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Wie sich der Sozialstaat ohne Steuererhöhungen bezahlen ließe

Steuern
Wie sich der Sozialstaat ohne Steuererhöhungen bezahlen ließe
07/2019
Roger E.A. Farmer
Project Syndicate

@ Feedback an Redaktion

Der aktuelle Wert der nicht gegenfinanzierten staatlichen Verbindlichkeiten der US-Regierung für die Rente und für Medicare liegt bei 46,7 Billionen Dollar; das ist rund zweieinhalbmal so viel wie das BIP der USA.

22.07.2019 | 12:15 Uhr

Laut anderen Schätzungen ist diese Zahl noch viel zu niedrig. Im Vereinigten Königreich ergibt eine ähnliche Berechnung durch das Adam Smith Institute einen Betrag von 1,85 Billionen Pfund Sterling – eine „versteckte Schuldenzeitbombe“. Und die Lage in der Schweiz, Frankreich, Belgien, Deutschland, Österreich und Spanien ist nicht viel anders. Es scheint, dass alle hochentwickelten Volkswirtschaften vor Problemen im Bereich der öffentlichen Finanzen stehen.

Vielleicht aber auch nicht

Was wäre, wenn man im Leben tatsächlich so etwas wie einen „Free Lunch“ gäbe, wenn man doch etwas einfach so geschenkt bekäme? Was wäre, wenn es eine Möglichkeit gäbe, Geld für Sozialprogramme wie Renten und Krankenversorgung aufzubringen, ohne zusätzliche Steuern zu erheben? Tatsächlich gibt es eine derartige Möglichkeit: Die nationalen Finanzministerien sollten Sozialfürsorgefonds einrichten, die zu niedrigen Zinssätzen Kredite aufnehmen und dieses Geld am Aktienmarkt investieren.

Laut einer Studie anhand von Daten aus hundert Jahren und 16 hochentwickelten Volkswirtschaften lag die Rendite von Aktieninvestments im Durchschnitt 6,96% über der von Staatsanleihen. Und es herrschte dabei zwischen den unterschiedlichen Ländern eine bemerkenswerte Einheitlichkeit. Dänemark wies mit 3,8% den geringsten Aufschlag aus, während dieser in Japan mit kolossalen 9,89% am höchsten war.

Es gibt Hinweise, dass der Aktienaufschlag in den letzten Jahren etwas geringer ausgefallen ist; gehen wir also von einer konservativen Schätzung von etwa 4% für die nächsten 50 Jahre aus. Dies würde bedeuten, dass die Regierungen von der Öffentlichkeit zu einem Satz von 4% unter dem Renditeniveau des Aktienmarktes Kredite aufnehmen können. Wie kann das sein, und warum hat nicht irgendein reicher Investor diesen Aufschlag durch Arbitrage ausgeglichen?

Es ist an dieser Stelle hilfreich, sich vorzustellen, dass die Vermögensmärkte existieren, um Handelstransaktionen zwischen unterschiedlichen Arten von Menschen zu ermöglichen, und insbesondere, um es jungen Menschen zu ermöglichen, für das Alter vorzusorgen. Ein derartiger Ansatz impliziert, dass Marktschwankungen nichts mit den wirtschaftlichen Rahmendaten zu tun haben. Vielmehr spiegeln sie die animalischen Instinkte der Anleger wider, die sich am Aktienmarkt in Kauf- und Verkaufsorgien ergehen, welche durch sich selbsterfüllende Wellen des Optimismus und des Pessimismus befeuert werden. Laut dieser Sicht der Märkte kommt es zu Marktschwankungen, weil fast alle Menschen, mit denen Sie und ich an den Finanzmärkten Geschäfte tätigen werden, noch nicht geboren sind.

In meinem Buch Prosperity for All bezeichne ich dies als das Fehlen eines Pränatalkontrakts. Man nehme einmal, den Tatsachen zuwiderlaufend, an, dass derartige Kontrakte tatsächlich existierten. In dieser fiktionalen Welt würden die Ungeborenen Vermögenswerte kaufen, die in schlechten Naturzuständen Renditen abwerfen, und in guten Naturzuständen würden sie einen Aufschlag bezahlen. Und – das kommt jetzt vielleicht als Überraschung – die Existenz derartiger Transaktionen allein würde Marktschwankungen bereits beseitigen. In der Realität allerdings sind Märkte schwankungsanfällig, weil die kommenden Generationen nicht in der Lage sind, Arbitrage-Gelegenheiten auszunutzen. Diese Gelegenheiten spiegeln sich im Aktienaufschlag wider.

Doch auch wenn künftige Generationen noch nicht geboren sind und daher nicht an den Vermögensmärkten handeln können, können die nationalen Finanzministerien das in ihrem Namen tun. Das ist der unübersehbare enorme „Free Lunch“, der sich uns bietet. Sie und ich, wir können ihn nicht nutzen, und Bill Gates oder George Soros können es auch nicht. Nur die Finanzministerien souveräner Staaten sind reich genug, um den Aktienaufschlag durch Arbitrage auszugleichen, denn nur sie können im Namen der ungeborenen Generationen Geschäfte tätigen.

Betrachten wir einmal das Vereinigte Königreich, um uns zu vergegenwärtigen, wie das in der Praxis funktionieren würde. Das britische BIP liegt bei ungefähr zwei Billionen Pfund Sterling, und der Wert aller im FTSE 100 Index gehandelten Aktien ist etwa genauso hoch. Das britische Finanzministerium müsste nun zunächst entscheiden, was für Vermögenswerte zu kaufen es bereit ist. Ich habe bei früherer Gelegenheit vorgeschlagen, dass es einen breit aufgestellten, marktwertgewichteten Indexfonds kaufen sollte, in dem jede börsennotierte Aktie vertreten ist. Das Finanzministerium würde dann Kredite aufnehmen und in den Indexfonds investieren.

Ich würde außerdem vorschlagen, dass das britische Finanzministerium klein anfängt – etwa indem es einen Sozialfürsorgefonds im Volumen von 100 Milliarden Pfund einrichtet. Geht man von einem Aktienaufschlag von 4% aus, so würde diese Menge Aktien im Durchschnitt einen jährlichen Ertrag von vier Milliarden Pfund abwerfen, also etwa so viel, wie das Vereinigte Königreich derzeit jedes Jahr an Erbschaftssteuer einnimmt. Das ist kein Kleingeld, aber auch nicht genug, um die Rentenlücke zu füllen.

Doch ließe sich das Programm, wenn ein Testlauf in dieser Größenordnung erfolgreich wäre, ausweiten. Wenn das Finanzministerium eine Billion Pfund aufnähme, was etwa 50% vom britischen BIP entspricht, und diese Summe in Indexfonds investierte, beliefe sich der zu erwartende Ertrag auf rund 40 Milliarden Pfund jährlich – nur geringfügig weniger, als das Vereinigte Königreich derzeit über die Körperschaftsteuer einnimmt. Das ist eine Menge Geld; der Barwert bei Aktivierung zu 4% beliefe sich auf eine Billion Pfund.

Und was wäre, wenn die Regierung einen Riesenverlust machen würde? Würde ein Markteinbruch um 10% oder 20% nicht die öffentlichen Finanzen des Vereinigten Königreichs verheeren?

Die Antwort ist nein. In den meisten hochentwickelten Volkswirtschaften belaufen sich die staatlichen Steuereinnahmen auf mindestens 40% vom BIP. Der Nettobarwert dieser Einnahmen, aktiviert zu 4%, liegt beim Zehnfachen vom BIP. Die Regierungen haben daher sehr tiefe Taschen, mit denen sie bei Bedarf die Märkte lenken können. Alternativ könnte sich ein nationales Finanzministerium entscheiden, seine Verluste aufzufangen, indem es eine größere Rezession einfach aussitzt. Schließlich können die Märkte nicht für länger irrational bleiben, als das Finanzministerium einer großen hochentwickelten Volkswirtschaft solvent bleiben kann.

Ich bin kein großer Fan staatlicher Interventionen an den Märkten. Wer behauptet, dass es so etwas wie einen „Free Lunch“ gibt, muss zunächst einmal erklären, was Regierungen tun können, das Privatpersonen nicht können. In diesem Fall ist die Erklärung einfach: Sie können Transaktionen im Namen der kommenden Generationen tätigen, die dazu führen, dass es uns allen besser geht. Das ist mit Sicherheit eine bessere Methode, wie die nationalen Finanzministerien für Sozialprogramme bezahlen können, als der Versuch, einer schon jetzt steuerlich überlasteten Bevölkerung jedes Jahr weitere 40 Milliarden Pfund abzupressen. 

Roger E.A. Farmer

Roger E.A. Farmer ist Professor für Ökonomie an der Universität Warwick, Forschungsdirektor am National Institute of Economic and Social Research und der Verfasser von Prosperity for All: How to Prevent FinancialCrises.

Copyright: Project Syndicate

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