Die „Schaukelbörse“ der letzten zwei Jahre beeindruckt die Anleger offensichtlich wenig. Denn der Deutsche Geldanlage-Index DIVAX-GA zeigt sich auf gutem Niveau nahezu unverändert.
31.08.2023 | 12:05 Uhr
Im Winter 2021/22 lag sein Wert bei 31,1 Punkten, aktuell
erreicht er 29,5. Der Index mißt das Stimmungsbild zu aktienbasierten
Geldanlagen mit Werten zwischen -100 und +100. Der stabile Verlauf der letzten
anderthalb Jahre unterscheidet sich von dem der anderthalb Jahre davor, in
denen der Index einen rapiden Anstieg erlebte. Im Sommer 2020 lag der Wert noch
bei 24,9. Dazu Prof. Dr. Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des
DIVA: „Die Entwicklung des Index ist ein Indiz dafür, dass diejenigen, die
in den letzten Jahren in aktienbasierte Anlagen eingestiegen sind, dabei
bleiben. Dies ist eine gute Entwicklung, denn Aktieninvestments sollten einen
langfristigen Anlagehorizont haben.“
Geldknappheit verhindert weitere Verbesserung der Aktienkultur
Fragt man die Bürgerinnen und Bürger danach, was sie von Aktienanlagen abhält,
sind deutlich die Auswirkungen der Inflation zu erkennen. Der Hauptgrund ist
inzwischen das nicht verfügbare Geld. Im Sommer 2020 galt dies für 34,5 Prozent
der Befragten, inzwischen sind es schon 42,5 Prozent. Geldmangel hat damit die
Sorge vor einem Verlust des Geldes (aktuell 38,2 Prozent) und die Scheu vor den
Risiken einer Aktienanlage (35,4 Prozent) deutlich hinter sich gelassen.
Besonders stark ist der Effekt in den östlichen Bundesländern, wo fast die
Hälfte der Befragten (47,4 Prozent) fehlendes Geld als primäre Ursache nennt
(Westen: 41,3 Prozent). Dazu Heuser: „Der anhaltende Positivtrend zu
aktienbasierten Anlagen wird derzeit durch die Inflation eingebremst. Die
Menschen haben schlicht und ergreifend weniger Geld verfügbar, das sie anlegen
können. Da die verfügbaren Einkommen im Osten ohnehin knapper sind, gilt das
für die Menschen dort natürlich um so mehr.“
Einschätzungen zur Inflation: Sie bleibt hoch
Mit Blick nach vorne dürfte sich absehbar an dieser Situation nicht viel
ändern: 32,9 Prozent der Befragten gehen aktuell davon aus, dass die Inflation
allenfalls leicht sinken wird. 28,3 Prozent glauben, sie bleibt unverändert
hoch. Und 27,9 Prozent erwarten sogar einen weiter steigenden Wert.
„Entscheidend für die weitere Entwicklung der Börsen dürften in diesem Kontext
die Zinsen sein. Stärkere positive Impulse für die Aktienkurse sind erst dann
wieder zu erwarten, wenn die Zentralbanken erste Zinsschritte nach unten
ankündigen. Viele warten auf dieses Einstiegsszenario und sind deshalb aktuell
noch zurückhaltend“, so Heuser.
Dies deckt sich mit der Befragung: Nur 17,9 Prozent gehen davon aus, dass die
Zinsen deutlich fallen werden. Dies ist klar die Minderheit. Dagegen erwarten
44,6 Prozent stabil hohe und 24,7 Prozent sogar weiter steigende Zinsen. „Diese
Erwartungen bestimmen das Stimmungsbild des Index. Vermutlich wird sich deshalb
auch an den Börsen nicht viel tun. Stattdessen nutzen inzwischen viele die
gestiegenen Zinsen: Insgesamt gaben 37,7 Prozent an, stärker in Termingelder,
festverzinsliche Wertpapiere oder zinsabhängige Fonds zu investieren“,
resümiert Heuser.
Nachhaltigkeit bei der Geldanlage weiter von untergeordneter Bedeutung
Vor allem für die Emittenten, aber auch für die Politik dürfte von Interesse
sein, wie sich der Trend zu nachhaltigen Geldanlagen entwickelt. Dieser ist mit
Blick auf die ambitionierten Ziele des Green Deal der Europäischen Union und
die Investitionserfordernisse für die Klimawende enttäuschend: Die Gruppe
derjenigen, für die Nachhaltigkeit keine Rolle spielt, ist mit aktuell 60,6
Prozent deutlich in der Mehrheit und im Vergleich zum Sommer 2022 (59,4
Prozent) sogar noch leicht gestiegen.
Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des Vermittlerverbands VOTUM,
eines der vier Trägerverbände des DIVA, hat dazu Antworten: „Die Mitglieder
unseres Verbandes beraten tagtäglich viele tausend Kunden zur Geldanlage. Sie
sind dabei sogar gesetzlich verpflichtet, das Kriterium Nachhaltigkeit
einzubeziehen. Das Interesse der Kunden ist aber gering. Häufig muss ein
Berater das Thema aktiv ansprechen und dafür werben. Oft begegnet er dabei
Unkenntnis und Skepsis.“
Dies deckt sich mit den Ergebnissen des DIVA, nach denen 43,4 Prozent der
Befragten nachhaltige Geldanlagen für eine Modeerscheinung halten. Dazu Klein:
„Die Politik ist gefordert. Berater können sich nicht zu Botschaftern für
Investitionen in nachhaltige Projekte machen, wenn es aufgrund unklarer
Regelungen noch viele Unsicherheiten gibt. Derzeit müssen wir erleben, dass
sich Emittenten und Berater wegen des Damoklesschwertes des
„Green-Washing“-Vorwurfs zurückhalten und die weitere Entwicklung beobachten.
Die nicht aufeinander abgestimmte EU-Gesetzgebung hat für die Berater
Haftungsfallen geschaffen, die verhindern, dass sie zu überzeugten
ESG-Botschaftern werden. Ohne widerspruchsfreie Vorgaben aus der Politik haben
weder die Berater noch unsere Kunden die notwendige Klarheit, um Vertrauen
aufzubauen beziehungsweise zu gewinnen.“
Die Umfrage ist Teil der aktuellen Sommer-Ausgabe des Deutschen
Geldanlage-Index (DIVAX-GA) und wurde im Auftrag des DIVA von INSA-CONSULERE
durchgeführt. Befragt wurden ca. 2.000 Personen in Deutschland. Alle Ergebnisse
sind auf der Website des DIVA zu
finden. (dp)
Abb. 1: Zeitliche Entwicklung des Deutschen Geldanlage-Index (DIVAX-GA) seit Auflage. Die jeweiligen Index-Werte berechnen sich als arithmetische Mittel der beiden Einzelindizes „Aktuelle Lage“ und „Künftige Erwartungen“. Die zugrundeliegenden Befragungen wurden von INSA-CONSULIERE im Auftrag des DIVA durchgeführt (Stand: 31.07.2023), n=2.000.
Abb. 2: Die Befragten sollten die perönlichen Gründe nennen, die gegen eine (stärkere) Geldanlage in aktienbasierte Anlageformen sprechen. Maximal drei Antworten waren möglich. Die zugrundeliegenden Befragungen wurden von INSA-CONSULIERE im Auftrag des DIVA durchgeführt (Stand: 31.07.2023), n=2.000.
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