Investieren in Schwellenländeraktien vor dem Hintergrund der neuen US-Politik (Foto: Bild von RalphAltripGermany auf Pixabay)
Schwellenländer

AB: Investieren in Schwellenländeraktien vor dem Hintergrund der neuen US-Politik

Unter Präsident Trumps Agenda werden nicht alle Unternehmen in den Schwellenländern leiden. Worauf Aktienanleger achten sollten.

17.02.2025 | 09:56 Uhr

Die Schwellenländer könnten besonders stark unter den politischen Vorhaben von US-Präsident Donald Trump leiden. Aber die Ungewissheit könnte Gelegenheiten in Aktien mit sich bringen, die weniger anfällig sind als vom Markt angenommen.

Wenn es nach den Märkten geht, ist Trumps Wahlsieg keine gute Nachricht für Schwellenländeraktien. Vom Wahltermin am 4. November bis zum 21. Januar ging der MSCI Emerging Markets (EM) Index um 4,0% zurück, während der S&P 500 Index um 6,2% stieg. Über einen Zeitraum von zweieinhalb Monaten klafft also eine gewaltige Differenz von 10,2 Prozentpunkten zwischen US- und Schwellenländeraktien.


Zölle und Wechselkurse bedeuten größere Hürden für Schwellenländeraktien

Die negative Stimmung ist verständlich. Seit er im Amt ist, wiederholte Trump sein Versprechen, Zölle auf Waren aus Mexiko und China einzuführen. Wenn, wie erwartet, der US-Dollar steigt und die Schwellenländerwährungen fallen, käme für Unternehmen aus Entwicklungsländern, die ihre Waren in die USA exportieren, eine zusätzliche Hürde hinzu. All dies folgt auf ein Jahrzehnt, in dem die Performance von Schwellenländeraktien schwächelte.

Während Trumps erster Amtszeit wiesen Schwellenländeraktien noch eine relativ gute Performance auf. Von seinem Amtsantritt am 20. Januar 2017 bis Januar 2021 lag der annualisierte Ertrag des MSCI EM Index bei 14,1% gegenüber 13,3% beim MSCI World Index.

Die Performance in der Vergangenheit schließt zukünftige Risiken zwar nicht aus, aus unserer Sicht besteht für Schwellenländeraktien aber mehr Hoffnung als allgemein angenommen. Es gibt durchaus ein paar Argumente, die man sich durch den Kopf gehen lassen sollte, bevor man diese Anlageklasse abschreibt.


Schlechte Nachrichten könnten schon eingepreist sein

2016, zu Beginn von Trumps erster Amtszeit, wusste niemand wirklich, was uns erwartet. Dieses Mal wurden seine politischen Pläne den Märkten klar und deutlich übermittelt, und trotz seiner Unberechenbarkeit haben wir eine genauere Vorstellung darüber, wie er vorgeht.

Daher glauben wir, dass viele schlechte Nachrichten bereits vom Markt eingepreist wurden. Schwellenländeraktien blieben im gesamten Jahr 2024 hinter Aktien aus den Industrieländern zurück. Die anschließenden niedrigen Bewertungen (Abbildung) spiegeln bereits die Erwartung wider, dass sich die Bedingungen für Schwellenländerunternehmen verschlechtern. Dennoch sind die Prognosen für das Gewinnwachstum 2025 in den Schwellenländern höher als in den Industrieländern. Zudem sind die Gewinnrevisionen auf einem Tiefpunkt, was historisch gesehen ein Signal für starke zukünftige Erträge ist.

Gewinnausblick und hoher Abschlag belegen das Erholungspotenzial der Schwellenländer
Gewinnausblick und hoher Abschlag belegen das Erholungspotenzial der Schwellenländer


Diese Signale bedeuten nicht, dass die Risiken nicht reell sind. Aber sie sind offensichtlich ein guter Grund anzunehmen, dass es durchaus Bereiche gibt, in denen Anleger unterbewertete Unternehmen mit attraktivem Ertragspotenzial finden können.


Zölle haben Exporten aus China nicht geschadet

US-Zölle gehörten schon lange vor Trumps zweiter Amtszeit zum Alltag der chinesischen Unternehmen. Seit 2016 – und auch unter der Biden-Regierung – mussten chinesische Unternehmen mit einem strengen Zollsystem leben.

Der Gedanke liegt nahe, dass der chinesische Handel darunter leidet. In Wirklichkeit ist Chinas Anteil an den weltweiten Exporten in den letzten Jahren gestiegen (Abbildung). Dieser Trend spiegelt die Anpassungsfähigkeit der chinesischen Unternehmen wider, die sie insbesondere unter Beweis gestellt haben, als sie ihre Lieferketten über Länder wie z. B. Mexiko und Vietnam umgeleitet haben. Chinesische Unternehmen, die ihre Lieferketten in den letzten Jahren strategisch neu aufgestellt haben, könnten gut positioniert sein, um mit den Zöllen und folglich geringeren Gewinnen zurechtzukommen.

Chinesische Unternehmen haben sich auf die Zölle eingestellt
Chinesische Unternehmen haben sich auf die Zölle eingestellt


Verarbeitendes Gewerbe bleibt in den Schwellenländern

Trumps Politik ist darauf ausgerichtet, die Industrie in die USA zurückzuholen. Aber egal welche Anreize US-Unternehmen geboten werden, halten wir es für unrealistisch zu erwarten, dass viele kostengünstige Industriebetriebe zurück in die USA verlagert werden.

Bekleidung, Spielwaren und selbst viele elektronische Bauteile werden sich außerhalb der USA immer noch kostengünstiger herstellen lassen. Höhere Zölle verändern nicht immer die Gegebenheiten im Wettbewerb. Anleger können nach Schwellenländerunternehmen Ausschau halten, die zurzeit als mögliche Opfer der neuen US-Politik gelten, aber ungeschoren davon kommen könnten. Und Länder wie Indien, Vietnam und Mexiko könnten sogar von Trumps Zöllen profitieren, was Anlegern in den Schwellenländern neue Gelegenheiten bescheren würde.


Kommen weitere chinesische Konjunkturpakete?

Das weiß niemand. Prognosen zur Politik Chinas sind immer schwierig. Unser aktueller Wissensstand ist folgender: Erstens kündigte China 2024 immense haushalts- und geldpolitische Anreize im Umfang von fast 6% des BIP an. Zweitens haben große chinesische Konjunkturpakete in der Vergangenheit Rallys am chinesischen Aktienmarkt nach sich gezogen, was auch die Erträge in anderen Schwellenländern angekurbelt hat.

Tatsächlich lagen chinesische Aktien dank der Konjunkturmaßnahmen im dritten Quartal 2024 im Aufwind und waren weltweiter Performance-Spitzenreiter. Von den haushalts- und geldpolitischen Maßnahmen des vergangenen Jahres profitieren die Wirtschaft und die Unternehmen immer noch. Natürlich ist die Wirtschaftsentwicklung in China nach wie vor träge. Aber wenn 2025 ein neues Konjunkturpaket aufgelegt wird, könnte dies die Dynamik der chinesischen Aktienmärkte – und anderer Schwellenländer – drastisch verändern.


Die meisten Schwellenländerunternehmen befinden sich außerhalb Chinas

Angesichts der Dominanz des Landes auf dem Weltmarkt neigen Anleger oft dazu, von Chinas Situation auf alle anderen Schwellenländer und die dortigen Unternehmen zu schließen. Wir halten das für einen Fehler.

Wer in den Schwellenländern anlegt, darf China nicht ignorieren. Schließlich handelt es sich um den zweitgrößten Wirtschaftsraum der Welt mit einer Gewichtung von 26,2% im MSCI EM Index Ende 2024. Aber in der Benchmark, dem MSCI EM Index, ist ein breites Spektrum an Unternehmen enthalten, von Schwergewichten wie Indien und Südkorea bis hin zu aufstrebenden Nationen wie Saudi Arabien und kleineren Indexkomponenten wie u. a. Brasilien, Griechenland und Polen. Anleger können sogar versteckte Juwelen unter nicht in der Benchmark enthaltenen Ländern finden, beispielsweise Kasachstan.

Unternehmen außerhalb Chinas sind im Fall einer Eskalation des Handelskriegs zwischen den USA und China Zollrisiken womöglich in geringerem Maße ausgesetzt. Die Wahrscheinlichkeit, von den US-Maßnahmen getroffen zu werden, ist bei manchen Gelegenheiten in Schwellenländerunternehmen, von Wegbereitern der künstlichen Intelligenz bis hin zu Unternehmen, die von der Reform in Südkorea profitieren, geringer. Und wenn man seinen Fokus erweitert, kann sich ein diversifiziertes Portfolio aus Schwellenländeraktien ergeben, das dazu beiträgt, die regionalen Risiken, die in manchen Schwellenländern bestehen, insbesondere dann zu reduzieren, wenn die Auswirkungen der US-Politik weitere Kreise ziehen.


Die Schwellenländer sind nach wie vor eine gute Alpha-Quelle

Uns ist klar, dass die Erträge der Märkte der Schwellenländer 2025 unter Druck geraten könnten. Schwellenländeraktien sind aber aus historischer Sicht eine sehr gute Quelle für Alpha – oder Erträge über dem Marktniveau – für versierte aktive Anleger (Abbildung).

Die Schwellenländer sind ein guter Boden für aktive Aktienfondsmanager
Die Schwellenländer sind ein guter Boden für aktive Aktienfondsmanager


Wie können aktive Anleger in der neuen Trump-Ära in den Schwellenländern erfolgreich sein? Der Schlüssel zum Erfolg besteht darin, das politische Risiko zu einem wesentlichen Bestandteil der Fundamentalanalyse zu machen. Achten Sie auf Unternehmen, die weniger von der US-Politik betroffen sind, beispielsweise Firmen, deren Hauptexportmarkt nicht die USA sind, oder solche, die wichtige Bauteile herstellen, für die es in den USA keine unmittelbaren Alternativen gibt. Unternehmen, die bereits unter Beweis gestellt haben, dass sie ihre Lieferketten optimieren können, können ebenfalls Wettbewerbsvorteile bieten, wenn die Handelsspannungen zunehmen.

Vor allem muss die Analyse des politischen Risikos von einem kohärenten, disziplinierten Titelauswahlprozess begleitet werden, um den allgegenwärtigen Pessimismus zu überwinden, der womöglich den Blick auf die versteckten Juwelen unter den Schwellenländern verstellt. Das bedeutet, sich auf hochwertige Unternehmen zu konzentrieren, die Merkmale wie Wettbewerbsvorteile, Preissetzungsmacht und ein kompetentes Management besitzen. Auf diese Weise können Anleger ihre Schwellenländer-Aktienportfolios so ausrichten, dass sie in einer sich schnell verändernden Welt eine gute Wertentwicklung und langfristige starke Erträge erbringen.


Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Recherchen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar und spiegeln nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider. Die Einschätzungen können sich im Laufe der Zeit ändern.

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