Schroders: Wie wir uns auf die KI-Revolution vorbereiten können

Technologie

Innerhalb einer Generation dürfte künstliche Intelligenz in nahezu jeden Bereich unseres Lebens vorgedrungen sein. Wir untersuchen, was uns bevorsteht.

11.02.2019 | 11:46 Uhr

Künstliche Intelligenz (KI) lässt umwälzende soziale und wirtschaftliche Veränderungen erwarten. Sie sind vergleichbar mit denen der industriellen Revolution.  Anstatt sich wie damals über mehrere Generationen zu erstrecken – wodurch sich die Gesellschaft in der ersten industriellen Revolution an die Auswirkungen anpassen konnte –, wird sich dieser tief greifende Wandel jedoch im Laufe einer einzigen Generation vollziehen.

Die Folgen der KI machen sich gerade erst bemerkbar.Es ist unmöglich, das volle Ausmaß ihrer künftigen Auswirkungen vorauszusagen. Im Folgenden verweisen wir jedoch auf vier große Wirkungsbereiche, die sich unserer Meinung nach als besonders wichtig erweisen werden:

  • Potenzial für immense wirtschaftliche Erträge
  • Disruption am Arbeitsmarkt und soziale Anpassung
  • Machtkonzentration und regulatorische Herausforderungen
  • Öffentliche Einrichtungen und solide Staatsfinanzen

Wir erwarten, dass Regierungen im Lauf der Zeit auf die durch künstliche Intelligenz gestellten Herausforderungen reagieren werden. Der Anpassungsprozess dürfte sich holprig gestalten. Der Staat könnte sich schwer damit tun, mit den Entwicklungen Schritt zu halten und ihr negatives Potenzial zu begrenzen.

Potenzial für immense wirtschaftliche Erträge

Die Berater und Branchenexperten, die sich bislang mit dem Thema beschäftigt haben, sind sich größtenteils einig darin, dass KI erhebliche wirtschaftliche Erträge bringen wird. Schätzungen zufolge könnte künstliche Intelligenz allein bis 2030 eine zusätzliche Produktion im Wert von 16 Bio. US-Dollar bewirken, gestützt durch einen deutlichen Anstieg der Arbeitsproduktivität (zwischen 11 % und 40 %).

Wenn sich diese Zahlen bewahrheiten, werden die Auswirkungen weit über die Nische des Technologiesektors hinausgehen. Dem McKinsey Global Institute zufolge werden 70 % der Unternehmen bis 2030 mindestens eine Form von KI verwenden. Auch unsere selbst geführten Gespräche deuten darauf hin, dass das Thema bereits in den meisten Vorständen erörtert wird.

Disruption am Arbeitsmarkt und soziale Anpassung

Eine Technologie, die eigenständig Entscheidungen treffen kann, könnte Arbeitsplätze revolutionieren, die bisher auf Urteilsvermögen, Wissen und Erfahrung angewiesen waren. In der Folge könnte die Erwerbsbevölkerung beträchtliche Verwerfungen erfahren.

Es geht jedoch weniger um den dauerhaften Verlust von Arbeitsplätzen als vielmehr um die Anforderung an Arbeitskräfte, sich Fähigkeiten im Berich dieser Technologie anzueignen und sich an die verschiedenen Rollen anzupassen, die sie in einer neu vernetzten Wirtschaft ausüben werden. Für die Wettbewerbsfähigkeit und den künftigen Erfolg von Unternehmen ist dies ganz entscheidend.  

Die Einführung von künstlicher Intelligenz in die Erwerbstätigkeit wird voraussichtlich damit beginnen, dass heutige Marktführer menschliche Experten durch KI-Techniken ergänzen werden. Sobald ihre Wirksamkeit erwiesen ist, werden Entscheidungen im Laufe der Zeit zunehmend von künstlicher Intelligenz getroffen werden.

Um soziale Unruhen zu entschärfen, ist es unerlässlich, die Gesellschaft darin zu unterstützen, den Übergang reibungslos zu vollziehen, sowie ein Sicherheitsnetz für alle zu knüpfen, die das nicht leisten können. Angesichts von Gesellschaften, die der Entwicklung zunehmend weniger entgegensetzen können, wäre dieses Sicherheitsnetz der Schlüssel, um die Rolle öffentlicher Institutionen sicherzustellen.

Machtkonzentration: Wie Unternehmen reagieren sollten

Künstliche Intelligenz wird voraussichtlich eine selbstverstärkende Dominanz für etablierte Marktführer erzeugen. Die größten Unternehmen sammeln mehr Daten und verschaffen sich so einen Wettbewerbsvorteil. Wenn diese Daten sinnvoll genutzt werden, können sie den Unternehmen die Entwicklung wirksamerer Erkenntnisse und Maßnahmen ermöglichen, die ihnen dabei helfen, ihren Einfluss auszubauen und ihre Wettbewerbsposition zu stärken.

Auf absehbare Zeit dürften die Technologieführer ihre Stellung behaupten, wobei die Unternehmensmacht in den Händen einiger weniger liegen dürfte. Dies birgt die Gefahr eines ungesunden monopolistischen Verhaltens, das die allgemeine Wohlfahrt sowie die Interessen der Verbraucher und Arbeitnehmer dem Profit unterordnet und keiner ausreichenden Kontrolle unterliegt.

Diese Machtkonzentration bereitet den Regulierungsbehörden Kopfschmerzen, insbesondere wenn es darum geht, immaterielle Technologien zu überwachen, deren Vermögenswerte international mobil sind. Wir erwarten, dass die Politik ihren Fokus verstärkt auf die Begrenzung der potenziellen Macht von KI-Marktführern legt. Im Laufe der Zeit ist eine regulatorische Reaktion wahrscheinlich, die den Umfang der Nutzung von künstlicher Intelligenz einschränkt oder zur Unterstützung des Wettbewerbs einen Informationsaustausch erfordert. Ein Schwerpunkt dürfte dabei auf der Schaffung von Transparenz liegen, sodass Unternehmen erklären müssen, wie Entscheidungen von Algorithmen getroffen werden.

Unseres Erachtens wird es immer wichtiger, dass Unternehmen die Vorteile, die ihnen die Verwendung von Daten und KI bieten kann, nutzen, anstatt sich auf ihre Kontrolle zu konzentrieren, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.

Schutz öffentlicher Einrichtungen – und Steuereinnahmen

Den Regierungen fällt es bereits schwer, mit ihren Steuereinnahmen den wachsenden Anforderungen einer alternden Bevölkerung gerecht zu werden. Das Einkommen wird sich vermutlich in den Händen einiger weniger Privatpersonen oder Unternehmen konzentrieren. Das wird die Besteuerung erschweren. Der Trend zum Wachstum in Branchen mit großem geistigem Eigentum hat ebenfalls begonnen, finanzschwache Regierungen vor fiskalische Herausforderungen zu stellen. Als Reaktion darauf haben viele dieser Regierungen ihre Bemühungen aufeinander abgestimmt (vor allem die G20), um sicherzustellen, dass Technologieunternehmen, die in der Vergangenheit ihr Geschick bei der Minimierung von Steuerzahlungen bewiesen haben, ihrer Größe entsprechend Steuern zahlen. Die EU erwägt die Einführung einer Steuer von 3 % auf die Einnahmen in diesem Sektor.

In Zukunft dürften eine revolutionäre Steuerreform und eine stärkere internationale Zusammenarbeit notwendig sein, um der Gefahr von Defiziten entgegenzuwirken. Andernfalls könnte die Fähigkeit der Regierungen, die von der Gesellschaft erwarteten Dienstleistungen zu erbringen, beeinträchtigen werden. Es wird wichtiger sein denn je, dass Unternehmen ihr Augenmerk auf Geschäftsmodelle richten, die sozialen Nutzen und zugleich Profitabilität bieten, ohne sich auf aggressive Steuerstrategien zu verlassen, um die Gewinne zu steigern.

Die Erfolgsformel für KI

Die künstliche Intelligenz steckt noch in den Kinderschuhen. Ihre Auswirkungen können nur erahnt werden.  Der Bereich zieht immer mehr Aufmerksamkeit auf sich und wir erwarten, dass sich erfolgreiche Unternehmen wahrscheinlich durch die Erfüllung folgender Voraussetzungen auszeichnen werden:

  • Strukturiert geplante Schulung ihrer Belegschaft
  • Aufbau eines Wettbewerbsvorteils durch die Verwendung von Daten und KI, um sozialen Nutzen zu schaffen und die Betrieberlaubnis zu schützen, anstatt auf kommerzielle Anwendungen zu setzen, die ihren Wert für die Allgemeinheit nicht unter Beweis stellen können
  • Vermeidung aggressiver und untragbarer Steuerstrategien sowie des Überschreitens regulatorischer Grenzen, die der zunehmenden Verschärfung der fiskalischen Interventionen möglicherweise nicht standhalten können

Soziale Herausforderungen sind unvermeidlich und wir erwarten, dass Regierungen und Regulierungsbehörden den Schwerpunkt zunehmend auf Maßnahmen legen, mit denen die bevorstehenden Schwierigkeiten in Angriff genommen werden können. Diese politische Reaktion wird dazu beitragen, Unternehmen zu identifizieren, die sich auf die Herausforderungen vorbereitet haben.

Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Der Beitrag wurde am 07.02.19 auch auf schroders.com veröffentlicht.

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