BNP Paribas: Schluss mit den Mythen rund um thematische Anlagen - Teil 3

BNP Paribas: Schluss mit den Mythen rund um thematische Anlagen - Teil 3
Themenfonds

Themenfonds boomen! Bereits vor der Pandemie investierten Anleger immer häufiger in Strategien zur Energiewende, zur technologische Transformation oder zur Digitalisierung.

01.12.2021 | 08:51 Uhr

Mythos 3: ESG = Nachhaltig

Die auf ESG fokussierte Anlagestrategie laufen Gefahr, oft innovativeren Newcomer im Bereich Nachhaltigkeit zu vernachlässigen. Fonds, die sich ausschließlich auf ESG-Kriterien fokussieren, entgehen daher möglicherweise jene Unternehmen, die wirklich zum Umweltschutz beitragen und möglicherweise die Superstar-Firmen von morgen sein werden. Anleger sollten bei der Fondsauswahl auf aktiv gemanagte Produkte achten und die gesamte Marktwertspanne berücksichtigen.

Wir beziehen ESG-Ratings in unsere Überlegungen ein, wissen aber, dass sie nicht immer mit Nachhaltigkeit gleichzusetzen sind. Nachhaltigkeit hat bei uns oberste Priorität, insbesondere ökologische Nachhaltigkeit, denn wir sind der Meinung, dass vom Umweltschutz sowohl unsere Gesellschaft als auch unsere Volkswirtschaften profitieren. Wir investieren grundsätzlich nur in Unternehmen mit ökologischen Lösungen, die unseren Themen direkt entsprechen.

Dabei sind ESG-Ratings integraler Bestandteil unseres Anlageansatzes. In unserem Sustainability Centre widmet sich ein Team von 25 Mitarbeitern ESG-Fragen, dem Dialog mit Unternehmen und der Stimmrechtsausübung und erstellt unabhängige Umweltanalysen und vierteljährliche Berichte. Um unsere Einschätzung im Bereich Nachhaltigkeit zu entwickeln, stützen wir uns explizit nicht auf ESG-Ratings von Dritten. Die Gründe dafür legen wir im Folgenden dar.

ESG ist nicht gleich Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeitsanalysen betrachten ein Unternehmen als Ganzes, um festzustellen, ob es insgesamt umweltbewusst handelt und zur Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit beiträgt oder nicht. Der ESG-Ansatz ist kleinteiliger und basiert weitgehend auf der Berichterstattung der Unternehmen selbst.

Dies kann dazu führen, dass einige der am wenigsten nachhaltigen Unternehmen weltweit, die etwa in der Kohle- oder Ölproduktion aktiv sind, bessere ESG-Bewertungen haben als Produzenten sauberer Energie. Der Grund dafür ist, dass ESG-Bewertungen prozessbasiert erfolgen und das Gesamtergebnis nicht im Blick haben: Sie berücksichtigen, wie ein Unternehmen arbeitet, aber nicht seinen gesamten ökologischen Fußabdruck.

Ungenauigkeit bei den Daten ist bei ESG-Bewertungen ein weit verbreitetes Problem. Denn die Daten beruhen meist auf der freiwilligen Berichterstattung der Unternehmen selbst. Aktuell wird über eine Regulierung der ESG-Berichterstattung nachgedacht, denn bislang sind die Daten ungeprüft und nicht standardisiert, sodass leicht unbelegte Aussagen einfließen können – ein Vorgehen, das allgemein als Greenwashing bekannt ist.

Dass auf freiwillige Offenlegung gesetzt wird, führt auch deswegen zu verzerrten Ergebnissen, weil größere Unternehmen in der Öffentlichkeitsarbeit versierter sind und ihre Nachhaltigkeitsberichte auf andere Füße stellen können als kleinere Unternehmen. Insofern läuft eine ausschließlich auf ESG fokussierte Anlagestrategie Gefahr, größere Unternehmen zu bevorzugen und die jungen, oft innovativeren Newcomer im Bereich Nachhaltigkeit zu vernachlässigen.

Dabei ist in Bezug auf die Größe zu beachten, dass nicht nur die bekanntesten und größten Unternehmen Wachstumspotenzial aufweisen, denn Umweltthemen sind ein Anlageumfeld, in dem sich laufend neue Chancen eröffnen.

Oft sind die für eine nachhaltige Entwicklung wichtigsten Unternehmen innovative Small-Cap-Firmen, die ihre begrenzten Kapazitäten nicht für eine ESG-Zertifizierung einsetzen, sondern sich auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren, eine positive Wirkung für die Umwelt zu erzielen. Fonds, die ausschließlich ESG-Kriterien in den Fokus stellen, entgehen daher möglicherweise jene Unternehmen, die wirklich zum Umweltschutz beitragen und möglicherweise die Superstar-Firmen von morgen sein werden. Bei der Fondsauswahl sollten Anleger nach Produkten Ausschau halten, die aktiv gemanagt werden und auf der Suche nach Chancen das gesamte Marktkapitalisierungsspektrum einbeziehen.

Dass ESG-Bewertungen häufig sehr subjektiv sind, zeigen die vielen Differenzen in den Bewertungen unterschiedlicher Ratingagenturen. Dies veranschaulichen die Grafiken anhand der Bewertungen der größten Ratingagenturen für einige der Top-Unternehmen am Aktienmarkt. Ein Korrelationskoeffizient von 1,0 entspräche einer perfekten Korrelation, für die ESG-Ratings unterschiedlicher Agenturen liegt die Korrelation bei 0,54. Zum Vergleich: Die Kreditratings von S&P und Moody‘s haben einen Korrelationskoeffizienten von 0,99.

Obwohl wir also ESG-Bewertungen in unsere Prozesse einbeziehen und die wichtigen Veränderungen, die sie in unserer Branche bewirken, positiv beurteilen, sind sie nicht unsere einzige Grundlage. Stattdessen kombinieren wir die ESG-Analysen, auf denen die Bewertungen basieren, mit einem Nachhaltigkeitsansatz, der das Gesamtbild einbezieht. Wir integrieren ESG in alle Portfolios, doch letztlich bestimmt das Thema die Anlageentscheidung und nicht das ESG-Rating. Denn bislang haben viele Unternehmen entweder kein ESG-Rating oder ein niedriges, weil sie nicht berichten.

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1 ESG: Umwelt, Soziales und Governance.

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