ODDO BHF Marktausblick: Kommt doch noch ein zweites US-Fiskalpaket?

Wirtschaft

Vor dem Hintergrund einer langsameren Erholung der US-Wirtschaft haben die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi (Demokratische Partei) und US-Finanzminister Steven Mnuchin die Verhandlungen über ein Fiskalpaket wieder aufgenommen.

05.10.2020 | 12:09 Uhr

Im August hatte man die Gespräche erfolglos abgebrochen. Zu groß war die Kluft zwischen den Demokraten auf der einen Seite, nach deren Wunsch ein Stimulus-Paket mit einem Volumen von 3,4 Billionen US$ geschnürt werden sollte, und den Republikanern und dem Weißen Haus auf der anderen, deren Schmerzgrenze bei 1,3 Billionen US$ lag. Zum Wochenbeginn präsentierte Pelosi jedoch den neuen Vorschlag ihrer demokratischen Partei: 2,2 Billionen US$ sollen der wirtschaftlichen Erholung neues Leben einhauchen.

Streitpunkt ist nicht nur das Volumen, auch hinsichtlich der Zusammensetzung des Maßnahmenpakets unterscheiden sich die Vorstellungen des demokratisch dominierten Repräsentantenhauses und des mehrheitlich republikanischen Senats. Der Vorschlag der Demokraten um Pelosi sieht laut Reuters bspw. Unterstützung für Behörden der Bundesstaaten und Kommunen vor, außerdem sollen finanzielle Mittel für Bildung und Covid-Tests zur Verfügung gestellt werden. Für das „Payment Protection Program“, ein Kreditprogramm für kleinere Unternehmen, das bereits Teil des ersten Hilfspakets war, sind ebenfalls Gelder vorgesehen. Ein wichtiger Bestandteil sind erneut Direkthilfen für US-Bürger in Form einer Einmalzahlung von 1.200 US$ (sog. Stimulusschecks) für einen großen Teil der Bevölkerung und die Wiederaufnahme von Arbeitslosenunterstützungszahlungen des Bundes von 600 US$ pro Woche.

Das nun aufgestockte Angebot aus dem Finanzministerium soll einen Umfang von gut 1,6 Billionen US$ haben, für bundesstaatliche und kommunale Behörden ist nun doch ein Posten vorgesehen. Weitere Steuererleichterungen für Unternehmen, ein traditionell wichtiges Anliegen der Republikaner, sind ebenfalls angedacht. Die finanzielle Unterstützung für US-Bürger, die aufgrund der Pandemie ihren Arbeitsplatz verloren haben, würde dagegen niedriger ausfallen als die von den Demokraten vorgeschlagenen 600 US$. Zwar geben sich Pelosi und Mnuchin mit Blick auf eine Einigung durchaus optimistisch, aus dem republikanisch kontrollierten Senat sind aber eher skeptische Stimmen zu vernehmen. Die Republikaner im Senat hatten vor einigen Wochen ihren ursprünglichen 1 Billionen US$-Vorschlag um die Hälfte gekürzt; hier müsste das Weiße Haus vermutlich einiges an Druck machen, um einen eventuellen Deal zwischen Mnuchin und Pelosi abzusegnen. An den Finanzmärkten wurde die Annäherung jedoch bereits mit Freude wahrgenommen: US-Börsen reagierten mit Kursgewinnen auf die Aussicht eines Fiskalpakets, wie man es bereits aus der jüngeren Vergangenheit kennt.

Konjunkturelle Erholung auf wackeligen Beinen

US-Konsumenten scheinen dagegen auch ohne zweites Fiskalpaket wieder Vertrauen in die heimische Wirtschaft zu schöpfen. Der vom Conference Board veröffentlichte Index zum Konsumentenvertrauen in den USA sprang im September von 84,8 auf 101,8 Zähler und verzeichnete damit den größten Anstieg seit über 15 Jahren. Die Erwartungskomponente ist der größte Treiber dieser Bewegung, aber auch die Einschätzung zur Lage am Arbeitsmarkt, die ebenfalls Gegenstand der Umfrage ist, hat sich verbessert. Auf den ersten Blick deckt sich diese Einschätzung mit der Beschäftigungsentwicklung, in den vergangenen Monaten bot der Arbeitsmarktbericht des Bureau of Labor Statistics (BLS) durchaus positive Überraschungen.

Ein Arbeitsmarkttrend, den wir jedoch mit Sorge beobachten, ist beispielsweise das hohe Niveau der Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung und der Anstieg der dauerhaften Entlassungen. Einige Bereiche der Wirtschaft scheinen längerfristig mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen, so dass weiterhin Mitarbeiter in größerer Zahl freigesetzt werden. Der heute Nachmittag erscheinende Arbeitsmarktbericht dürfte weiter zeigen, dass sich die Beschäftigung insgesamt zwar positiv entwickelt, die Dynamik aber merklich nachlässt: Gemäß Reuters-Umfrage rechnen Ökonomen mit einem im Vormonatsvergleich deutlich kleineren Rückgang der Arbeitslosenquote um 0,2 Prozentpunkte auf 8,2 %.

Personen, die AL-Unterstützung beanspruchen

US-Wahlkampf: TV-Duell versinkt im Chaos

Gut einen Monat vor der US-Präsidentschaftswahl geht es im Wahlkampf nun in die heiße Phase. Dass in US-Wahlkämpfen mit harten Bandagen gekämpft wird, dürfte kein Geheimnis sein. Die erste Fernsehdebatte zwischen Amtsinhaber Trump und dem Präsidentschaftskandidaten der demokratischen Partei Joe Biden in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hat diesen Punkt bekräftigt. Das ca. 90-minütige TV-Duell entwickelte sich bereits in den ersten Minuten zu einem Debakel, das von Wortunterbrechungen und Beleidigungen („Lügner“), insbesondere seitens Trump, geprägt wurde. Biden zeigte sich im weiteren Verlauf des Abends sichtlich frustriert über Trumps fehlender Etikette („Will you just shut up, man!“). Inhaltlich hatte das Wortgefecht wenig zu bieten: Zu den Themenkomplexen Oberstes Gericht, Covid-19, Wirtschaft und Rassismus, aus denen der Moderator Chris Wallace (Fox News) jeweils Fragen an die beiden Kandidaten stellte, konnten die Zuschauer keine neuen Erkenntnisse gewinnen.

Offen bleibt die Frage nach dem Gewinner der ersten TV-Debatte. Präsident Trump ist Joe Biden und dem Moderator Wallace laut CBS News rund 73-mal ins Wort gefallen und dürfte damit in der Kategorie Wortunterbrechungen die Nase vorne haben. Umfragen zufolge sehen 47 % Zuschauer Biden als Gewinner des ersten Live-Duells, Trump kommt auf 40 % (Quelle: CBS). Die Chancen auf einen Wahlsieg dürfte dies aber kaum beeinflussen: Donald Trump hat im Wahljahr 2016 alle drei Fernsehduelle gegen Hillary Clinton verloren und die anschließende Wahl dennoch für sich entschieden – dem US-Wahlrecht sei Dank.

Vergangene Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für die Zukunft. Die Rendite kann infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen. Etwaige Meinungsäußerungen geben die aktuelle Einschätzung des Investment Office der ODDO BHF AG wieder, die sich insbesondere von der Hausmeinung innerhalb der ODDO BHF Gruppe unterscheiden und ohne vorherige Ankündigung ändern kann.
Quelle der Grafik: Refinitiv Datastream

Marktübersicht 02.10.2020

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