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Das bankrotte Narrativ der Zentralbanken

Zentralbank
Das bankrotte Narrativ der Zentralbanken
10/2019
Roger E.A. Farmer
Project Syndicate

@ Feedback an Redaktion

Kürzlich äußerte der ehemalige US-Finanzminister Lawrence H. Summers gemeinsam mit Anna Stansbury erhebliche Zweifel an der Zukunft des Zentralbankwesens. Angeblich müsse der vorherrschende geldpolitische Rahmen dringend überarbeitet werden. Dem stimme ich zu. Von Roger E.A. Farmer

29.10.2019 | 08:00 Uhr

Seit über einem Jahrzehnt rufe ich bereits zu einer Neueinschätzung der „alten keynesianischen Ökonomie“ auf. 2006 habe ich dazu einen Artikel veröffentlicht – zwei Jahre, bevor es durch die Große Rezession wieder modern wurde, unseren Umgang mit der makroökonomischen Theorie zu hinterfragen. Dass das Narrativ und die Forschungen, die ich ins Leben gerufen habe, weiterhin öffentlich unterstützt werden, freut mich sehr.

Im momentanen Zeitalter niedriger – und teilweise negativer – Zinsen fürchten viele, der Europäischen Zentralbank und der Federal Reserve der USA werde „die Munition ausgehen“. Sind die Leitzinsen einer Zentralbank bereits niedrig, können sie im Krisenfall nicht mehr viel gesenkt werden. Also könnte man argumentieren, dass die Fed jetzt, wo die Arbeitslosigkeit niedrig ist, die Zinsen tatsächlich erhöhen sollte, um genug Spielraum für Zinssenkungen in der Zukunft zu schaffen, wenn die Arbeitslosigkeit wieder hoch sein könnte. Aber es macht keinen Sinn, die Zinsen zu erhöhen, wenn die Gefahr besteht, dass dies eine Rezession auslöst. Die Frage ist dann aber, ob es eine Möglichkeit gibt, die Munitionsvorräte aufzustocken, ohne eine Explosion zu verursachen.

Erhöht die Fed oder die EZB die Zinsen, führt dies laut der Neuen Keynesianischen Wirtschaftstheorie früher oder später zu steigender Inflation, und der Weg von Punkt A zu Punkt B wird dieser Ansicht nach unweigerlich von höherer Arbeitslosigkeit begleitet. Aber meine eigenen Forschungen legen nahe, dass die Neue Keynesianische Wirtschaftstheorie falsch ist. Immerhin gibt es, wenn die Fed die Kurzfristzinsen langsam erhöht und die Aktienmärkte durch die Garantie unterstützt, dass sie einen breit aufgestellten börsengehandelten Fonds zum Festpreis aufkauft, keinen Grund dafür, warum die steigenden Zinsen zu höherer Arbeitslosigkeit führen sollten.

Der Theorie zufolge sollen niedrigere Zinsen zu höheren Investitionsausgaben führen und damit die Gesamtnachfrage erhöhen – und die Arbeitslosigkeit verringern. Und niedrigere Arbeitslosigkeit wiederum soll den Aufwärtsdruck auf die Löhne erhöhen, was wiederum zu höheren Preisen (Inflation) führt. Dies ist dann der Punkt, an dem die Zentralbank ihre Politik umkehrt und beginnt, die Zinsen zu erhöhen. Aber dieser ganze Zusammenhang hängt von der Annahme ab, dass es eine eindeutige natürliche Arbeitslosenquote gibt – also die inflationsneutrale Arbeitslosenquote (NAIRU, non-accelerating inflation rate of unemployment) – bei der das Tempo des Preiswachstums weder steigt noch fällt.

Obwohl die Neuen Keynesianer akzeptieren, dass sich die NAIRU mit der Zeit verändern kann, können sie nicht vorhersagen, wie sie sich verhält. Statt dessen führen Zentralbanker interne Berechnungen der NAIRU durch, und diese fließen dann in die Entscheidungen über die Zinspolitik ein. Liegt die Arbeitslosenquote unterhalb der aktuellen NAIRU-Schätzung, und es tritt immer noch keine Inflation ein, schließen sie daraus einfach, dass die NAIRU zurückgegangen sein müsse. Dies ist keine Wissenschaft, sondern Religion.

In meinem Buch Prosperity for All biete ich eine Alternative zu dieser neuzeitlichen Version der Kaffeesatzleserei. Meine Theorie erkennt, dass eine nicht steigende Inflationsrate mit jeder Arbeitslosenquote vereinbar ist. Dieser Gedanke wurde ursprünglich bereits von John Maynard Keynes selbst in seiner Allgemeinen Theorie der Beschäftigung, der Zinsen und des Geldes geäußert, und seit Jahrzehnten wird er von postkeynesianischen Ökonomen immer wieder betont. In meinen Untersuchungen konnte ich zeigen, dass die postkeynesianische Ansicht mit der konventionellen mikroökonomischen Theorie in Einklang gebracht werden kann, wenn man eine „neue“ Theorie der Arbeitsmarktsuche verwendet.

Das theoretische Standardnarrativ beruht ausschließlich auf der Phillips-Kurve, die eine feste umgekehrte Beziehung zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit postuliert. Dies ist das Narrativ, das bestimmt, welche Forschungsergebnisse es in die wichtigsten ökonomischen Fachzeitschriften schaffen und welche Diskussionen bei den Zentralbanktreffen in aller Welt geführt werden. Und es ist dieses Narrativ, das beeinflusst, wie alle Beteiligten – von den Journalisten über die Akademiker bis hin zur allgemeinen Öffentlichkeit – die geldpolitischen Entscheidungen interpretieren. Aber es ist ein irreführendes Narrativ, das wir, wenn wir unseren Umgang mit den modernen Marktwirtschaften verbessern wollen, hinter uns lassen müssen.

Zu diesem Zweck reicht es nicht aus, die Phillips-Kurve zu kritisieren. Ist die Theorie falsch, muss sie durch eine bessere ersetzt werden, und dazu können wir nicht zum Keynesianismus der 1950er zurückkehren – wie es die heutigen Kritiker der neoklassischen makroökonomischen Theorie vorzuschlagen scheinen. Laut Summers und Stansbury muss die Regierung „die Nachfrage durch Haushaltspolitik und andere Mittel” fördern (Betonung durch mich). Ich stimme zwar zu, dass die Geldpolitik im Fall einer neuen Rezession in Europa oder den USA machtlos ist, aber ich bin nicht davon überzeugt, dass Staatsausgaben die richtige Antwort darauf sind. Meine eigenen Forschungen liefern empirische Belege dafür, das Rezessionen durch Crashs der Kapitalmärkte verursacht werden. So gesehen ist es besser, die Wertpapierpreise zu stabilisieren, als Brücken ins Nirgendwo zu bauen.

Die modernen marktorientierten Gesellschaften haben mehr Menschen aus bitterer Armut befreit als jede andere bekannte Form wirtschaftlicher Organisation. Aber der „Kapitalismus“ ist keine monolithische Struktur, die im Gegensatz zum „Sozialismus“ existiert. Es gibt eine ganze Bandbreite alternativer ökonomischer Ausgestaltungen, bei denen laissez-faire an einem Ende steht und die zentralistische Planung am anderen. Unser Ziel muss es sein, Institutionen zu bilden, die aus dem Markt in seiner Eigenschaft als Mechanismus zur Koordinierung von Informationen den maximalen Nutzen ziehen, aber auch die Vorgaben aufstellen, nach denen sich die Märkte richten müssen.

Roger E.A. Farmer

Roger E.A. Farmer ist Professor für Ökonomie an der Universität von Warwick, emeritierter Professor für Ökonomie an der UCLA, Forschungsdirektor am National Institute of Economic Research und Verfasser des neuen Buchs Prosperity for All.

Copyright: Project Syndicate

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