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Das Gefühl der 1970er Jahre

Das Gefühl der 1970er Jahre
Volkswirtschaft
Das Gefühl der 1970er Jahre
03/2020
Kenneth Rogoff
Project Syndicate

@ Feedback an Redaktion

Es ist noch zu früh, um den langfristigen Verlauf des Coronavirus-Ausbruchs vorherzusagen. Aber es ist nicht zu früh, um zu erkennen, dass die nächste globale Rezession unmittelbar vor der Tür stehen könnte – und dass sie womöglich völlig anders aussehen wird als die Rezessionen, die in 2001 und 2008 begannen. Von Kenneth Rogoff.

26.03.2020 | 08:00 Uhr

Zunächst einmal dürfte die nächste Rezession von China ausgehen, und womöglich hat sie bereits begonnen. China ist eine hochverschuldete Volkswirtschaft; es kann sich eine anhaltende Pause heute genauso wenig leisten wie das schnellwachsende Japan der 1980er Jahre es konnte. Bevölkerung, Unternehmen und Kommunen müssen ihre übergroßen Schulden zurückzahlen. Eine sehr ungünstige demografische Entwicklung, ein sich verengender Spielraum, um technologisch aufzuholen, und ein enormes Überangebot an Wohnungen aus wiederholten Konjunkturprogrammen – von zunehmend zentralisierten Entscheidungsprozessen gar nicht zu reden – lassen für das kommende Jahrzehnt schon jetzt ein deutlich geringeres Wachstum für China erahnen.

Zudem impliziert das neue Coronavirus COVID-19 anders als die beiden bisherigen globalen Rezessionen in diesem Jahrhundert nicht nur eine nachfrage-, sondern auch eine angebotsbedingte Erschütterung. Tatsächlich muss man bis zu den Ölschocks Mitte der 1970er Jahre zurückgehen, um eine derart große angebotsbedingte Erschütterung zu finden. Zwar wird sich die Furcht vor einer Ansteckung negativ auf die Nachfrage bei den Fluglinien und beim internationalen Tourismus auswirken, und die Vorsorgeansparungen werden steigen. Doch wenn Millionen von Menschen (sei es aufgrund von Ausgangssperren oder aus Angst) nicht zur Arbeit gehen, die globalen Wertschöpfungsketten zusammenbrechen, Grenzen gesperrt werden und der Welthandel schrumpft, weil Länder gegenseitig ihren Gesundheitsstatistiken misstrauen, sind die angebotsseitigen Probleme mindestens genauso groß.

Die betroffenen Länder werden – und sollten – massive Schulden aufnahmen, um ihre Gesundheitssysteme zu stärken und ihre Volkswirtschaften zu stützen. Man spart für schlechte Zeiten, um während dieser dann Geld zu Ausgeben zu haben; die Vorbereitung auf Pandemien, Kriege, Klimakrisen und andere außer Kontrolle geratene Ereignisse ist genau der Grund, warum eine unbefristete Defizitfinanzierung in Zeiten des Aufschwungs gefährlich ist.

Doch begreifen Politiker und zu viele Wirtschaftskommentatoren nicht, wie deutlich anders als die beiden vorherigen die nächste globale Rezession aufgrund der Angebotskomponente ausfallen könnte. Anders als bei primär durch einen Nachfragerückgang bedingten Rezessionen besteht die von einem angebotsbedingten Abschwung ausgehende Herausforderung darin, dass er zu einem steilen Rückgang der Produktion und weitverbreiteten Engpässen führen kann. In diesem Fall könnten allgemeine Versorgungsengpässe – wie einige Länder sie seit den Schlangen an den Tankstellen in den 1970er Jahren nicht mehr erlebt haben – die Inflation letztlich nach oben statt nach unten drücken.

Die Ausgangsbedingungen für eine Begrenzung einer allgemeinen Inflation sind heute zugegeben außerordentlich günstig. Doch angesichts der Tatsache, dass vier Jahrzehnte der Globalisierung fast mit Sicherheit der wichtigste der niedrigen Inflation zugrundeliegende Faktor waren, ist ein nachhaltiger Rückzug hinter nationale Grenzen aufgrund einer COVID-19-Pandemie (oder selbst der anhaltenden Furcht vor einer Pandemie) zusätzlich zu den wachsenden Handelsspannungen ein Rezept für einen neuerlichen Aufwärtsdruck auf die Preise. In diesem Szenario könnte eine steigende Inflation die Zinsen nach oben drücken und Geld- wie Fiskalpolitiker vor Herausforderungen stellen.

Es ist zudem anzumerken, dass die COVID-19-Krise die Weltwirtschaft zu einem Zeitpunkt trifft, an dem das Wachstum bereits schwach ist und viele Länder deutlich überschuldet sind. Das globale Wachstum betrug 2019 nur 2,9%, was nicht allzu weit von dem Niveau von 2,5% entfernt liegt, das historisch eine globale Rezession darstellt. Die italienische Wirtschaft hatte gerade erst angefangen, sich zu erholen, als das Virus zuschlug. Die japanische Wirtschaft hatte nach einer schlecht terminierten Mehrwertsteuererhöhung bereits begonnen, in die Rezession abzugleiten, und die deutsche Wirtschaft ist inmitten des politischen Durcheinanders im Lande ins Taumeln geraten. Am besten stehen die USA dar, doch die einst auf 15% geschätzte Wahrscheinlichkeit eines Rezessionsbeginns noch vor den Präsidentschafts- und Kongresswahlen im November scheint inzwischen viel höher zu sein.

Es mag seltsam erscheinen, dass das neue Coronavirus selbst Ländern, die scheinbar über die Ressourcen und die Technologie verfügen, um zurückzuschlagen, derartigen Schaden zufügen kann. Ein zentraler Grund hierfür ist, dass frühere Generationen viel ärmer waren als die heutigen; daher mussten viele Menschen das Risiko eingehen, zur Arbeit zu gehen. Anders als heute stand ein radikaler Rückzug aus dem Wirtschaftsgeschehen in Reaktion auf Epidemien, bei denen die meisten Menschen überlebten, für sie nicht zur Debatte.

Was in Wuhan (China) – dem Epizentrum des derzeitigen Ausbruchs – passierte, ist extrem, aber illustrativ. Die chinesische Regierung hat die Provinz Hubei im Wesentlichen von der Außenwelt abgeschnitten und das Kriegsrecht über ihre 58 Millionen Einwohner verhängt. Normalbürger dürfen ihre Häuser nur unter ganz bestimmten Umständen verlassen. Zugleich schafft es die Regierung anscheinend seit sechs Wochen, die Bürger von Hubei mit Wasser und Lebensmitteln zu versorgen – etwas, was für ein armes Land unvorstellbar ist.

Anderswo in China halten sich die Bürger in Großstädten wie Schanghai und Peking in großer Zahl überwiegend in ihren Häusern auf, um ihr Ansteckungsrisiko zu verringern. Die Regierungen in Ländern wie Südkorea und Italien ergreifen möglicherweise weniger extreme Maßnahmen als China, doch viele Menschen bleiben zu Hause, was erhebliche negative Auswirkungen auf das Wirtschaftsgeschehen impliziert.

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession hat drastisch zugenommen – viel stärker, als die üblichen Prognosen von Anlegern und internationalen Einrichtungen das zugestehen. Die Politiker müssen erkennen, dass zusätzlich zu Zinssenkungen und Steuerimpulsen auch etwas gegen die enorme Erschütterung der globalen Lieferketten getan werden muss. Die unmittelbarste Hilfe könnte daraus rühren, dass die USA ihre handelskriegsbedingten Zölle stark zurückfahren, dadurch die Märkte beruhigen, gemeinsam mit China ein staatsmännisches Verhalten an den Tag legen und Geld in die Taschen der US-Verbraucher füllen. Eine globale Rezession ist eine Zeit für Zusammenarbeit, nicht für Isolation.

Kenneth Rogoff

Kenneth Rogoff ist ehemaliger Chefökonom des IWF. Er ist Professor für Ökonomie und Public Policy an der Universität Harvard.

Copyright: Project Syndicate

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