Ferdinand Dalhuisen, Managing Director und Co-Head of Private Equity bei Oddo BHF Asset Management, erklärt im Interview, wie Anleger über Private Equity-Investments potenziell von der Entwicklung ökologischer Lösungen profitieren können
30.11.2023 | 11:22 Uhr
TiAM FundResearch: Bei Investments, die sich ökologischen und sozialen Herausforderungen stellen, denken die meisten Anleger vor allem an grüne Aktien und Anleihen. Welche Rolle kann hier Private Equity einnehmen?
Ferdinand Dalhuisen: Der Klimawandel schreitet voran und es gibt keinen Planet B. Es muss also etwas geschehen. Daraus ergeben sich für Anleger aber auch Investitionschancen in Zusammenhang mit dem notwendigen ökologischen Wandel. Auch wenn dieser Megatrend weite Teile der Wirtschaft betrifft, dürfte ein überproportionaler Teil des Wachstums von Unternehmen kommen, die an Privatmärkten gehandelt werden. Und zwar einfach deshalb, weil es davon viel mehr gibt. In den USA beispielsweise weisen mehr als 15.000 Unternehmen einen Jahresumsatz von mehr 100 Millionen US-Dollar auf. Von den börsennotierten Unternehmen kommen nur 2.500 Unternehmen auf einen vergleichbaren Umsatz. Da immer mehr innovative Unternehmen der Börse fern bleiben, gibt es also viel Potenzial zu erschließen. Die Private-Equity-Branche hat schnell auf diese Entwicklung reagiert, weshalb es inzwischen eine große Auswahl von ESG-Kriterien berücksichtigenden Fonds gibt, die von erfahrenen und bekannten Private-Equity-Experten ins Leben gerufen wurden.
Welche Unternehmen und Branchen stehen dabei besonders im Fokus?
Hier geht es wesentlich um Firmen, die durch ihr Produkt- oder Serviceangebot strategisch als Lösungsanbieter zur ökologischen oder sozialen Transformation beitragen. Wie im 6. IPCC-Bericht herausgearbeitet wurde, gibt es wichtige Wirtschaftssektoren, die den Übergang unterstützen können, z. B. Energie, Industrie, Verkehr, Städte, Lebensmittel und natürliche Ökosysteme. Beispiele von für Private Equity interessanten Unternehmen können aus Bereichen kommen wie erneuerbare Energien inklusive grünem Wasserstoff und Energiespeicherung sowie der Wartung von Erneuerbaren Energieanlagen. Energieeffizienz ist ein weiteres Thema, insbesondere im Bereich der Software und (KI-gesteuerten) Analysetools, Smart City und intelligentem Bauen sowie der E-Mobilität. Ebenfalls relevant für Private Equity ist der Umgang mit und das Management von Ressourcen, zum Beispiel Umwelttechnologien, Abfall- und Kreislaufwirtschaft sowie nachhaltige Landwirtschaft inklusive Vertical Farming und alternativer Proteine.
Wie groß ist schätzungsweise der Investitionsbedarf?
Unseren aktuellen Schätzungen zufolge sind weltweit 5.000 Milliarden Euro an Investitionen erforderlich, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken, – pro Jahr! Rund 260 Milliarden Euro Investitionen jährlich sind nötig, damit Europa seine für 2030 gesteckten Umwelt- und Klimaziele erreicht. Hierfür werden auch Steuergelder aufgewendet, aber ein großer Anteil wird von privaten Investoren kommen.
Welche Wachstumschancen dürfen Anleger in diesem Segment erwarten?
Der Investitionsbedarf geht global mit hohem Wachstum für grüne Wirtschaftssektoren einher: erneuerbare Energien dürften von 2018 bis 2025 um acht Prozent jährlich wachsen, für den Themenbereich Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Landwirtschaft wird mit einem jährlichen Wachstum von zehn Prozent zwischen 2017 und 2025 gerechnet. Bei nachhaltiger Mobilität werden für den Zeitraum von 2017 bis 2025 Wachstumsraten von 32 Prozent geschätzt. Für die Einschätzung des langfristigen Wachstums ist auch das regulatorische Umfeld ausschlaggebend. Die Energiewende wird durch Gesetze und Verordnungen vorangetrieben. So sieht zum Beispiel eine neue EU-Verordnung vor, dass bis Ende 2025 auf den wichtigsten Verkehrskorridoren der EU alle 60 Kilometer eine Schnellladestation installiert sein muss und bis Ende 2027 auf der Hälfte des Streckennetzes für schwere Nutzfahrzeuge. Ladeinfrastruktur ist daher zum Beispiel auch ein Thema für unsere Strategien.
Wie unterscheidet sich Private Equity bei der Förderung von ESG-Zielen von Anlagen in grünen Aktien und Anleihen?
Während Aktien und Anleihen in der Regel börsentäglich gehandelt werden können, müssen Anleger sich für Anlagen in Private Equity Anlagen länger binden. Das hat auch einen guten Grund: Denn die Unternehmen sollen ja Zeit haben sich weiterzuentwickeln. Daher sind Private-Equity-Investments nicht geeignet für Anleger, die über ihr Kapital täglich verfügen möchten. Wer aber die Illiquidität in Kauf nimmt, kommt auch in den Genuss der in Studien nachgewiesenen Prämie in Form potenziell höherer Erträge und einer potenziell geringeren Volatilität im Vergleich zu klassischen Aktieninvestments. Außerdem bietet Private Equity einen möglichen Zugang zu Unternehmen, die mit innovativen Technologien den Energiewandel und die effiziente Nutzung von Energie vorantreiben. Nicht immer finden sich solche Lösungsansätze bei börsennotierten Unternehmen.
Bisher sind Private Equity-Investments institutionellen und professionellen Investoren vorbehalten. Wie können Privatanleger davon profitieren?
Mit der regulierten Version von ELTIF, das ursprünglich dafür gedacht war EU-weit die privaten Investitionen in Infrastrukturvorhaben voranzutreiben, wird es erheblich einfacher auch Private-Equity-Fonds Privatanlegern zugänglich zu machen, und zwar über die gewohnten Vertriebskanäle und Depotführungsstellen. Da wir uns als Anbieter von Private-Equity- und Private-Debt-Lösungen für institutionelle Anleger schon etabliert haben, war es ein logischer nächster Schritt nun auch Privatanleger diese Expertise zu erschließen. Daher planen wir, einen ELTIF-Fonds aufzulegen.
Ferdinand Dalhuisen, Managing Director, ist seit Januar 2018 Mitglied des Private-Equity-Teams von ODDO BHF Asset Management. Zuvor war er sieben Jahre lang bei Deutsche Bank Private Equity tätig, zuletzt als Global Co-Head of Primary Fund Investing. Davor arbeitete er als Investment Manager bei Golding Capital Partners, einem Private Equity Fund of Funds mit Sitz in München. Er begann seine Karriere im Bereich Corporate Finance bei der Credit Suisse in London. Er hat einen MBA von INSEAD und Bachelor-Abschlüsse in Jura und Russisch der Oxford University.
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