AB: Renminbi - Die Reise ist die Belohnung

AB: Renminbi - Die Reise ist die Belohnung
Währungen

Viele Anleger, die im chinesischen Renminbi (RMB) engagiert sind, sind nach der kräftigen Rallye im zweiten Quartal besorgt, dass politische Unsicherheiten die kurzfristigen Aussichten der Währung beeinträchtigen könnten.

20.07.2021 | 12:11 Uhr

Die jüngste Rallye führte den RMB auf den höchsten Stand seit drei Jahren gegenüber dem US-Dollar und vielen anderen Währungen. Doch die Euphorie hat nicht angehalten. Das zunehmende Gerede über eine Drosselung des Anleihenkaufprogramms durch die US-Notenbank hat die Aussicht auf höhere US-Zinsen aufkommen lassen, was den US-Dollar im Vergleich zum RMB attraktiver machen könnte. Auch die People’s Bank of China (PBOC) hat Schritte unternommen, um den jüngsten Anstieg des RMB zu dämpfen.

Trotz dieser Entwicklungen glauben wir, dass der RMB kurzfristig weiter zulegen könnte.

Carry-Handel sollte Fed-Straffung überstehen

Einer der Faktoren, welche die Stärke des RMB untermauern, ist die Attraktivität des sogenannten Carry-Handels, worunter man die Kreditaufnahme in einer niedriger verzinsten Währung versteht, um in den RMB zu investieren. In dieser Hinsicht hat der RMB sowohl von seiner relativen Stabilität als auch von seiner attraktiven Rendite profitiert.

Die Währung hat sich weitgehend im Einklang mit dem Euro entwickelt. Wie die Abbildung zeigt, war der Euro in den letzten zehn Jahren jedoch volatiler als der RMB, was dazu führte, dass der RMB ein besseres risikobereinigtes Ergebnis lieferte.

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Bereinigt um den Carry ist der Unterschied zwischen dem RMB und dem Euro noch deutlicher (Abbildung).

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Der RMB bietet einen Renditevorteil von 2,25 % bis 2,75 % gegenüber dem Euro, Pfund und US-Dollar. Das hat nicht nur zu einem höheren relativen Ertrag durch den Carry geführt, sondern bietet auch einen Puffer für den Fall, dass der RMB kurzfristig eine leichte Abwertung erleidet.

Einige Anleger sind besorgt, dass der Carry-Handel unter Druck geraten könnte, wenn sich die Konjunkturerholung in den USA fortsetzt und die Fed ihre Anleihenkäufe reduziert. Diese Aussichten wecken schlechte Erinnerungen an das „Taper Tantrum“ Mitte 2013, bei dem die realen US-Zinsen stark anstiegen und eine starke US-Dollar-Rallye auslösten.

Wir glauben, dass Anleger mit RMB-Engagement Kurs halten sollten. Es ist unwahrscheinlich, dass sich das Szenario von 2013 im Jahr 2021 wiederholen wird. Das Bekenntnis der Fed, die Fiskalpolitik zu unterstützen und nicht präventiv gegen eine potenzielle Inflation vorzugehen, wurde bereits deutlich kommuniziert. Wir können davon ausgehen, dass sowohl die realen als auch die nominalen US-Renditen steigen werden, aber das Ausmaß und das Tempo werden wahrscheinlich viel weniger störend sein als 2013.

Langfristige geldpolitische Ziele bieten kurzfristige Unterstützung

Die jüngsten Schritte der chinesischen Zentralbank wurden als weiteres geldpolitisches Risiko wahrgenommen. Die Anweisung an Finanzinstitute etwa, ihre Fremdwährungsbestände zu erhöhen, schränkt die Möglichkeiten der Banken ein, mit Devisen zu handeln und die Wechselkurse zu beeinflussen.

Doch solche Maßnahmen zielen in erster Linie darauf ab, Spekulanten einzuschüchtern und den Anstieg der Währung zu stoppen. Chinas breitere politische Maßnahmen, wie beispielsweise die Öffnung der chinesischen Währung, unterstützen eine weitere Aufwertung des RMB, sowohl kurz- als auch längerfristig.

Die chinesischen Anleihen- und Aktienmärkte haben von ausländischen Portfoliomittelzuflüssen profitiert, da die Anleger ihre Fonds neu ausrichten, um den Benchmarks zu entsprechen, die nun erhebliche Allokationen in chinesischen Wertpapieren enthalten. Im Falle des Anleihenmarktes werden diese Zuflüsse Ende 2021 wieder ansteigen, wenn chinesische Staatsanleihen (CGBs) in den viel beachteten FTSE World Government Bond Index aufgenommen werden.

Abgesehen von den Indexänderungen dürften CGBs für ausländische Anleger attraktiv sein, weil ihre nominalen und realen (inflationsbereinigten) Renditen so viel höher sind als die anderer großer Anleihenmärkte. Fünfjährige reale oder inflationsbereinigte CGB-Renditen liegen bei 2,0 % im Vergleich zu –1,50 % für US-Treasuries und –1,70 % für die deutsche Bundesanleihe.

China ist nicht nur an einer Öffnung der Anleihen- und Aktienmärkte interessiert. Ende Mai kündigten die People’s Bank of China und die State Administration of Foreign Exchange eine Erhöhung der Verschuldungsgrenze für lokal ansässige ausländische Banken an. Diese Änderungen sollen das China-Geschäft ausländischer Banken unterstützen und zu stärkeren Kapitalflüssen nach China führen.

Ende 2020 machten die Onshore-Vermögenswerte der einundvierzig ausländischen Geschäftsbanken in China 1,2 % der gesamten Vermögenswerte des Systems aus. Es gibt noch viel Raum für Wachstum.

Exporteure mit Währungsreserven können RMB-Nachfrage ankurbeln

Eine potenzielle neue Quelle der kurzfristigen Unterstützung für den RMB kommt von Chinas boomenden Exportunternehmen. Der Fremdwährungsbetrag (hauptsächlich US-Dollar), der in inländischen Einlagen sitzt, übersteigt nun zum ersten Mal 1 Billion US-Dollar (Abbildung).

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Einige dieser Einlagen können daher von Exporteuren in RMB konvertiert werden – vor allem, wenn sie Spielraum für eine Aufwertung des RMB und die Möglichkeit eines zusätzlichen Carrys sehen.

Anzeichen für Standhaftigkeit und Aufwertung

Der 1. Juli 2021 markiert den 100. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas. Angesichts der Bedeutung des RMB als nationales Prestigesymbol und des starken Wunsches Chinas, seine Abhängigkeit vom US-Dollar im Handel und bei Transaktionen mit globalen Geschäftspartnern zu verringern, erwarten wir, dass die Stärke und Stabilität der Währung in diesem Zeitraum und darüber hinaus ein zentrales politisches Anliegen der chinesischen Regierung bleiben wird.

Da viele Faktoren auf die anhaltende Widerstandsfähigkeit der Währung und das Potenzial für eine kurz- und langfristige Aufwertung hindeuten, sind wir der Meinung, dass Anleger eine positive, langfristige Sicht auf diese Anlagechance in Erwägung ziehen sollten.

Brad Gibson ist Co-Head of Asia Pacific Fixed Income bei AllianceBernstein (AB).

In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.

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