DONNER & REUSCHEL: Mumm Briefing zum Wochenausklang

Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL
Volkswirtschaft

Mit 2,8 Prozent belegen die aktuellen Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Erwartung einer schwachen globalen Wachstumsdynamik im laufenden Jahr.

21.04.2023 | 12:07 Uhr

Mit 2,8 Prozent belegen die aktuellen Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Erwartung einer schwachen globalen Wachstumsdynamik im laufenden Jahr. Auch im kommenden Jahr wird mit 3,0 Prozent ein – historisch betrachtet – unterdurchschnittliches Wachstum erwartet. Unterschiede werden allerdings im regionalen Vergleich deutlich. So wird die Weltwirtschaft vor allem durch die Volkswirtschaften Asiens angetrieben.

Während die IWF-Experten nur wenig Potenzial für positive Überraschungen sehen, besteht ein Kernrisikoszenario in einer anhaltend hohen bzw. nur langsam sinkenden Inflation – und daraus resultierend weiter steigender Zinsen sowie dem Anstieg der Verunsicherung. Durch eine sinkende Kreditvergabe, größere Verluste an den Aktienmärkten, investitions- und konsumdämpfende Unsicherheit sowie im Falle von Finanzmarktturbulenzen einen stark steigenden US-Dollar könnte das globale Wachstum in diesem Jahr auf bis zu 2,5 Prozent gedrückt werden. In den Industriestaaten wäre in diesem Fall vielfach eine Rezession zu erwarten.

Anleger sollten vor diesem Hintergrund vor allem die Veröffentlichungen der S&P Global-Einkaufsmanagerindizes sowie anderer Umfragen zur Unternehmensstimmung im Blick haben. Dabei sind drei Aspekte besonders relevant:

  • Neuaufträge in der Industrie: Nur wenn diese – nach dem derzeit laufenden Abbau der pandemiebedingten Auftragsstaus – wieder deutlich anspringen, könnte die Industrieproduktion in den kommenden Monaten die erhoffte positive Dynamik entwickeln.
  • Einkaufs- und Verkaufspreise: Zwar sollten die Einkaufspreise vor dem Hintergrund sinkender Energie- und Rohstoffpreise sowie abnehmender Lieferkettenprobleme weiter fallen. Allerdings könnte bei nicht ausreichendem Auftragsvolumen über die Notwendigkeit sinkender Absatzpreise Margendruck bei Unternehmen entstehen. Die Folge wären zunehmende Gewinnwarnungen in den kommenden Quartalen.
  • Beschäftigung: Vor allem in den USA dürfte eine Grundvoraussetzung für einen weniger restriktiven geldpolitischen Kurs der Fed eine beginnende Schwäche am Arbeitsmarkt sein. Das wäre gesamtwirtschaftlich positiv, weil ein weiterer deutlicher Anstieg der Refinanzierungskonditionen unwahrscheinlicher würde, könnte aber die noch optimistischen Geschäftserwartungen der Dienstleistungsbranchen über eine sinkende Konsumdynamik negativ treffen.

Sowohl Margen als auch die Lohnentwicklung stehen bei den Notenbanken derzeit als Inflationstreiber im Fokus. So wird von der Fed Anfang Mai eine weitere Leitzinsanhebung um 0,25 Prozentpunkte erwartet. Die EZB dürfte zumindest noch zweimal die Leitzinsen um diesen Betrag anheben. Nach schlechten Erfahrungen in den USA Anfang der 80-iger Jahre, als die Fed in der Erwartung eines nahen Übersteigens der Inflationsspitze bereits zeitnah Zinssenkungen vornahm, diesen Schritt jedoch kurze Zeit später revidieren musste, wird man heute eine eher länger an dem restriktiven geldpolitischen Kurs festhalten. Die geldpolitische Ausrichtung dürfte einer der wesentlichen Treiber an den internationalen Aktienmärkten sein. Neue positive Impulse sind frühestens bei konkreten Anzeichen für anstehende Leitzinserhöhungspausen zu erwarten. Zinsseitig ist bei längeren Laufzeiten angesichts einer schwachen Konjunkturdynamik und wegen der sinkenden Nominalinflationsraten vorerst mit seitwärts tendierenden oder leicht fallenden Zinsen zu rechnen.

Ihr Carsten Mumm

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