ING: Fed macht Weg für Zinsanhebung frei

Nach Auffassung von ING Investment Management wird die Fed ihren Leitzins im Juni zum ersten Mal anheben. Allerdings überwiegt das Risiko eines späteren Zinsschritts, da die Notenbank mit ungewöhnlich großen Unsicherheiten konfrontiert ist.

19.02.2015 | 11:16 Uhr

Eine allzu lange Verschiebung könnte allerdings an den Märkten die Vermutung aufkommen lassen, dass die Zinsen dauerhaft niedrig bleiben sollen. Die Fed wird sicherlich eine Neuauflage des von Ben Bernanke im Mai 2013 ausgelösten „taper tantrum“ vermeiden wollen, das zu einem kräftigen Anstieg der Anleiherenditen führte.

Fed rückt allmählich von langfristig niedrigen Zinsen ab

In ihren Äußerungen gegenüber den Märkten schwenkt die Federal Reserve (Fed) derzeit von der Zusage, die Zinsen würden auf lange Sicht niedrig bleiben, auf den Hinweis um, dass das Zinsniveau von den Daten abhänge. Dabei sollte man im Auge behalten, dass die Geldpolitik eher von der Inflationsentwicklung als von der Beschäftigungsentwicklung (der zweiten Komponente des Fed-Mandats) bestimmt werden dürfte. Dies stellt eine klare Änderung gegenüber der seit 2008 vorherrschenden Situation dar, in der die Wirtschaft weit von der Vollbeschäftigung entfernt war, wohingegen die Inflation relativ gut dem Zielwert entsprach. In den vergangenen 12 bis 18 Monaten wurden die freien Kapazitäten jedoch verstärkt abgebaut und die Inflation (bzw. die Inflationserwartungen) lagen unter den Prognosen. Der Ölpreisrückgang und die Aufwertung des Dollar dämpfen die Inflation zusätzlich.

Künftige Inflationsentwicklung mit größeren Unsicherheiten behaftet

Die beiden Komponenten des Fed-Mandats stehen miteinander im Zusammenhang, denn der Umfang der freien Kapazitäten am Arbeitsmarkt ist von großer Bedeutung für die Lohnentwicklung. Eine sehr wichtige Frage für die Fed lautet daher, ob die Inflation nun Fahrt aufnimmt, wenn sich die Arbeitslosenquote der von der Fed errechneten Gleichgewichtsrate annähert. Bisher ergibt sich kein klares Bild; es sind nur zaghafte Anzeichen für ein anziehendes Lohnwachstum zu erkennen. Derweil hat sich die Kerninflation seit Anfang des vierten Quartals 2014 verlangsamt, und die Inflations-Breakevens sind gesunken. Dies dürfte zum größten Teil auf einmalige Schocks für den Ölpreis und den Dollar zurückzuführen sein. Allerdings lässt sich nicht vollständig ausschließen, dass diese Entwicklungen eine gewisse Eigendynamik entwickeln. Daher ist die Fed mit der schwierigen Frage konfrontiert, ob der Inflationspfad künftig so verlaufen wird, dass der Zielwert von 2% innerhalb eines angemessenen zeitlichen Rahmens (d.h. in 2 – 3 Jahren) erreicht wird.

Erste Zinserhöhung voraussichtlich im Juni – unter bestimmten Bedingungen

In unserem Basisszenario gehen wir weiterhin davon aus, dass der Offenmarktausschuss (Federal Open Market Committee, FOMC) im Grunde im Juni den ersten Zinsschritt durchführen will und dass die Datenlage dann bestimmt, in welchem Tempo weitere Zinsanhebungen erfolgen. Bei einem hinreichend starken Schock könnte die Zinserhöhung jedoch verschoben werden. Die Fed hat sich durch den Verweis auf „internationale Entwicklungen“ in ihrer jüngsten Pressemitteilung eine Hintertür offen gehalten. Diese Formulierung ist zunächst als Euphemismus für den Dollar-Wechselkurs zu verstehen, den die Fed niemals direkt erwähnt. Darüber hinaus bezieht sie sich wahrscheinlich auch auf die Wachstumsdynamik anderer Länder allgemein sowie die Auswirkungen der Griechenland-Krise auf die internationalen Finanzmärkte. Außerdem besteht das Risiko, dass sich die sinkenden Inflationserwartungen über den Wechselkurs hinaus auf die US-Wirtschaft auswirken.

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