Schroders: Ökologischer Wandel setzt Unternehmen unter Druck

Nachhaltigkeit

Klimabedingte Ereignisse, höhere Steuern zur Bekämpfung der Ungleichheit zwischen den Generationen und schwierigere Bedingungen für übermäßig verschuldete Unternehmen werden weiter an Bedeutung gewinnen.

28.12.2018 | 13:00 Uhr

Nachhaltigkeitsexperten sträuben sich normalerweise dagegen, Marktausblicke zu verfassen, denn letztendlich geht es um die langfristige Entwicklung... Wir von Schroders vertreten jedoch die These, dass sich der ökologische und gesellschaftliche Wandel beschleunigt und die Unternehmen deshalb immer größere Schwierigkeiten meistern müssen. 

Im Jahr 2018 gab es zahlreiche Belege hierfür. So hat der Populismus im Gleichschritt mit den globalen Temperaturen weiter zugenommen. Es gibt kaum noch Rückzugsmöglichkeiten für Unternehmen, die nicht nachhaltig wirtschaften: Technologieunternehmen, die in der Vergangenheit nahezu unantastbar erschienen, müssen plötzlich höhere Steuern und eine stärkere Regulierung hinnehmen und vor dem US-Kongress unangenehme Fragen beantworten.

Analysen und Prognosen zu den Faktoren Umwelt, Soziales und Governance (ESG) sind deshalb für die Anleger wichtiger denn je. 

Umwelt: die physischen Risiken des Klimawandels

Die meisten von Ihnen sind vermutlich der Ansicht, dass der Klimawandel langfristig das wichtigste Thema darstellt. Ein Großteil der diesbezüglichen Analysen beschäftigt sich mit weit entfernten Risiken und mit den Maßnahmen, die bis 2030 ergriffen werden müssen: eine Ewigkeit für die Märkte.

Ein Aspekt des Klimawandels manifestiert sich jedoch bereits hier und heute: So wird erwartet, dass mit den steigenden Temperaturen auch die physischen Verluste aufgrund extremer Wetterereignisse zunehmen. Dies dürfte insbesondere für das Jahr 2019 gelten, denn Experten gehen davon aus, dass das Klimaphänomen El Niño auftreten wird. Die Folge sind höhere Temperaturen und eine zunehmende Wahrscheinlichkeit extremer weltweiter Wetterbedingungen. 

Steigende Temperaturen, Emissionen, Naturkatastrophen und wirtschaftliche Schäden

Anleger blenden gerne aus, dass die physischen Vermögenswerte und die Infrastruktur von Unternehmen anfällig sind für schwerwiegende Unterbrechungen und Schäden, die eine direkte Folge drastischer Wetterverhältnissen sind. Da uns diese Bedrohungen bewusst sind, haben wir ein Rahmenwerk für physische Risiken entwickelt und auf 10.000 Unternehmen weltweit angewendet. Damit wird der Betrag berechnet, den Versicherungsgesellschaften zahlen müssten, um ihre physischen Vermögenswerte vor witterungsbedingten Gefahren zu schützen.

Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass die Sektoren Öl und Gas, Versorger sowie Grundstoffe den physischen Auswirkungen des Klimawandels am stärksten ausgesetzt sind. In diesen Sektoren belaufen sich die potenziellen Kosten für die Versicherung physischer Vermögenswerte auf mehr als 3 % ihrer Marktwerte. Für die Sektoren Technologie, persönliche Gebrauchsgüter und Haushaltsartikel sowie das Gesundheitswesen sind die Risiken am geringsten.

Es häufen sich die Belege dafür, dass der Klimawandel die natürlichen Wetterlagen verschlimmert und wir künftig wahrscheinlich häufiger mit schwierigen Wetterbedingungen zu kämpfen haben werden. Das gilt nicht nur für 2019 und das mögliche Auftreten von El Niño, sondern auch für die Jahre darüber hinaus. Dies könnte bedeutende Folgen für Anleger haben.

Auswirkung des Klimawandels auf Unternehmenswerte

Soziales: Unternehmen werden die Last der „Youth Challenge” tragen

Viele Menschen sind der Ansicht, dass das „S” in ESG am schwierigsten zu analysieren ist. In diesem Bereich haben wir jedoch die meisten Erfolge verbucht: Wir haben das Wachstum der existenzsichernden Löhne im Jahr 2014 prognostiziert, die Einführung der Zuckersteuer 2015 und die Auswirkungen des zunehmenden Protektionismus auf die globalen Lieferketten im Jahr 2016. Unsere sozialen Prognosen waren in der Vergangenheit also recht überzeugend, was die Messlatte deutlich anhebt.

Eine der größten Herausforderungen in diesem Bereich ist unseres Erachtens die sich abzeichnende Ungleichheit zwischen den Generationen. Die Bevölkerung der Industrienationen wird älter, wodurch höhere Kosten auf uns zukommen. Die entsprechenden Gesundheits- und Pensionskosten steigen nahezu exponentiell an. Die Inflation der Vermögenspreise und niedrige Zinsen haben die „Generation Miete” hervorgebracht (diese Bezeichnung rührt daher, dass viele junge Menschen Schwierigkeiten beim Erwerb ihrer eigenen vier Wände haben).

Da sich die jüngeren Generationen in der Vergangenheit weitgehend nicht an Wahlen beteiligt haben, wurden diese Themen von den politischen Entscheidungsträgern zuweilen vernachlässigt. Die jüngsten Wahlen deuten darauf hin, dass sich dieser Trend umkehrt. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Regierungen immer stärker unter Handlungsdruck geraten werden. 

In Anbetracht der aktuellen Finanzlage vieler Regierungen wird es nicht leicht sein, Lösungen für die jüngeren Wähler anzubieten. Wir können davon ausgehen, dass die Unternehmen einen Großteil dieser Last schultern müssen – wahrscheinlich in Form höherer Pensionsbeiträge, einer stärkeren Wohnbauförderung für jüngere Arbeitnehmer und eines größeren Schulungsbedarfs. 

Wir erwarten nach wie vor, dass Unternehmen und Verbraucher an zahlreichen Fronten mit höheren Steuern konfrontiert werden. Beispielsweise steigen die CO2-Steuern weiter an. Allerdings nicht in dem Tempo, das unseres Erachtens erforderlich wäre, um den Klimawandel wirklich zu bekämpfen. Es hat nicht den Anschein, dass die Welt im Jahr 2019 für die Besteuerung von Fleisch bereit sein wird. Aufgrund der damit einhergehenden gesundheitlichen und ökologischen Vorteile schließen wir dies mittelfristig jedoch nicht aus.

Governance: Die Verschuldung könnte uns noch schwer zu schaffen machen

Wir waren in diesem Jahr etwas überrascht, als wir uns den Schuldenstand angeschaut haben und feststellen mussten, dass die Aktienkurse von relativ hoch verschuldeten Unternehmen nicht abgestraft wurden. Der gegenwärtige Kredit- und Konjunkturzyklus hält bereits einige Zeit an. Das bedeutet, dass sich nur wenige der derzeitigen Manager und Vorstände daran erinnern können, welche Schwierigkeiten ein hoher Verschuldungsgrad bereiten kann, wenn sich das Zins- oder Geschäftsumfeld ändert.

Eine Studie von Bernstein (24. Oktober 2018) lässt den Schuldenstand der Unternehmen in einem rosigen Licht erscheinen. Daraus geht hervor, dass immer weniger Unternehmen Probleme damit haben, ihre Schulden zu bedienen, weil ihre betrieblichen Erträge weit über ihren Zinskosten liegen. In den nächsten drei Jahren müssen jedoch 25 – 45 % dieser Kredite umgeschuldet werden (das bedeutet, dass bestehende Kreditvereinbarungen auslaufen und erneuert werden müssen). In Anbetracht steigender Zinsen könnte dies Schwierigkeiten bereiten. 

Es ist richtig, dass mehr langfristige Verbindlichkeiten verzeichnet werden als je zuvor. Bei einigen Unternehmen reichen jedoch schon geringfügige Zinserhöhungen oder leichte betriebliche Einbrüche aus, um merklich härtere Bedingungen zu schaffen.

Fazit: steigender Handlungsdruck

Auch wenn viele der hier dargelegten Themen langfristiger Natur sind, bergen einige von ihnen unmittelbare Risiken für Unternehmen, der sich die meisten Anleger nicht bewusst sind.

Der schnelle und breit angelegte ökologische und soziale Wandel dürfte alle Unternehmen zunehmend unter Druck setzen, sei es aufgrund ökologischer und sozialer Faktoren oder im Zusammenhang mit Governance-Themen. Deshalb sind wir der Ansicht, dass ESG-Analysen und -Prognosen für Anleger auf der ganzen Welt weiterhin an Bedeutung gewinnen werden.


Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Der Beitrag wurde am 27.12.18 auch auf schroders.com veröffentlicht.

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