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Was ist mit Rochester?

Research
Was ist mit Rochester?
09/2019
Kenneth Rogoff
Project Syndicate

@ Feedback an Redaktion

Der Aufstieg von Megastädten als Zentren der Arbeitsplatzschaffung ist eines der bestimmenden Merkmale der Weltwirtschaft im 21. Jahrhundert. Allerdings ist diese Entwicklung nicht in allen Fällen positiv. Von Kenneth Rogoff

20.09.2019 | 08:20 Uhr

In den Entwicklungsländern bleibt die Urbanisierung - trotz der damit verbundenen gigantischen Herausforderungen (im Großraum Neu Delhi beispielsweise siedeln sich pro Jahr 700.000 neue Einwohner an) – die vielversprechendste Möglichkeit zur Linderung der Armut. In fortgeschrittenen Ökonomien allerdings, die auf der so genannten Lewis-Entwicklungskurve weit voran liegen, ist es schon viel weniger offensichtlich, dass die Konzentration wirtschaftlicher Chancen in immer weiter wachsenden Städten der richtige oder einzige Weg nach vorne ist.

Die Gründe, warum ökonomische Machtzentren wie New York, San Francisco und London wirtschaftlich immer dominanter wurden, sind wohl bekannt. Großstädte mit einem riesigen Angebot an interessanten Jobs, kulturellen Attraktionen und einem Nachtleben wirken wie ein Magnet auf junge unabhängige Arbeitnehmer. Und die Kombination aus einer großen Zahl hoch spezialisierter Arbeitskräfte und Unternehmen führt zu Netzwerk- und Agglomerationseffekten, die für kleinere Städte nur schwer zu erreichen sind, insbesondere in Bereichen wie Technologie, Biotechnologie und Finanzwesen.

Es bestehen jedoch auch Nachteile, insbesondere durch die hohen Lebenshaltungskosten – vor allem für Wohnraum – und die enormen Zeitverluste in Verkehrsstaus. Obwohl Architekten und Stadtplaner immer wieder einfallsreiche neue Entwürfe für Großstädte vorlegen, wird es zunehmend schwieriger, die enormen Belastungen der physischen Infrastruktur zu bewältigen. Unterdessen haben viele kleinere und mittelgroße Städte Probleme, ihre wirtschaftliche Dynamik zu bewahren. Die Stadt Rochester im Bundesstaat New York, wo ich aufwuchs, wird in dem interessanten neuen Buch Jump-Starting America der beiden MIT-Ökonomen Jonathan Gruber und Simon Johnson als eines von vielen Beispielen in diesem Zusammenhang prominent erwähnt.

In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg war Rochester eine der reichsten Städte der Vereinigten Staaten. Mit dort ansässigen Unternehmen wie Eastman Kodak, Xerox und Bausch and Lomb war Rochester ein Silicon Valley im Miniaturformat. Unglücklicherweise wurden diese Unternehmen zunächst von weltweiter Konkurrenz (vor allem aus Japan) und anschließend von technologischen Innovationen schwer getroffen: im Falle Kodaks durch Digitalkameras und im Fall von Xerox durch Heimkopierer und modulare Ersatzteile. Seit 1990 ist die Bevölkerung des Großraums Rochester nur geringfügig gewachsen und zählt heute weniger als 1,1 Millionen Menschen. Die Bevölkerungszahl der Stadt selbst ist von ihrem Spitzenwert von 300.000 auf 200.000 Einwohner geschrumpft.

Obwohl Rochester großartige Universitäten, ein Krankenhaus von Weltrang und ein national anerkanntes philharmonisches Orchester zu bieten hat, kämpft die Stadt im Wettbewerb mit den Großstädten an der Ostküste um dynamische arbeitsplatzschaffende Branchen und es fehlen zunehmend die Ressourcen, um die wachsenden städtischen Probleme zu bewältigen. So ringt beispielsweise die East High School (die ich besuchte) in den letzten Jahren darum, überhaupt geöffnet zu bleiben. Insgesamt kämpfen viele kleine und mittlere Städte mit der Abwanderung junger qualifizierter Arbeitskräfte sowie mit alternden Bevölkerungen und unzureichenden Steuereinnahmen.

Können nun die politischen Entscheidungsträger etwas unternehmen, um diese Städte attraktiver zu gestalten – sowohl im Hinblick auf Wachstumsförderung als auch hinsichtlich einer Verringerung des Bevölkerungsdrucks auf die Megastädte? Gruber und Johnson schlagen unter anderem vor, in mittelgroßen Städten von der amerikanischen Bundesregierung finanzierte Grundlagenforschungseinrichtungen anzusiedeln, die als  Talentmagnete und Drehscheiben für lokales Wachstum fungieren könnten. Jim O’Neill plädiert für die Schaffung regionaler Wirtschaftszentren in Großbritannien, indem man wie in China Hochgeschwindigkeitsverbindungen zwischen benachbarten Städten mittlerer Größe errichtet.

Diesen Ideen würde ich noch die verbesserte Durchsetzung kartellrechtlicher Bestimmungen hinzufügen. Nach Lage der Dinge würde nämlich ein neuer George Eastman (der Gründer von Eastman Kodak) oder ein neuer Joseph Wilson (der Gründer von Xerox) heute von  marktbeherrschenden Unternehmen überredet oder gezwungen (oder beides) werden, sich in einem etablierten Technologiezentrum anzusiedeln. Für Rochester würden sich weit weniger positive Nebeneffekte ergeben als dies sonst der Fall wäre. Ein Vorteil des kartellrechtlichen Ansatzes besteht darin, dass die Regierung keine Gewinner und Verlierer bestimmt, sondern nur sicherstellt, dass nicht immer dieselbe Region zum Zug kommt.

Ein zweiter zusätzlicher Schritt wäre die Investition staatlicher Mittel in die Schaffung hochwertiger kostenloser Online-Bildungsressourcen, insbesondere in technische Materialien aller Art. Das wäre mit Sicherheit ein viel besserer und stärker zukunftsorientierter Ansatz als eine Investition in kostenlose Colleges für alle, denn damit würde man anerkennen, dass Bildung und Umschulung im 21. Jahrhundert eine lebenslange Aufgabe ist. Ein wichtiger Beitrag wäre die Bereitstellung eines allgemein verfügbaren kostenlosen Basis-Internets (wie von den beiden Rechtswissenschaftlern Ganesh Sitaraman und Anne Alstott in ihrem neuen, zum Nachdenken anregenden Buch The Public Option vorgeschlagen).

Möglicherweise wird das Phänomen der alles an sich reißenden Megastädte nicht von Dauer sein. Bis etwa 1980 verlief der Trend schließlich genau in die entgegengesetzte Richtung; das lässt sich bis in die Anfänge der Massenproduktion von Automobilen zurückverfolgen, die dabei half, das Wachstum in kleinen Ballungsräumen anzukurbeln. Mit dem Aufstieg des PCs und des Internets war das freilich alles vorbei. Irgendwann wird wahrscheinlich eine Erfindung oder ein neues Geschäftsmodell auf der Bildfläche erscheinen, auf deren Grundlage sich das Versprechen der Telearbeit besser einlösen lässt – wie man räumlich weit entfernte Mitarbeiter vielleicht umfassender und kontinuierlicher in die Arbeit des Hauptbüros einbinden kann. Und vielleicht wird die globale Erwärmung die Kosten in den Küstenstädten in die Höhe treiben und die Winter in Rochester milder werden lassen.

Es bestehen viele Gründe, dem Aufstieg moderner Megastädte positiv gegenüberzustehen. Wenn sich der Trend jedoch fortsetzt, sind größere öffentliche und private Innovationen erforderlich, um eine ausgeglichenere lokale Wachstumsbilanz herzustellen. Die Notwendigkeit, derartige Entwicklungsprobleme anzugehen, ist nicht auf Schwellenländer beschränkt.

Kenneth Rogoff

Kenneth Rogoff ist ehemaliger Chefökonom des IWF und Professor für Ökonomie und Public Policy an der Universität Harvard.

Copyright: Project Syndicate

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