. 

Was müsste passieren, damit sich der US-Dollarkurs nachhaltig verändert? 

In den letzten Jahren war der US-Dollar meist längere Zeit stabil oder längere Zeit schwach. Viele Faktoren könnten eine erneute Trendwende auslösen. Bei steigenden US-Zinsen könnte der Zinsvorsprung der USA gegenüber anderen Industrieländern so stark zunehmen, dass sehr viel Kapital dorthin fließt. Das Land benötigt schon jetzt sehr viel Kapital, da sein Finanzierungsbedarf deutlich gestiegen ist. Vielleicht ist aber auch einfach nur die Bewertung der Auslöser, wenn die Investoren glauben, dass der US-Dollar genug abgewertet hat. Schließlich ist auch ein weltweiter Schock denkbar, der zu einer US-Dollar-Aufwertung führt, beispielsweise Nervosität wegen China, eine Krise in Europa oder irgendeine Art von Finanzschock. 

Die US-Zehnjahresrenditen stiegen zuletzt auf 3%. Was könnte dies für High-Yield- und Emerging-Market-Anleihen bedeuten?

Meist  reagieren  High-Yield-Anleihen nicht so stark auf die US-Renditen wie Investmentgrade-Titel – wegen ihrer höheren Anfangsrenditen und der geringeren Duration. Hinzu kommt, dass sich die High-Yield-Spreads oft dann verengen, wenn die Staatsanleihenrenditen steigen, was typisch für einen Konjunkturaufschwung ist. Weil die Ausfallquoten im Aufschwung meist niedriger sind, rechtfertigt das geringere Spreads – so wie die Spreads bei nachlassender Konjunktur meist steigen. Die Emerging Markets können steigenden US-Zinsen aus meiner Sicht so lange etwas entgegensetzen, wie das Umfeld stimmt – mit synchronem Weltwirtschaftswachstum, von dem auch die Schwellenländer profitie- ren, und stabilen Rohstoffpreisen. In den meisten Ländern hält sich die Inflation in Grenzen, sodass viele Notenbanken die Geldpolitik lockern können. Dies dürfte Anleihen und das Wirtschaftswachstum stützen. Wo es Probleme gibt, etwa in Argentinien und der Türkei, sind sie meist hausgemacht und nicht repräsentativ für die Emerging Markets insgesamt.


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