• PartnerLounge
  • Bellevue Funds (Lux) SICAV
  • Metzler Asset Management
  • Comgest Deutschland GmbH
  • Capital Group
  • Robeco
  • Degroof Petercam SA
  • William Blair
  • Columbia Threadneedle Investments
  • Shareholder Value Management AG
  • DONNER & REUSCHEL AG
  • Bakersteel Capital Managers
  • ODDO BHF Asset Management
  • KanAm Grund Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH
  • Aberdeen Standard Investments
  • Pro BoutiquenFonds GmbH
  • Edmond de Rothschild Asset Management
  • iQ-FOXX Indices
  • AB Europe GmbH
  • M&G Investments
  • Morgan Stanley Investment Management
  • Carmignac
  • RBC BlueBay Asset Management
  • Pictet
  • dje Kapital AG
  • DAX----
  • ES50----
  • US30----
  • EUR/USD----
  • BRENT----
  • GOLD----

Wirtschaftsnobelpreisträger kritisiert Trump scharf

Wirtschaftsnobelpreisträger kritisiert Trump scharf
Volkswirtschaft
Amerikas kompromittierter Staat
08/2020
Angus Deaton
Project Syndicate

@ Feedback an Redaktion

Einen großen Teil der Schuld an Amerikas Unfähigkeit, COVID-19 unter Kontrolle zu bekommen, trägt die maliziöse, inkompetente Trump-Regierung. Von Angus Deaton.

05.08.2020 | 08:00 Uhr

Aber es gibt einen zusätzlichen, weniger bekannten Grund: den Connecticut-Kompromiss von 1787, der die amerikanische Demokratie bereits von Geburt an behindert und heute die Reaktion des Kongresses auf die Pandemie untergräbt.

Auf dem Verfassungskongress von 1787 waren sich kleine und große Bundesstaaten über die Repräsentationsgrundlage uneinig. Erstere setzten sich für die Gleichbehandlung der Staaten ein und letztere für diejenige der Menschen. Der Kompromiss bestand in der Gründung einer Zweikammer-Legislative – einer Kammer für das Volk und einer für die Bundesstaaten. Im Repräsentantenhaus sind die Bürger entsprechend ihrer Anzahl vertreten, und im Senat verfügt jeder Bundesstaat unabhängig von seiner Bevölkerung über zwei Senatoren.

Daher haben die vier größten Bundesstaaten – Kalifornien, Texas, Florida und New York – nur acht der hundert Sitze im Senat inne, obwohl dort ein Drittel der US-Bevölkerung lebt. Acht Stimmen haben auch die vier kleinsten Staaten, Wyoming, Alaska, Vermont und North Dakota, die gemeinsam über nur 1% der Bevölkerung verfügen.

Nehmen wir nun die Einkommensungleichheit, die häufig anhand des Gini-Koeffizienten gemessen wird: Null bedeutet völlige Gleichheit, und eins steht für völlige Ungleichheit (eine einzige Person erzielt sämtliches Einkommen). Der US-amerikanische Gini-Koeffizient liegt bei 0,42 – dem höchsten Wert aller reichen Länder. Würde man aber diese Messgröße für Ungleichheit auf die Vertretung im Senat anwenden, käme man auf einen noch höheren Wert von 0,50. Wähler aus Wyoming haben ein zehnmal größeres Stimmrecht als jene aus Texas. Und da die Gesetze beide Kammern durchlaufen müssen, können Koalitionen kleiner Bundesstaaten problemlos Maßnahmen blockieren, die im Interesse der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung sind. Genau dies wird im Senat auch häufig praktiziert.

Die geographische Verteilung der COVID-19-Fälle und Todesfälle ist sogar noch ungleicher als die Verteilung der Wählerstimmen im Senat. Bis zum 8. Juli konzentrierten sich 45% der 125.000 registrierten COVID-19-Toten auf nur vier Bundesstaaten – New Jersey, New York, Massachusetts und Illinois – und 70% auf zehn Staaten. Überall gab es Tote, aber in Alaska, Hawaii, Wyoming und Montana waren es insgesamt nur etwa 80. Die 25 am wenigsten betroffenen Staaten haben insgesamt 8.000 Menschenleben verloren – 6,4% der Todesfälle im gesamten Land.

Als US-Präsident Donald Trump am 13. März den nationalen Notstand ausrief, ging das Land mehr oder weniger vollständig in den Lockdown. Die Notlage war gesamtstaatlicher Natur, und der Kongress antwortete darauf, indem er parteiübergreifend vier verschiedene Maßnahmen verabschiedete. Aber mit der Zeit wurden die Einschränkungen in den einzelnen Staaten nach und nach – offiziell oder inoffiziell – erleichtert, und dies fand viel weniger gleichmäßig statt als der ursprüngliche Lockdown. An Orten mit geringen Infektionsraten und wenig Todesfällen begannen die Menschen, sich wieder freier zu bewegen – im Gegensatz zu Staaten wie New York, New Jersey oder Massachusetts, wo die Menschen in großer Zahl starben. Und die Unterstützung im Senat für weitere Nothilfen ging rapide zurück.

Am 15. Mai verabschiedete das demokratisch kontrollierte Repräsentantenhaus – weitgehend mit den Stimmen der Mehrheitspartei – ein Gesetz für Nothilfelösungen zur gesundheitlichen und wirtschaftlichen Erholung (Health and Economic Recovery Omnibus Emergency Solutions Act, HEROES). Aber im Senat hat das Gesetz seitdem keine Fortschritte gemacht. Die republikanische Mehrheit in dieser Kammer ist eine direkte Folge des Kompromisses von 1787, der den ländlichen, schwach bevölkerten Staaten, die zu den Republikanern neigen, einen massiv überproportionalen Anteil an Sitzen gewährt.

Also wurde bereits vor langer Zeit die Bühne für eine Tragödie bereitet. Bald begann das Virus, sich im Süden und Südwesten auszubreiten, wo geringe Todesraten zu einer weit verbreiteten Lässigkeit geführt haben. Als die Politiker dann erkannten, dass die Infektions- und Sterblichkeitszahlen durch die Decke gingen, versuchten sie, den Wiederöffnungsprozess umzukehren. Aber es scheint, dass dies zu spät war, und jetzt bedroht die Pandemie durch Reisende aus dem Süden und Westen auch wieder die Oststaaten.

Mangels eines nationalen Plans oder einer Verfassung, die eine zentrale Kontrolle ermöglichen würde, folgt jeder Bundesstaat – meist kurzfristig – seinen eigenen Instinkten und Interessen. Da zwischen den Staaten freier Reiseverkehr herrscht, wird sich das Virus nun im Land hin und her bewegen, bis ein Impfstoff verfügbar wird oder eine Herdenimmunität erreicht ist (falls eine dauerhafte Immunität überhaupt möglich ist).

Angesichts der zunehmenden Sterblichkeit in Bundesstaaten, in denen es bisher weniger Fälle gab, wird der Senat wahrscheinlich irgendeine Version des HEROES-Gesetzes genehmigen. Angesichts dessen, dass Ende des Monats die Arbeitslosenhilfe ausläuft und den am stärksten betroffenen Bundesstaaten bald das Geld ausgeht, wird diese gesetzliche Linderung dringend gebraucht. Aber sie wäre weniger dringend, wenn der Senat bereits vorher Führungsqualitäten gezeigt hätte. Eine koordinierte nationale Strategie für den Lockdown hätte zwar die Rückkehr an die Arbeitsplätze verzögert, wäre aber nachhaltiger gewesen als das momentane Chaos.

Auf jeden Fall verschiebt sich die Pandemie von den „blauen“ (demokratischen) hin zu den „roten“ (republikanischen) Staaten. Bis zum 8. Juli haben sich die Todesraten in den 26 Bundesstaaten mit republikanischen Gouverneuren – verglichen mit den 24 demokratischen – von 22% Ende März auf 29% erhöht. Vermutlich ließen sich die republikanischen Gouverneure durch die schädlichen Desinformationen aus dem Weißen Haus und seinen Verbündeten bei den Medien stärker beeinflussen als ihre demokratischen Kollegen. In einem aktuellen Leitartikel des Wall Street Journal, der eine offene Verachtung wissenschaftlicher Beratung an den Tag legte, wurde die Harvard University als „eine der letzten Institutionen in Amerika“ bezeichnet, die „noch nicht gelernt hat, misstrauisch gegenüber radikalen Veränderungen auf der Grundlage von Modellen der Experten für öffentliche Gesundheit zu sein“.

Trotzdem glaube ich, dass die Lage auch dann nicht viel anders wäre, wenn die republikanischen Gesetzgeber und Gouverneure durch Demokraten ersetzt würden. Das Problem ist der Mangel an einer zentralen, durchsetzbaren nationalen Strategie in einem Land mit einem Föderalsystem, das letztlich von lokalen Behörden kontrolliert wird, die auf ihre eigenen Bedürfnisse und vermeintlichen Risiken reagieren. Menschen zu bitten, für weit entfernte Mitbürger Opfer zu bringen, um einer Gefahr zu begegnen, die sie in ihrer eigenen Gemeinschaft nicht wahrnehmen, wird immer schwierig sein.

Die Macht der Bundesstaaten war bereits 1787 in Philadelphia ein Problem, und sie ist es noch heute. Die Ungleichheit wird häufig als Ursache vieler sozialer Missstände bezeichnet. Und als wäre Amerikas wirtschaftliche Ungleichheit noch nicht schlimm genug, wird nun die Effektivität seiner Demokratie durch seine institutionalisierte Ungleichheit der Repräsentation ernsthaft untergraben.

Zur Person

Angus Deaton

Angus Deaton, Wirtschaftsnobelpreisträger von 2015, ist emeritierter Professor für Ökonomie und Internationale Angelegenheiten an der Princeton School of Public and International Affairs und Presidential Professor für Ökonomie an der University of Southern California. Er ist Mitverfasser von Deaths of Despair and the Future of Capitalism (Princeton University Press, 2020).

Copyright: Project Syndicate

Diesen Beitrag teilen: