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Die Argumente für stark negative Zinsen

Die Argumente für stark negative Zinsen
Volkswirtschaft
Die Argumente für stark negative Zinsen
05/2020
Kenneth Rogoff
Project Syndicate

@ Feedback an Redaktion

Wer Negativzinsen bisher als einen zu weit gehenden Schritt der Notenbanken ansah, sollte sich das jetzt vielleicht nochmal überdenken. In den USA ist die Federal Reserve – mit stillschweigender und ausdrücklicher Unterstützung des Finanzministeriums – derzeit dabei, alle privaten, einzelstaatlichen und kommunalen Kredite innerhalb der Volkswirtschaft abzusichern. Von Kenneth Rogoff

25.05.2020 | 08:00 Uhr

Viele andere Regierungen sahen sich bereits gezwungen, ähnliche Schritte zu ergreifen. Dies ist eine Krise, wie sie (hoffentlich) nur alle hundert Jahre auftritt, und die massive Staatsinterventionen erfordert. Aber muss das bedeuten, marktgestützte Allokationsmechanismen aufzugeben?

Pauschale Kreditbürgschaften sind ein großartiges Instrument, wenn man glaubt, dass die jüngsten Marktspannungen nur eine kurzfristige Liquiditätsverknappung darstellen, die im Gefolge von COVID-19 bald durch eine starke, nachhaltige Erholung abgemildert wird. Doch was ist, wenn diese rasche Erholung ausbleibt? Was ist, wenn es – wie zu vermuten ist – Jahre dauert, bis sich die US- und die Weltwirtschaft wieder auf das Niveau von 2019 zurückgekämpft haben? In diesem Fall besteht kaum Hoffnung, dass alle Unternehmen lebensfähig oder alle Einzelstaaten oder Kommunen solvent bleiben.

Vernünftiger ist es, davon auszugehen, dass nichts mehr sein wird wie vorher. Es wird zur Vernichtung von Vermögen im katastrophalen Umfang kommen, und die Politik wird einen Weg finden müssen, um sicherzustellen, dass die Gläubiger zumindest in einigen Fällen einen Teil der Verluste tragen – ein Prozess, der jahrelange Verhandlungen und Gerichtsverfahren beinhalten wird. Für Konkursanwälte und Lobbyisten wird das eine Goldgrube. Und ein Teil des Geldes wird daher kommen, dass die Steuerzahler unter Druck gesetzt werden, die Rettungsbürgschaften zu erfüllen. Ein derartiges Szenario wäre ein enormes Schlamassel.

Nun stelle man sich vor, dass die Fed, statt die Märkte allein über Bürgschaften zu stützen, die kurzfristigen Zinsen innerhalb der Volkswirtschaft auf nahezu oder unter null drücken könnte. Europa und Japan haben bereits vorsichtige Schritte in Richtung Negativzinsen unternommen. Nehmen wir an, die Notenbanken würden sich gegen die Flucht in Staatsanleihen stemmen, indem sie weitergehende Schritte einleiten und die kurzfristigen Leitzinsen auf -3% oder niedriger senken.

Zunächst einmal würden Negativzinsen, genau wie Zinssenkungen in der guten alten Zeit positiver Zinssätze, viele Firmen, Staaten und Kommunen aus der Zahlungsunfähigkeit befreien. Bei korrekter Umsetzung würden sie, wie jüngste empirische Belege zunehmend belegen, ähnlich wie die normale Geldpolitik funktionieren und Gesamtnachfrage und Beschäftigung ankurbeln. Wäre es also – bevor man chirurgische Maßnahmen zur Umstrukturierung sämtlicher Schulden durchführt – nicht besser, eine Dosis normaler geldpolitischer Impulse auszuprobieren?

Eine Anzahl wichtiger Schritte sind erforderlich, um stark negative Zinsen praktikabel und wirksam zu machen. Der Wichtigste davon, den bisher keine Notenbank (einschließlich der EZB) ergriffen hat, ist, zu verhindern, dass Finanzunternehmen, Rentenkassen und Versicherungsgesellschaften in großem Umfang Bargeld horten. Dies sollte durch verschiedene Kombinationen aus Regulierung, zeitlich variablen Gebühren für großumfängliche Wiedereinlagen von Geld bei der Notenbank und der allmählichen Einziehung von Banknoten mit hohem Nennwert gelingen.

Das ist keine höhere Mathematik (oder sollte ich sagen, Virologie?). Wenn das Horten von Bargeld in großem Umfang vom Tisch ist, wäre das Problem, die negativen Zinsen an die Einleger der Banken weiterzureichen – die fühlbarste Sorge – gelöst. Selbst ohne ein derartiges Horten komplett zu verhindern (was riskant und teuer ist), sind die europäischen Banken zunehmend imstande, Negativzinsen an Großeinleger weiterzugeben. Und die Regierungen würden nicht viel aufgeben, indem sie Kleinanleger völlig vor negativen Zinssätzen schützen. Um es noch einmal zu sagen: Mit ausreichend Zeit und Planung ist dies nicht schwierig.

Negativzinsen haben einen Bedenkensturm ausgelöst. Die meisten dieser Bedenken sind jedoch, wie ich in meinem Buch aus dem Jahre 2016 über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Geldes sowie in damit zusammenhängenden Veröffentlichungen dargelegt habe, entweder wirr oder leicht zu entkräften. Ich habe dort auch erklärt, warum man „alternative geldpolitische Instrumente“ wie die quantitative Lockerung und Helikoptergeld nicht als Formen der Fiskalpolitik ansehen sollte. Während eine fiskalpolitische Reaktion erforderlich ist, sind auch geldpolitische Maßnahmen dringend nötig. Nur die Geldpolitik spricht die Kreditsituation innerhalb der gesamten Volkswirtschaft an. Bis Inflation und Realzinsen von den Toten auferstehen, kann nur eine Politik effektiver, stark negativer Zinssätze die Aufgabe erfüllen.

Eine Politik stark negativer Zinssätze in den hochentwickelten Volkswirtschaften wäre zudem ein enormer Segen für die Schwellen- und Entwicklungsländer, die stark unter fallenden Rohstoffpreise, Kapitalflucht, hohen Schulden und schwachen Wechselkursen leiden – von den frühen Stufen der Pandemie gar nicht zu reden. Selbst mit Negativzinsen würden viele Länder noch immer ein Schuldenmoratorium brauchen. Doch ein schwächerer Dollar, ein stärkeres weltweites Wachstum und eine Verringerung der Kapitalflucht würden helfen, insbesondere was die großen Schwellenmärkte angeht.

Tragischerweise wurde die Diskussion darüber, wie sich stark negative Zinsen umsetzen lassen, bei der Prüfung der geldpolitischen Instrumente durch die Federal Reserve 2019 faktisch vom Tisch genommen, was die Fed in der Pandemie in Zugzwang bringt. Einflussreiche Banklobbyisten hassen Negativzinsen, auch wenn diese bei korrekter Umsetzung die Gewinne der Banken nicht zwangsläufig untergraben. Der Berufsstand der Ökonomen – der von den interessanten kontraintuitiven Ergebnissen in Volkswirtschaften, in denen es wirklich eine Nullgrenze bei den Zinsen gibt, fasziniert ist – ist hieran nicht unschuldig.

Die Umsetzung stark negativer Zinsen würde nicht alle heutigen Probleme lösen. Doch wäre die Einführung einer derartigen Politik ein Anfang. Falls, was zunehmend wahrscheinlich sein dürfte, die realen Gleichgewichtszinsen im Laufe der nächsten Jahre niedriger denn je ausfallen, ist es Zeit, dass Notenbanken und Regierungen die Idee lange, gründlich und dringend in Betracht ziehen.

Kenneth Rogoff

Kenneth Rogoff war Chefökonom des Internationalen Währungsfonds und ist heute Professor für Ökonomie und Public Policy an der Universität Harvard.

Copyright: Project Syndicate

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