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Steuern

Warum die neue Derivate-Steuer ab Januar fatale Folgen hat

Ende Dezember 2019 Jahres hat die Bundesregierung die Besteuerung von Termingeschäften neu geregelt. Die Verlustverrechnung wird ab Januar 2021 massiv eingeschränkt. Sollte es danach zu einem ähnlichen Kurssturz kommen wie Anfang 2020, wären die Folgen katastrophal.

08.05.2020 | 07:30 Uhr von «Matthias von Arnim»

Als der Bundestag im Dezember 2019 kurz vor Weihnachten eine Gesetzesänderung beschloss und anschließend vom Bundesrat bestätigen ließ, die die steuerliche Verrechenbarkeit von uneinbringlichen Totalverlusten neu regelt, dachte wohl noch niemand an Corona. Die Parlamentarier schon gar nicht. Sonst wäre dieser gesetzgeberische Fauxpas vielleicht niemals passiert. Denn Kern des Gesetzes ist eine dramatisch schlecht durchdachte Änderung für die Verlustverrechnung bei Termingeschäften, die nur deshalb noch nicht ihre Wucht entfalten konnte, weil sie erst ab kommendem Jahr in vollem Umfang gilt. 

Bereits seit Januar greift die erste Stufe des Gesetzes. Demnach kann, wer wertlos verfallene Anteile oder Anleihen von Unternehmen oder verfallene Finanzderivate wie etwa Optionen besitzt, diese Verluste innerhalb eines Jahres nur noch bis zu einer Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen aus Kapitalgeschäften verrechnen. Weitere Verluste über diese Obergrenze hinaus können ins nächste Steuerjahr vorgetragen werden. Auch für die folgenden Jahre gilt jeweils die 10.000-Euro-Obergrenze. Das trifft vor allem Anleger, die in Crowdfunding-Projekten, Sachwerten oder Anleihen investiert sind, die wertlos verfallen. 

Ab 1. Januar 2021 wird die zweite Stufe der neuen Gesetzgebung starten: Verluste aus dem Handel mit Finanzprodukten, deren Wertentwicklung von Termingeschäften beeinflusst wird, können steuerlich nur noch mit Gewinnen aus ebensolchen Produkten oder mit Gewinnen aus Stillhaltergeschäften verrechnet werden. Auch hier gilt die Deckelung bei 10.000 Euro und der Regelung, dass Verluste über diesen Betrag hinaus nur bis zu einer Obergrenze von jeweils 10.000 Euro zur Verrechnung in die Folgejahre vorgetragen werden können. Im Klartext: Für Termingeschäfte wird ab 2021 ein eigener steuerlicher Verlustverrechnungstopf geschaffen, sodass es ab dem Januar 2021 drei voneinander getrennte Verlusttöpfe für unterschiedliche Anlageklassen gibt: Aktien, Termingeschäfte und andere Assetklassen wie Anleihen und Fonds (siehe Grafik).

Unangenehme Nebeneffekte

Ein paradoxer Effekt der Gesetzesänderung ist, dass Anleger, die im Laufe eines Jahres im Rahmen von verschiedenen Derivate-Geschäften per Saldo einen Verlust von mehr als 10.000 Euro erzielen, für dieses Jahr unter Umständen trotzdem Steuern bezahlen müssen. Konkretes Beispiel: Ein Anleger erzielt durch den Kauf und Verkauf von Optionen 20.000 Euro an Gewinnen und 40.000 Euro an Verlusten. Nach der neuen Regelung kann er jetzt aber nur noch 10.000 Euro an Verlusten geltend machen und weitere 30.000 Euro an Verlusten ins kommende Jahr übertragen, wovon er dann wieder nur 10.000 Euro an Verlusten mit möglichen Termingeschäftsgewinnen verrechnen kann. Dessen ungeachtet zahlt er 2.500 Euro Abgeltungsteuer plus Soli, obwohl er de facto ein wirtschaftliches Minus von 20.000 Euro erzielt hat.

Depotabsicherung wird unsinnig

Doch man muss gar keine extremen Szenarien bemühen. Auch ein konservativer Anleger oder sein Vermögensverwalter, der ein Wertpapierdepot mit Derivaten absichern will, ist unmittelbar betroffen: Denn die Gewinne aus den Termingeschäften werden voll versteuert, Verluste aber nur noch begrenzt angerechnet. Zudem entfällt die Verrechnung zwischen den Absicherungsgeschäften und dem abgesicherten Portfolio. Das würde die gängige Praxis der Absicherung in Zukunft unattraktiv machen. Bislang können Derivateverluste steuermindernd eingesetzt werden, auch für andere Kapitalverluste. Doch wenn die zur Depotversicherung eingesetzten Derivate verfallen, während das Depot zu hohen steuerpflichtigen Kursgewinnen führt, mindert dies den Ertrag des Gesamtdepots beachtlich. Wer Vermögen für die Absicherung im Alter aufbaut, erleidet so über die Jahre einen steuerlich bedingten Aderlass, da er keine Verlustvorträge aus den Absicherungsgeschäften gegenrechnen kann. Und dies sind nur zwei Beispiele, die Zweifel daran aufkommen lassen, dass die verantwortlichen Finanzpolitiker die Folgen ihrer Entscheidung bis zu Ende gedacht haben.

Ein Katalog an ungeklärten Fragen

Tatsächlich bleiben aber viele Frage offen. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass aufgelaufene Verluste niemals in voller Höhe mit Gewinnen verrechnet werden könnten. Das kann insbesondere dann passieren, wenn ein Verlustvortrag in sechsstelliger Höhe aufgelaufen ist, der erst nach zehn, 20 oder 30 Jahren vollständig durch Gewinnverrechnung abgetragen werden kann. Es ist theoretisch denkbar, dass ein Trader einen Großteil seiner über die Jahre gesammelten Verlustvorträge mit ins Grab nimmt. 

Welche Produkte sind betroffen?

Eine wichtige Frage ist auch, welche Finanzprodukte überhaupt betroffen sind. Das wird im Gesetz nicht eindeutig definiert und ist selbst im Mai 2020 immer noch nicht endgültig geklärt. Bislang gibt es nur eine Definition, die das Ministerium vor rund vier Jahren veröffentlicht hatte. Demnach umfasst der Begriff des Termingeschäfts in ihrer Lesart „sämtliche als Options- oder Festgeschäft ausgestalteten Finanzinstrumente sowie Kombinationen zwischen Options- und Festgeschäften, deren Preis unmittelbar oder mittelbar abhängt von dem Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren, dem Börsen- oder Marktpreis von Geldmarktinstrumenten, dem Kurs von Devisen oder Rechnungseinheiten, Zinssätzen oder anderen Erträgen oder dem Börsen- oder Marktpreis von Waren oder Edelmetallen. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Termingeschäft in einem Wertpapier verbrieft ist, an einer amtlichen Börse oder außerbörslich abgeschlossen wird. Zu den Termingeschäften gehören insbesondere Optionsgeschäfte, Swaps, Devisentermingeschäfte und Forwards oder Futures.“ 

Bei einer engen Auslegung dieser Definition wären also nicht nur Optionen und Futures, sondern auch Optionsscheine und Hebelprodukte, sowie alle anderen Produkte, die auf Termingeschäften beruhen, betroffen. So könnten auch synthetische ETFs und ETCs, die auf Swap-Geschäften basieren, und sämtliche Anlagezertifikate erfasst werden. Einen Vorteil hätte diese forsche Auslegung: Die Gruppe der Wertpapiere, deren Gewinne und Verluste sich dann miteinander verrechnen ließen, wäre deutlich größer als bei einer engen Begrenzung auf reine Termingeschäfte. Die Probleme der unterjährigen Steuerzahlung und die 10.000-Euro-Grenze bliebe jedoch bestehen – und zwar für fast alle Finanzprodukte. Für die Branche wäre das der Supergau. Experten aus der Finanzbranche gehen zwar im Moment nicht davon aus, dass das Gesetz tatsächlich so weit ausgelegt werden soll. Und auch verschiedene Stellungnahmen verantwortlicher Politiker aus dem Finanzministerium lassen nicht darauf schließen. Unmöglich ist es aber nicht.

Glück im Unglück

Aus Sicht von privaten Anlegern und Vermögensverwaltern muss man sagen: Zum Glück greift der zweite Teil des Gesetzes erst im Januar 2021. Denn viele Vermögensverwalter hatten die Augen offengehalten und im Januar und Februar, als sich das Ausmaß der Corona-Krise in China bereits abzeichnete, zur Absicherung der Kundenportfolios in großem Stil DAX-Futures verkauft. Als die Kurse dann einbrachen, konnten sie so die Verluste in den Depots begrenzen. Das allerdings wird ab dem kommenden Januar in dieser Form nicht mehr möglich sein. Gewinne aus Absicherungsgeschäften lassen sich dann nur noch sehr begrenzt mit anderen Verlusten verrechnen. Anleger müssten dann bei einem vergleichbaren Geschehen, wie es Anfang dieses Jahres passiert ist, eventuell sogar dann Gewinne versteuern, wenn sie wirtschaftlich Verluste zu verbuchen haben.

Hoffen auf Nachbesserung

Das Gesetz wurde bereits im Bundestag verabschiedet und hat auch schon den Bundesrat passiert. Die betroffenen Verbände arbeiten hinter den Kulissen aber eifrig daran, dass die Umsetzung durch die Finanzverwaltung nicht so strikt ausgelegt wird, wie es im schlimmsten Fall möglich wäre. Gelingt das nicht, ist es wahrscheinlich, dass eine Verfassungsklage angestrebt wird. Ansatzpunkte hierfür gibt es einige. Allein die unklare Definition, welche Finanzderivate überhaupt wie zu behandeln sind, ist verfassungsrechtlich angreifbar. Doch das Verfahren könnte sich über Jahre hinziehen. Aktuell ist das Kind jedoch erst einmal im Brunnen. Daran führt kein Weg vorbei.

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