Metzler: Fiskalische Risiken in Italien steigen

Wenn es nun zu einer Regierungsbildung in Italien kommt und die Koalition die geplanten Maßnahmen umsetzt, wird es teuer für den ohnehin schon hoch verschuldeten Staat. Denn dann wird es schwieriger, Geld zu günstigen Konditionen aufzunehmen.

18.05.2018 | 15:18 Uhr

In dieser Woche konkretisierten sich die Anzeichen für eine baldige Regierungsbildung in Italien zwischen den beiden populistischen Parteien Lega und Fünf-Sterne-Bewegung. Nach Medienberichten haben sich beide Parteien auf ein Grundsatzprogramm geeinigt, das niedrigere Steuern und ein Bürgereinkommen vorsieht. Darüber hinaus soll die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre im Rahmen der Rentenreform von 2011 wieder rückgängig gemacht werden.

Experten schätzen, dass sich die Kosten dieser Maßnahmen auf etwa 100 Mrd. EUR pro Jahr summieren könnten, was etwa 5 % des BIP entspricht. Von einer Gegenfinanzierung ist bisher nichts bekannt. Bei einer Staatsverschuldung von über 130 % des BIP und einem schon jetzt für 2018 erwarteten Haushaltsdefizit von 1,8 % des BIP kann sich Italien eigentlich keine fiskalischen Geschenke erlauben. Immerhin ließen beide Parteien in den Koalitionsverhandlungen die Idee fallen, die EZB dazu aufzufordern, die gehaltenen Staatsschulden in Höhe von etwa 250 Mrd. EUR abzuschreiben bzw. die Zinszahlungen an die von der EZB gehaltenen Anleihen einzustellen. Beide Parteien scheinen sich somit nicht ganz den Entwicklungen an den Finanzmärkten zu verschließen. Ob die neue Regierung die Einführung einer Parallelwährung („Minibot“) plant, ist noch nicht bekannt.

Mittelfristig ist Schuldenkrise programmiert

Sollte es tatsächlich zu einer Regierungsbildung kommen und ein Teil der Maßnahmen umgesetzt werden, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Schuldenkrise über die mittlere Frist (d. h. in der nächsten Rezession), da zu hohe Staatsschulden bei zu niedrigem Wirtschaftswachstum ohne Sparmaßnahmen und ohne Reformen nicht tragfähig sind. Auch müssen beide Parteien ihren Wählern zeigen, dass sie die Wahlversprechen umzusetzen versuchen. Erst eine Schuldenkrise würde beiden Parteien die Entschuldigung dafür liefern, plötzlich eine solide Fiskalpolitik betreiben zu müssen.

Derzeit kauft die EZB jedoch noch italienische Staatsanleihen, sodass das akute Krisenrisiko begrenzt sein dürfte. Gegen Jahresende möchte die EZB jedoch ihr QE-Programm beenden, sodass die Luft an den Finanzmärkten für Italien dünner werden dürfte. Auch zeigen die krisenhaften Symptome in Argentinien dass die Leitzinserhöhungen der US-Notenbank schon jetzt die globale Liquidität verringert haben: Seit Ende Mai wertete der argentinische Peso um 20 % gegenüber dem US-Dollar ab, und der Leitzins beträgt dort nunmehr 40 %. Die Zeiten des billigen und leichten Geldes kommen also langsam zu einem Ende, und es dürfte zunehmend schwieriger für schlechte Schuldner werden, Geld zu günstigen Konditionen aufzunehmen.

Bisher war unser Basisszenario, dass das niedrige Zinsniveau die Schuldentragfähigkeit Italiens zumindest für die nächsten drei bis fünf Jahre gewährleistet, zumal sich die Wirtschaft in der Eurozone in einem Aufschwung befindet. Die zukünftig potenziell abenteuerliche Fiskalpolitik Italiens in Kombination mit einer sinkenden globalen Liquidität könnte jedoch schon früher zu einer erhöhten Unsicherheit an den italienischen Finanzmärkten führen. Es wird in den kommenden Wochen viel davon abhängen, wie die neue Regierung agieren wird und inwieweit sie die Entwicklungen an den Finanzmärkten dabei berücksichtigt. Die Blicke werden sich auch wieder auf die Rating-Agenturen richten: Moody‘s beispielsweise bewertet Italien derzeit mit noch Baa2 mit negativem Ausblick. Würden Moody´s und die anderen großen Rating-Agenturen Italien um insgesamt zwei Schritte herabstufen, wäre das Rating mit Ba1 nicht mehr Investment-Grade, was große Verwerfungen an den italienischen Finanzmärkten auslösen könnte. Die Risiken für Italien sind zweifellos gestiegen.

Italien wahrscheinlich (noch) kein Dämpfer für die europäische Wirtschaft

Die Einkaufsmanagerindizes (Mittwoch) und der ifo-Index (Freitag) dürften noch nicht von den „italienischen Unsicherheiten“ beeinflusst sein. Wir sehen daher gute Chancen für ein nahezu unverändertes Niveau zum Vormonat, was im Einklang mit einem Wirtschaftswachstum von über 2,0 % stehen dürfte.

Auch in den USA läuft die Konjunktur rund, wie die Einkaufsmanagerindizes (Mittwoch), die Neubauverkäufe (Mittwoch) sowie die Auftragseingänge (Freitag) bestätigen dürften. Für die US-Notenbank sind das gute Gründe, an ihrem Leitzinserhöhungspfad festzuhalten und somit für eine anhaltende Verringerung der globalen Liquidität zu sorgen, wie auch das Protokoll der Sitzung vom 3. Mai zeigen dürfte.

In Großbritannien werden noch die Inflationsdaten (Mittwoch) veröffentlicht.

Der komplette Marktkommentar von Edgar Walk als PDF-Dokument.

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