Jede Woche veröffentlichen führende Vermögensverwalter weltweit zahlreiche fundierte Einschätzungen zu den Finanz- und Kapitalmarktmärkten. TiAM FundResearch fasst regelmäßig die wichtigsten Aussagen für Sie kompakt zusammen.
27.01.2023 | 12:16 Uhr von «Peter Gewalt»
Diese Woche stehen bei den Kapitalmarktexperten im Zuge des Neujahrsfestes und des Endes des Corona-Lockdowns in China die Profiteure eines Wirtschaftsaufschwungs im Fokus.
Nach der chinesischen Astrologie soll das Jahr
des Hasen Erfolg und Frieden bringen. „Das neue Jahr, das nach dem chinesischen
Mondkalender am 22. Januar beginnt, sollte ein gutes Jahr für den chinesischen
Aktienmarkt werden“, erklärt Sean Taylor, Chefanlagestratege
Asien-Pazifik bei der DWS:
„Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung der
Unternehmensgewinne sind deutlich besser als im Jahr 2022“, so Taylor. Erstmals
seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie wird es anlässlich des neuen Jahres
wieder zu einer riesigen Reisewelle kommen. „Chinas Wirtschaft ist wieder
offen“, sagt Taylor. „Ich sehe nicht, dass das nochmal zurückgedreht wird, auch
wenn die Covid-Zahlen nach den Feierlichkeiten nochmals deutlich steigen
dürften.“
Sobald sich die Covid-Situation in China stabilisiert, dürfte sich der Aufschwung
im Land der Mitte beschleunigen. „Ich erwarte ab dem zweiten Quartal 2023,
vielleicht schon früher, bessere Wirtschaftsdaten“, so Taylor. Die Regierung
räumt dem Wachstum im Jahr 2023 Vorrang ein und dürfte die Wirtschaft mit
Konjunkturmaßnahmen unterstützen. Insbesondere der anziehende Konsum und
eine Belebung der Dienstleistungen werden das Wachstum antreiben. So würden
beispielsweise bis Mai Konsumgutscheine verteilt. Auch bei den Investitionen
gibt der chinesische Staat Gas. Schwerpunkte hier: der Ausbau der
Infrastruktur und der kohlenstoffarmen Wirtschaft. Investitionen in Solar-
und Windenergie dürften ebenfalls zunehmen. Zudem bleibe die Verstädterung eine
wichtige Triebfeder. China sei bestrebt, die Verstädterungsrate von derzeit 63
auf 80 Prozent zu erhöhen.
„Die zuletzt veröffentlichten Wirtschaftsdaten deuten darauf hin, dass eine V-förmige
Erholung Chinas im zweiten Quartal bevorsteht“, sagt Taylor. Mit 2,9
Prozent sei das Wachstum im vierten Quartal 2022 deutlich besser ausgefallen
als von vielen Beobachtern erwartet. „Für das Jahr 2023 erwarten wir, dass das
Wachstum auf fünf Prozent anziehen wird“, so Taylor.
Die Börsen haben bereits eine deutliche Besserung der Lage vorweggenommen. Der MSCI
China hat seit Jahresbeginn etwa 11 Prozent (Stand: 19.1.2023) zugelegt.
Seit dem Tiefpunkt Ende Oktober vergangenen Jahres hat der Index sogar bereits
gut 50 Prozent an Boden gut gemacht, nach zuvor massiven Verlusten.
Angesichts dieses rasanten Aufschwungs stellt sich die Frage, ob der chinesische
Aktienmarkt zu schnell zu stark gestiegen ist. „Bei den Kursen ist noch
einiges an Luft nach oben“, erwartet Taylor. Der chinesische Aktienmarkt habe
den seit dem Februar 2021 anhaltenden langen Abwärtstrend hinter sich gelassen.
Bislang sei nur ein kleiner Teil der Kursverluste wettgemacht worden.
Ein Gewinnwachstum von etwa 15 Prozent und eine niedrigere Risikoprämie sollten
dafür sorgen, dass chinesische Aktien sich weiterhin gut entwickeln. Die
Bewertung sei mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11,4 attraktiv und
liege deutlich unter dem Zehnjahresdurchschnitt von 13.
Besonders positiv gestimmt ist Taylor für den Konsumsektor, der am besten
positioniert sei, um von der Wiederöffnung Chinas zu profitieren. Nach drei
Jahren des Covid-bedingten Stillstands gebe es einen starken Nachholbedarf. Die
Haushalte hätten in dieser Zeit deutlich mehr gespart und warteten jetzt darauf,
wieder verstärkt konsumieren zu können. „Auch wenn Chinas wirtschaftlicher
Neustart aufgrund der Gesundheitskrise wohl holprig und nicht linear verlaufen
wird, dürfte das Schlimmste überstanden sein“, so Taylor.
Die Unterstützung durch die Politik, insbesondere für den Immobiliensektor,
aber auch allgemein für den Privatsektor, wirke sich ebenfalls
wachstumsfördernd aus.
Die Herausforderungen, die vor der Covid-Krise
bereits bestanden, seien aber noch nicht gelöst. Themen wie die Steigerung des
allgemeinen Wohlstandsniveaus, die Erhöhung der Autarkie, die
Immobilienschwäche und die schwierige geopolitische Situation würden das Land
noch länger begleiten.
Nach drei Jahren
Null-Covid ist China zurück auf der Weltbühne. 2023 verspricht ein gutes Jahr
für die chinesische Wirtschaft zu werden. „Aber dieser Aufschwung wird anders
sein als früher“, sagt Erik Lueth, Global Emerging Market Economist bei LGIM.
„Nach dem Ende der chinesischen Null-Covid-Politik Anfang November 2022 dürfte
der Höhepunkt der Infektionswelle inzwischen hinter uns liegen. Der Auto- und
U-Bahn-Verkehr nimmt in den Großstädten wieder zu, der überregionale
Güterverkehr zieht an, und auch am Immobilienmarkt mehren sich die
Transaktionen – nicht nur in den Metropolregionen. Telefonumfragen des
unabhängigen Marktforschungsunternehmens Dragonomics deuten darauf hin, dass 80
Prozent der chinesischen Landbevölkerung
sich bereits mit dem Virus angesteckt haben – sogar schon vor der Reisewelle
rund um das chinesische Neujahrsfest am 9. Januar – und dass sich das Leben
allmählich wieder normalisiert.
Diese gesunde Erholung der Wirtschaftstätigkeit signalisiert uns, dass
wir das Gesamtbild richtig eingeschätzt haben – wir brauchen unsere
optimistische Wachstumsprognose von 5,2 Prozent für 2023 also nicht zu
revidieren. Die vollständige Öffnung Chinas kam zudem früher als wir erwartet
hatten, so dass sich der Großteil der Erholung statt in der der zweiten bereits
in der ersten Jahreshälfte vollzieht. Wir bleiben weiter auf der optimistischen
Seite der Prognosen.
Ein wichtiger Unterschied zum Westen: Wir gehen nicht davon aus, dass die
Öffnung Chinas von einer galoppierenden Inflation begleitet werden wird.
Wenn man die Transferleistungen an die Bevölkerung einbezieht, waren die
fiskalischen Anreize in China viel niedriger als in den USA und Europa.
Außerdem ist die dortige Wirtschaft nach drei Jahren Stillstand und dem
Verzicht auf Entlassungsprogramme stärkeren Nachholbedarf. Das heißt natürlich
nicht, dass wir gar keine Inflation sehen werden, aber wir gehen davon aus,
dass wir unter dem Inflationsziel von drei Prozent bleiben werden.
Die Leistungsbilanz dürfte sich verschlechtern, wenn sich die
Auslandsnachfrage abschwächt und die Inlandsnachfrage, auch für Auslandsreisen,
steigt. Der Renminbi wird jedoch von den Kapitalströmen und dem
Wirtschaftszyklus beeinflusst. Wir erwarten deshalb, dass er weiter aufwerten
wird.
Chinas aktueller Aufschwung ist in gewisser Weise einzigartig, denn er wird
nicht durch staatliche Unterstützungsmaßnahmen angetrieben. Da der Verschuldungsgrad
in der gesamten Wirtschaft Rekordhöhen erreicht hat, wird die politische
Führung wahrscheinlich ihre Infrastrukturinvestitionen zurückfahren. Aus
demselben Grund hat die Regierung deutlich gemacht, dass die Kreditvergabe
von nun an im Einklang mit dem nominalen Bruttoinlandsprodukt wachsen wird. Das
Kreditwachstum wird sich zukünftig also weitgehend konstant entwickeln.
Der aktuelle Aufschwung in China dürfte außerdem weniger rohstoffintensiv
ausfallen als früher, da er vom Konsum und nicht von Konjunkturmaßnahmen und
Investitionen getragen wird. Zwar wird die Bautätigkeit dieses Jahr wohl wieder
anziehen, doch ein Rückgang der Infrastrukturinvestitionen würde eher dämpfend
wirken. Außerdem findet die Erholung in China vor dem Hintergrund einer
Konjunkturabschwächung in den USA und Europa statt – ein weiterer Dämpfer.
Folglich dürfte Chinas Erholung die weltweite Inflation nicht zusätzlich
anheizen. Abgesehen vom Rohstoffbereich erwarten wir keine größeren Lieferstörungen.
Auf dem Höhepunkt der Pandemie hat China die Lieferketten effizient gemanagt,
so dass wir jetzt erst recht keinen Grund zur Sorge sehen, da der Scheitel der
Infektionswelle vorüber ist. Auf globaler Ebene sind die Engpässe ebenfalls
verschwunden, was alternative Lieferquellen möglich macht.
Auch die positiven Effekte des chinesischen Aufschwungs auf andere Märkte
dürften etwas geringer ausfallen als in der Vergangenheit. Das liegt daran,
dass eine Erholung des Konsumsektors weniger Importe mit sich bringt als eine
Erholung der Investitionstätigkeit.
Dennoch wird die Konjunkturerholung spürbar sein, insbesondere in Chinas Nachbarländern.
Vor allem werden Taiwan, Malaysia und Korea über den Warenhandel sowie Thailand
und Vietnam über den Tourismus profitieren. Auf der anderen Seite wird Lateinamerika
voraussichtlich weniger als früher profitieren, weil der Rohstoffbedarf weniger
stark steigen wird. Die Region könnte sich aufgrund ihrer räumlichen Nähe
dementsprechend stärker an den US-Zyklus angleichen.“
Aidan Yao, Senior
Economist bei AXA IM meint,
dass das vierte Quartal für Chinas Wirtschaft die dunkelste Zeit vor der
Morgendämmerung gewesen sein dürfte:
Die unerwartet guten Daten für das
vierte Quartal warfen mehr Fragen als Antworten auf. Die sequenzielle
Verbesserung im Dezember bei der Dienstleistungsproduktion, den
Einzelhandelsumsätzen und den Investitionen stand im Widerspruch zu den
Daten Dritter und den Anzeichen auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen
Bedingungen inmitten des größten COVID-Schocks seit drei Jahren. Selbst für die
Sektoren, die eine schwächere Entwicklung verzeichneten wie etwa die
Industrieproduktion, sehen die Daten im Vergleich zu Frühindikatoren (wie dem
Einkaufsmanagerindex (PMI)) immer noch zu stark aus.
Wie dem auch sei, die heutigen Daten bestätigen ein deprimierendes Ende eines
schwierigen Jahres für die chinesische Wirtschaft. Das BIP konnte zwar einen
weiteren sequenziellen Rückgang vermeiden, was den besseren Daten für Dezember
zu verdanken ist. Dennoch kam es im vierten Quartal zum Stillstand. Das
jährliche Wachstum brach von 8,4 Prozent im letzten Jahr auf drei Prozent ein
und übertraf damit kaum die 2,2 Prozent im Jahr 2020, was das zweitschlechteste
Ergebnis seit mehr als vier Jahrzehnten darstellt.
Das vierte Quartal dürfte jedoch für die Wirtschaft die dunkelste Zeit vor der
Morgendämmerung gewesen sein. Es ist möglich, dass ein Teil der Überraschung im
Dezember die Talsohle der Aktivität in Städten widerspiegelt, die den Höhepunkt
der Infektionen bereits überschritten haben. Dies wurde durch vorausschauende
Daten zu Mobilität, Logistik und Wohnungsmarkttransaktionen
vorausgesagt. Da die verbesserte Herdenimmunität es mehr Regionen ermöglicht,
die COVID-Furcht zu überwinden, könnte diese Erholung weiter an Fahrt gewinnen,
unterstützt durch eine akkommodierende Geld- und Finanzpolitik. Da der
Zeitplan für die Wiedereröffnung nun vorverlegt wurde, haben sich die
wirtschaftlichen Aussichten über die nahe Zukunft hinaus aufgehellt. Wir halten
an unserer über dem Konsens liegenden Wachstumsprognose von fünf Prozent für
2023 fest, räumen aber ein, dass sich das Gleichgewicht der Risiken nun nach
oben verschoben hat.
[…….]
Unsere
Prognose geht auch nicht von einer signifikanten geld- und fiskalpolitischen
Lockerung aus, da eine verbesserte politische Transmission unserer Ansicht
nach genügend Impulse für die Erholung liefern würde. Sollte Peking jedoch die
Unterstützung (z. B. für den Konsum) verstärken und damit der Forderung des
Marktes nachkommen, wäre eine Anhebung unserer Prognose gerechtfertigt.
Andererseits müssen die von COVID ausgehenden kurzfristigen Risiken weiterhin
beobachtet werden. Die Ausbreitung des Virus im ländlichen China ist angesichts
der begrenzten medizinischen Infrastruktur in vielen Provinzen im Landesinneren
besonders besorgniserregend. Solche sozialen Risiken könnten wirtschaftliche
Auswirkungen haben, wenn Wanderarbeiter nach dem Mondneujahrsfest nicht
rechtzeitig in die Städte zurückkehren können, weil sie sich um die Kranken
kümmern müssen. Über die nahe Zukunft hinaus besteht ein relevantes Abwärtsrisiko
darin, dass sich der Konsum nicht so stark erholt wie erwartet. Dies
könnte auf eine langsamere Erholung des Arbeitsmarktes, weniger
überschüssige Ersparnisse (und damit Nachholbedarf) als erwartet oder auf
dauerhafte Schäden, die sich in einer Beeinträchtigung der Bilanz der privaten
Haushalte niederschlagen, zurückzuführen sein. Angesichts der rückläufigen
Exporte und des begrenzten Potenzials für das Investitionswachstum könnte
das Ausbleiben einer kräftigen Belebung des Verbrauchs entgegen den
optimistischen Markterwartungen ein Problem für die Wirtschaft bedeuten. Diese
Abwärtsrisiken bedürfen einer genauen Beobachtung, müssen aber auch vor dem
Hintergrund des wachsenden und nun größeren Potenzials für positive
Überraschungen in der Wirtschaft bewertet werden.
Yanxiu Gu von
ODDO BHF AM von ODDO BHF Asset Management sieht Wachstumschancen für Investoren:
China
ist in den letzten zehn Jahren zu einem globalen Champion im Bereich
erneuerbare Energien (EE) aufgestiegen, etwa in den Bereichen Solar- und
Windenergie sowie Elektrofahrzeuge (Electric Vehicles: EV). China
investierte 2021 mit 380 Mrd. US-Dollar mehr als jedes andere Land in
erneuerbare Energien.
Chinesische Unternehmen sind stark in die globalen industriellen
Wertschöpfungsketten integriert. So dominiert China beispielsweise 80 Prozent
der globalen Lieferkette für Photovoltaikprodukte und stellt mehr als
die Hälfte der weltweiten Windturbinenkomponenten her. LONGi Green
Energy (PV-Module), CATL (Batterien für EVs), BYD (EVs und Batterien), Sungrow
Power (PV-Anlagen), Mingyang Intelligence (Windkraftanlagen) gelten
mittlerweile als führend in ihrer Branche. So vereine CATL allein mehr als 34 %
des weltweiten Angebots an Batterien auf sich. Auch große Unternehmen aus
anderen Sektoren wie Huawei stiegen durch strategische Kooperationen,
Direktinvestitionen oder im Rahmen von Joint Ventures in das Geschäft
mit erneuerbaren Energien ein.
Diese führenden chinesischen Unternehmen beginnen nun, global zu
expandieren. „Als Europa 2022 mit Energieknappheit zu kämpfen hatte,
konnten chinesische Unternehmen aus dem EE-Sektor ihre Präsenz auf dem
Weltmarkt ausbauen. Photovoltaik-Module und Elektrofahrzeuge bereiten den Weg
für eine neue Industrielandschaft“, schreibt die Expertin von ODDO BHF AM. Bei
den vorgelagerten Sektoren setze China auf Photovoltaik, um eine führende Rolle
in der Produktion erneuerbarer Energie einzunehmen. Das Land profitiere von
seinen riesigen Wüstenflächen und der Sonneneinstrahlung im Westen und Norden.
China verfügt seit sieben Jahren über die größte installierte Kapazität für
Solarenergie und vereint inzwischen 40 Prozent der globalen Kapazität auf sich. Im
Bereich der nachgelagerten Sektoren liege der Fokus Chinas auf Elektrofahrzeugen,
um erneuerbare Energie in großem Stil zu nutzen und zu speichern.
„Trotz jahrzehntelanger Anstrengungen zur Etablierung lokaler Automarken
ist es China nicht gelungen, im Sektor der benzin- bzw. dieselbetriebenen Autos
eine führende Position zu erlangen, nicht mal am heimischen Markt“, konstatiert
Yanxiu Gu. In Elektrofahrzeugen werden aber die zentralen Komponenten
herkömmlicher Autos nicht benötigt. „Darin sieht China eine Chance, die Dominanz
der renommierten multinationalen Marken zu brechen. Die Ergebnisse sind bereits
in großen Städten wie Schanghai sichtbar, wo jedes zweite verkaufte Auto einen
Elektronantrieb hat. Weltweit wurde 2021 jedes zweite Elektrofahrzeug in China
verkauft.“ Auch in puncto Durchdringungsrate liegt China vorn: Aktuell werden
drei von zehn in China verkauften Autos elektrisch betrieben. „Die neue
Generation von Autokäufern stellt sich nicht länger die Frage, ob es ein BMW
oder ein Audi, sondern ob es ein BYD oder ein Tesla sein soll“,
bringt es die China-Expertin auf den Punkt. BYD lag im September 2022 mit einem
Marktanteil am chinesischen Elektroauto-Absatz von rund 29 Prozent auf Platz
eins, gefolgt von der chinesischen SAIC und Tesla mit 9 Prozent bzw. 8 Prozent.
Mehr als zehn chinesische Elektroauto-Marken haben in den letzten 12
Monaten Pläne bekanntgegeben, in den europäischen Markt einsteigen zu wollen.
So habe sich beispielsweise der deutsche Autovermieter Sixt verpflichtet, bis
2028 100.000 Elektrofahrzeuge der chinesischen Marke BYD zu kaufen. SAIC Motor,
Chinas größter Automobilhersteller, lieferte im September 2022 10.000
Elektrofahrzeuge nach Europa. Die Expertin von ODDO BHF AM betont auch, dass
Chinas führende Position im Sektor der erneuerbaren Energien ohne die
kontinuierliche Unterstützung der Regierung über Jahrzehnte hinweg nicht
möglich gewesen wäre. So sei allein Elektromobilität in China zwischen 2009 und
2021 mit rund 15 Mrd. US-Dollar subventioniert worden.
Chinas Förderung der EE-Industrie liegen Yanxiu Gu zufolge zwei
strategische Überlegungen zugrunde: „Energieunabhängigkeit und die
Transformation vom Billig zum High-End-Anbieter.“ Der Wettbewerbsvorteil Chinas
beruhe auf enormen Investitionen, der Produktion in Großserien und für den
Massenkonsum. Dies schaffe wiederum Anreize für Unternehmen aus dem EE-Bereich,
Innovationen voranzutreiben, die Effizienz zu steigern und die Energiepreise zu
senken. Niedrigere Preise würden die Nachfrage nach erneuerbaren Energien
weiter ankurbeln. Um den Markt anzuschieben, gebe es staatliche Unterstützung
bei strategischer Planung. Hinzu kämen protektionistische Regulierung,
großzügige Subventionen und Steuererleichterungen sowie staatliche
Investitionen. „Sobald das Wachstum in einem Sektor Fahrt aufnimmt, erhöht die
chinesische Regierung sukzessive die Anforderungen für die Zahlung von
Subventionen. In dieser Phase kristallisieren sich Unternehmen mit Wettbewerbsvorteilen
heraus. Mit weiter steigendem Wachstumstempo werden die Subventionen allmählich
heruntergefahren“, erläutert Yanxiu Gu. Zu diesem Zeitpunkt seien die
Unternehmen auch für den globalen Wettbewerb gut gerüstet.“
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