BlackPoint: Zentralbanken, Inflation und Wirtschaftswachstum - Steht der Exit bevor?

BlackPoint: Zentralbanken, Inflation und Wirtschaftswachstum - Steht der Exit bevor?
Zentralbank

Die Inflation ist zurück. In den USA ist seit dem letzten Bericht der US-Zentralbank Federal Reserve an den Kongress der Vereinigten Staaten unmissverständlich klar geworden, dass die aktuell erhöhte Inflation ein nicht ganz so schnell vorübergehender Effekt ist, wie ursprünglich angenommen.

08.03.2022 | 08:09 Uhr

Und auch die Eurozone, im Zyklus der wirtschaftlichen Entwicklung etwas hinter den USA zurück, wird sich künftig stärker mit dem Thema Inflation beschäftigen müssen. Werden sich die Zentralbanken daher aus den Finanzmärkten zurückziehen können?

Zünglein an der Waage

Die Machtfülle der EZB für die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Eurozone hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Und auch in den USA ist die Federal Reserve aktuell treibende Kraft des Wirtschaftsgeschehens sowie der Entwicklungen an den Finanzmärkten. Zuletzt hatten die Veröffentlichungen und Ankündigungen der beiden bedeutenden Zentralbanken aus Europa und den USA für erhöhte Kursschwankungen an den Kapitalmärkten gesorgt. In den USA sollen die Zinsen steigen, für die Eurozone werden bestehende Kaufprogramme langsam zurückgefahren. Daher sind die Reden von Jerome Powell und Christine Lagarde in ihren Funktionen als Vorsitzender der Fed bzw. Direktorin der EZB aktuell verstärkt im Fokus der Finanzmarktakteure. Viele Anleger stellen sich zu Recht die Frage, welche Rolle die Zentralbanken in der Zukunft für ihre Investments spielen werden. Lassen Sie uns also einen kurzen Blick auf die jüngste Vergangenheit werfen, um anschließend unser aktuelles Szenario für die Zukunft zu umreißen. Zügellose Geldpolitik Seit der Jahrtausendwende gab es bereits mehrere große Finanzmarktkrisen: Die sektorspezifische Dotcom-Blase im Jahr 2000, die globale Finanzkrise 2007/2008, die Eurokrise 2010/2011 sowie die aktuelle Corona-Pandemie, welche 2020 begann.

In solchen Krisenphasen und in Phasen des wirtschaftlichen Abschwungs ist es die Aufgabe der Zentralbanken, die Wirtschaft durch günstige Finanzierungsmöglichkeiten wieder anzukurbeln. Dies geschieht mittels des sogenannten Transmissionsmechanismus der Geldpolitik, unter anderem durch günstige Refinanzierungssätze für Banken, welche ihrerseits günstige Kredite an Unternehmen weitergeben. Diesem Schema folgend sind die Zinssätze der Zentralbankkredite, mit wenigen kurzen Episoden geldpolitischer Straffung, stetig gefallen, bis wir zuletzt in einem Umfeld der ultra-lockeren Geldpolitik angekommen waren (Abb. 1).

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Kredite für alle

In der Finanzkrise kam es darüber hinaus zu einem großflächigen Vertrauensverlust bezüglich der Kreditwürdigkeit vieler Banken. Niemand konnte mit Gewissheit sagen, welche Bank als Folge der geplatzten Spekulationsblase fehlbewertete Wertpapiere oder faule Kredite in ihrer Bilanz hatte. Der bis dato wichtige Interbankenmarkt, in dem sich Finanzinstitute gegenseitig Kredite gewähren, kam zum Erliegen. Als Folge dessen fehlte den Banken eine wichtige Refinanzierungsmöglichkeit, sie vergaben weniger Kredite an Unternehmen.

Die Banken sollten jedoch in ihrer Funktion als „Motor der Wirtschaft“ die Unternehmen weiterhin mit möglichst günstigen Krediten versorgen. Dies sollte helfen, eine noch stärkere Rezession zu vermeiden. Um strauchelnde Kreditinstitute, denen Kreditlinien verwehrt wurden, zu schützen und um die Kreditvergabe zu stärken, sind die Zentralbanken daher als „Kreditgeber letzter Instanz“ aktiv geworden. Sie boten allen Kreditinstituten sehr günstige Refinanzierungen an, ungeachtet deren Qualität als Schuldner. Der Interbankenmarkt hat seitdem stark an Bedeutung eingebüßt, die Refinanzierung der Kreditinstitute läuft weiterhin nahezu ausschließlich über die Zentralbanken.

Im Kaufrausch

Der Interbankenmarkt hat stark an Bedeutung eingebüßt. Dies wurde ab 2008 in den USA und ab 2009 in der Eurozone zusätzlich durch Ankaufprogramme für Wertpapiere flankiert, um auch an den Kapitalmärkten eine günstigere Refinanzierung zu ermöglichen. Neben der Funktion als „Kreditgeber letzter Instanz“ sind die Zentralbanken so auch zum „Investor der letzten Instanz“ avanciert. Wenn die Investoren aufgrund gestiegener Risiken nicht kaufwillig sind und sich so die Kreditaufnahme verteuert, springt kurzerhand die Zentralbank ein.

Nachdem die Fed in den Jahren 2008 bis 2014 mit immer neuen Kaufprogrammen 4,5 Billionen USD an Wertpapierbeständen in ihrer Bilanz angehäuft hatte, wurden die Käufe zunächst eingestellt. Mit Beginn der Corona-Pandemie folgte jedoch ein neues Kaufprogramm namens QE4 (Quantitative Easing 4), welches einen noch größeren Umfang hatte und bis heute andauert.

Die Zentralbankbilanzen wurden durch die Kaufprogramme auf Rekordgrößen aufgebläht. Die EZB ist seit 2009 durchgängig mit verschiedenen Kaufprogrammen in den Wertpapiermärkten aktiv. Durch groß angelegte Käufe hat sie so die Risikoprämien und damit die Kosten der Neuverschuldung bzw. Anschlussfinanzierung für stark verschuldete Euroländer wie Griechenland und Italien gesenkt, um deren Kollaps zu vermeiden. Darüber hinaus hat sie allgemein die europäischen Finanzmärkte durch sehr breit gefasste Kaufprogramme gestützt. Die Zentralbankbilanzen wurden durch die Kaufprogramme auf Rekordgrößen aufgebläht (Abb. 2).

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Marktimplikationen

Grenzen für Marktverwerfungen und Verluste existieren, bei denen Zentralbanken intervenieren. Die über große Zeiträume andauernden Kaufprogramme begrenzten die Verluste an den Kapitalmärkten in Krisenzeiten und unterstützen die wirtschaftliche Erholung. Verwerfungen historischen Ausmaßes wie beispielsweise während der Weltwirtschaftskrise Ende der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit Massenarbeitslosigkeit, Pleitewellen in der Industrie, Bankenkrisen und sozialem Elend sollten um jeden Preis vermieden werden. Die Kaufprogramme begrenzten die Verluste und trieben die Kurse an den Börsen nach oben, sobald eine Erholung einsetzte. Durch immer neue Maßnahmen bei aufkommenden Krisensituationen signalisierten EZB und Fed den Investoren, dass Grenzen für Marktverwerfungen und Verluste existieren, bei denen die Zentralbanken intervenieren.

So werden die Kaufprogramme der Zentralbanken oft auch mit einer kostenlosen Verkaufsoption für Investoren gleichgesetzt und begrenzen so für diversifizierte Investments das Risiko selten eintretender, aber für die Bewertung verheerender Ereignisse.

Inflationsziele

Betrachtet man die Mandate der beiden großen Zentralbanken Fed und EZB, so fällt einem auf, dass die Finanzmärkte selbst dort nicht im Fokus stehen. Die Fed hat ein duales Mandat: sie muss neben der Preisstabilität auch für ein maximales nachhaltiges Beschäftigungsniveau sorgen. Die EZB muss lediglich Preisstabilität gewährleisten, wenngleich sie in einer von der Geldpolitik losgelösten Einheit auch die Bankenaufsicht der Eurozone übernommen hat. Um diese Ziele zu erreichen, haben sich sowohl Fed als auch EZB Inflationsziele von 2% gesetzt. Eine zu niedrige Inflation ist ebenso unerwünscht wie eine zu hohe Inflation. Dabei stellt das gewählte Ziel einen wichtigen Puffer zur Deflation dar, die mit deutlichen Problemen für die Wirtschaftsleistung einhergehen würde. In den vergangenen Jahren wurden diese Inflationsziele jedoch deutlich verfehlt (Abb. 3).

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Wirtschaft und Inflation

Aufgrund der starken wirtschaftlichen Erholung seit dem Tiefpunkt der Corona-Krise im April 2020 (Abb. 4) kommt es zu einer erhöhten Nachfrage in vielen Bereichen. Rohstoffe, Vorprodukte, Halbleiter, aber auch Arbeitskräfte sind begehrt, um nur einige Beispiele zu nennen. Dies hat zu einer Teuerung geführt – die Inflation kommt zurück.

Kaufprogramme der FED sollen zurückgefahren und Zinsen angehoben werden. Aber Vorsicht: In einigen Bereichen kommt es zu Nachholeffekten, welche an Fahrt verlieren dürften. So zum Beispiel bei gebrauchten Automobilen oder Industriemaschinen, welche in den ungewissen Anfangszeiten der Pandemie wenig nachgefragt wurden. Darüber hinaus scheint sich die ganze Welt lediglich auf das Corona-Virus fokussiert zu haben. Aktuell scheint es in der Wahrnehmung vieler der drängendste Risikofaktor für die Wirtschaft zu sein – und mit Fortschritten bei Impfquote und Behandlungsmöglichkeiten scheint das Problem befristet zu sein. Gewiss ist jedoch, dass neue Risiken zu Tage treten und uns beschäftigen werden. So stellt sich die Frage, wie nachhaltig die nun zu beobachtende Inflation ist und wie weit sie laufen kann. Fakt ist: Die Fed hat ihr Mandat aktuell erfüllt und möchte nun in langsamen Schritten die geldpolitischen Zügel straffen. Das bedeutet, dass ihre Kaufprogramme zurückgefahren werden und die Zinsen in kleinen Schritten angehoben werden sollen (Abb. 5).

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Unser Kernszenario

Das Verhalten der Zentralbanken ist entscheidend bei der Auswahl der Anlageklassen. Viele Unsicherheiten bei grundsätzlichen Investmententscheidungen wurden durch die Elefanten im Raum, die Zentralbanken, deutlich abgemildert. Dabei geht es nicht um die Entscheidung, welche Aktie die bessere sein mag oder welche Unternehmensanleihe das bessere Risiko/Rendite-Profil hat. Vielmehr wurde das Verhalten der Zentralbanken berücksichtigt, wenn es darum ging, zu entscheiden, ob überhaupt in risikobehaftete Anlageklassen investiert werden soll. Diese Frage wurde von vielen Investoren zuletzt zu Recht mit ja beantwortet. Fallende Zinsen und eine wachsende Wirtschaft haben ein günstiges Umfeld geschaffen.

Fehler in der Geldpolitik hätten negative Rückkopplungseffekte auf die wirtschaftliche Entwicklung. Die aktuellen Bewertungen sind jedoch in vielen Bereichen ambitioniert. Dies ist nur durch ein entsprechendes Wirtschaftswachstum oder durch geringere Risiken zu rechtfertigen. Das Inflationsziel von 2% und ein hohes Beschäftigungsniveau sind nur zu erreichen, wenn die Wirtschaft „brummt“. Deshalb können die Zentralbanken nur dann schrittweise ihre Kaufprogramme beenden und die Zinsen erhöhen, wenn sie dabei das Wirtschaftswachstum und dessen Prognose nicht negativ beeinträchtigen. Würden sie zu schnell agieren, riskierten sie einen Fehler in der Geldpolitik, der negative Rückkopplungseffekte auf die wirtschaftliche Entwicklung hätte. Dann müssten sie die letzten Schritte rückgängig machen, um den Fehler zu beheben.

Man kann also festhalten, dass sich die Zentralbanken gerne langsam und schrittweise von der sehr expansiven Geldpolitik verabschieden möchten, jedoch Gewehr bei Fuß stehen, sobald es zu wirtschaftlichen Rücksetzern kommt. Da diese jederzeit auftreten können, ist es fraglich, ob sie auf diese Art überhaupt einen Exit schaffen können. Gegenwärtig scheint es deutlich wahrscheinlicher, dass uns die Politik der Zentralbankinterventionen und langfristig niedrigen Zinsen noch längerfristig begleiten wird. Zinsniveaus von über 2% in Europa (wie zu Zeiten vor der Eurokrise) bzw. von über 3% in den USA (wie zu Zeiten vor der Finanzkrise) sind langfristig nur schwer vorstellbar.

Fazit und Implikationen für die Investmentstrategie

Die Zentralbanken haben in den vergangenen Jahren beherzt in die Finanzmärkte eingegriffen und teilweise sogar Marktmechanismen außer Kraft gesetzt. Die immer lockerere Geldpolitik sorgte für ein Umfeld negativer Zinsen. Eine Abkehr von dieser Politik ist nur schwer und sehr langsam möglich, bei überstürztem Handeln drohen schwere Schäden in der Wirtschaft. Die Zentralbanken werden also weiterhin negative wirtschaftliche Entwicklungen moderieren, sodass langfristig keine erhöhte Gefahr von ihren geplanten Strategien ausgeht. Aktuell schätzen wir daher die Gefahr einer Stagflation, also einer stagnierenden Wirtschaft gepaart mit einer steigenden Inflation, als gering ein. Vielmehr gehen wir von einer weiterhin wachsenden Wirtschaft bei moderater Inflation aus.

Im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und weniger dominanten Zentralbanken rechnen wir jedoch mit leicht erhöhten Kursschwankungen an den internationalen Finanzmärkten.

Wie positionieren wir uns beim BlackPoint Evolution Fund, um diesem Szenario Rechnung zu tragen?

Oberste Maxime ist eine tiefe, fundamentale Analyse der möglichen Chancen und Risiken. In einem Umfeld positiven Wirtschaftswachstums setzen wir weiterhin auf eine leicht erhöhte Aktienquote, in der Regel über 60%. Sofern etablierte Unternehmen den Anstieg ihrer Produktionskosten an ihre Kunden weitergeben können, sind sie von der Inflation kaum betroffen und können von wachsenden Märkten profitieren. Anders sieht es bei den jüngeren Unternehmen aus, die sich als „Dynamische“ noch in starkem Wachstum befinden. Inflationäre Tendenzen und damit einhergehende steigende Zinsen wirken sich negativ auf ihre Finanzierung sowie den aktuellen Wert der erwarteten künftigen Gewinne aus. Da wir jedoch wie beschrieben nur von moderaten Zinsanstiegen ausgehen, bleiben auch solche Unternehmen für uns interessant. Hier ist es jedoch noch wichtiger, auf eine faire Bewertung zu achten und keine Investitionen auf überteuerten Niveaus zu tätigen.

Den Aktien-Anteil des Portfolios ergänzen wir um einen breit diversifizierten, globalen Mix aus liquiden Anleihen mit einem Gesamtgewicht um die 30%. Das Ziel hierbei ist, Schwankungen auf der Aktienseite möglichst gut abzufedern, bei gleichzeitiger hoher Liquidität und attraktiver Verzinsung. Hierfür allokieren wir neben Staatsanleihen aus entwickelten Ländern und Pfandbriefen auch Unternehmensanleihen und Anleihen aus Schwellenländern. Warum wir weiterhin an Anleihen festhalten, erfahren Sie detailliert im Abschnitt „Die künftige Bedeutung von Anleihen“.

Abgerundet wird unser Portfolio durch Investitionen im Bereich der alternativen Anlageklassen. Hierbei suchen wir stets nach Produkten mit einer von den breiten Finanzmärkten losgelösten Entwicklung, geringeren Schwankungsbreiten oder attraktivem Rendite/Risiko-Profil. Aktuell ist der BlackPoint Evolution Fund in physisches Gold (aufgrund des Inflationsschutzes) sowie einen Fonds für Rückversicherungsprodukte (aufgrund der von den Entwicklungen an den Finanzmärkten relativ losgelösten Kursentwicklung) investiert.

Oberste Maxime bei all unseren Investitionen ist eine tiefe, fundamentale Analyse der möglichen Chancen und Risiken auf fortlaufender Basis. Nur wenn ein Wertpapier attraktiv bewertet ist und genau in unsere „DARWIN-Strategie“ passt, ist es für unseren Fonds geeignet. Die konsequente Selektion, unsere langfristige Strategie sowie eine hohe Diversifikation sind aus unserer Sicht die besten Maßnahmen gegen Schwankungen an den Kapitalmärkten.

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