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Europas ESG-Chance

Europas ESG-Chance
Nachhaltigkeit
Europas ESG-Chance
03/2021
Olivia Grégoire und Bertrand Badré
Project Syndicate

@ Feedback an Redaktion

Das Finanzwesen entwickelt sich derzeit verstärkt in Richtung Nachhaltigkeit, und das gerade noch rechtzeitig. Pensionsfonds, Versicherungsgesellschaften und Staatsfonds bekennen sich vielfach zu Klimaschutz, Biodiversität und wirtschaftlicher Inklusion.

01.03.2021 | 07:45 Uhr

In jedem Fall geht es darum, Finanzierung nicht als Selbstzweck, sondern als Instrument zu betrachten sowie Ziele zu verfolgen, die weit über die finanzielle Rendite hinausgehen.

Heute sind weltweit über40,5 Billionen Dollar auf Grundlage ökologischer, sozialer und Governance-Prinzipien (ESG) investiert. Doch wer definiert, was ein ESG-Investment ist, und inwieweit können wir den ESG-Erklärungen der Unternehmen vertrauen? Wir benötigen eine Reihe wirklich globaler ESG-Standards – und Europa kann und sollte eine führende Rolle bei deren Formulierung und Umsetzung spielen.

Die nichtfinanzielle Leistungsbewertung von Unternehmen ist bei weitem nicht nur eine technische Angelegenheit, sondern eine zutiefst politische Frage. Der erste Schritt besteht in der Auswahl der Indikatoren zur Messung der ökologischen oder sozialen Leistung eines Unternehmens. Dann stellt sich die Frage nach der Festlegung grundlegender ESG-Standards, deren Einhaltung von allen Unternehmen verlangt werden soll, die in Europa, den USA oder China Geschäfte machen wollen, sowie die Definition eines Referenzrahmens, der die Finanz- und Investitionsströme direkt beeinflussen wird.

Die Konzeption derartiger Indikatoren ist ein unschätzbares Instrument für den Aufbau von Souveränität. Europa, das in vielerlei Hinsicht weltweit in den Bereichen Umwelt und Soziales tonangebend ist, sollte daher die Chance ergreifen und sich für eine andere Art von Souveränität einsetzen, die als Ausgangspunkt für globale Initiativen dienen kann.

Seit der französische Präsident Emmanuel Macron in einer Rede im Jahr 2017 für den Aufbau einer europäischen Souveränität plädierte, hat sich die Sichtweise der Europäischen Union hinsichtlich dieses Themas deutlich verändert. Heute präsentieren sich die Mitgliedsstaaten weit weniger ambivalent, wenn es darum geht, die europäische Souveränität zu verteidigen, sei es als Reaktion auf entstehende digitale Monopole, auf die wirtschaftlichen Risiken des Brexit oder die Bedrohung der öffentlichen Gesundheit durch Covid-19.

Zum Schutz seines Modells und seiner Werte darf Europa nicht mehr nur auf Ereignisse reagieren, sondern muss proaktiv Maßnahmen konzipieren und umsetzen, die auch über die Grenzen des Kontinents wirksam sind. Die Bewertung der nichtfinanziellen Leistung von Unternehmen kann Teil einer entschlosseneren Souveränität werden, die es Europa auch ermöglichen würde, ebenso vordringliche Themen wie Klimawandel, soziale Probleme und sich verändernde geopolitische Ausrichtungen anzugehen.

So hat sich die EU beispielsweise weitreichende Umweltziele gesetzt – bis spätestens 2050 will sie etwa CO2-neutral sein. Zu diesem Zweck hat sie vor kurzem eine so genannte grüne Taxonomie entwickelt. Dabei handelt es sich um eine standardisierte Systematik, anhand derer die Nachhaltigkeit von 70 Wirtschaftsaktivitäten beurteilt werden kann, die zusammen für 93 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich sind.

Im Bereich Soziales führte die EU im Jahr 2000 die Grundrechtecharta ein und verkündete im Jahr 2017 die Europäische Säule sozialer Rechte – womit sie ihren Bürgern neue und wirksamere Mittel in die Hand gab, um gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt, faire Arbeitsbedingungen und besseren sozialen Schutz zu gewährleisten. Und im Oktober 2020 stellte die Europäische Kommission eine EU-Richtlinie vor, um für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Mitgliedsstaaten angemessene Mindestlöhne zu gewährleisten.

Aber auch hier manövriert sich Europa in eine defensive Situation. Obwohl Europa seine Souveränität durch den Aufbau eines derartigen ökologischen und sozialen Rahmens schützt, verspürt es keine Lust, diesen Ideen auch anderswo zum Durchbruch zu verhelfen. Doch in einer globalen Wirtschaft, in der jedes Land versucht, Standards zu seinem eigenen Vorteil zu gestalten, geht es nicht nur darum, ein Modell zu verteidigen, sondern es der Welt als Grundlage für weitere Diskussionen zu präsentieren.

Seit ihrer Gründung wurde die EU vielfach für ihre Schwerfälligkeit und Bürokratie kritisiert. In einer aus 27 souveränen Staaten bestehenden Union ist allerdings jede Entscheidung zwangsläufig das Ergebnis von Verhandlungen und Kompromissen. Außerdem sollten Entscheidungen darüber, was gutes oder schlechtes Verhalten in Bezug auf eine Norm darstellt, nicht leichtfertig getroffen werden. Ironischerweise könnte daher Europas integratives Governance-Modell einen Wettbewerbsvorteil bei der Gestaltung globaler ESG-Standards darstellen.

Mit seinem großen und florierenden Binnenmarkt, der hohen Sparquote und dem mächtigen Finanzsektor kann Europa diese Standards potenziell durch eine Vorgehensweise nach dem Motto „Normen vor Gewalt” erreichen, wie Zaki Laïdi diese Entwicklung nennt. Dabei handelt es sich um das genau Gegenteil traditioneller politischer und militärischer Macht oder wie Laïdi es formuliert: „Die Fähigkeit, einen weltweit gültigen Normen-Mechanismus hervorzubringen und zu etablieren, der in der Lage ist, die Welt zu strukturieren und unbotmäßiges Verhalten aufstrebender Akteure einzudämmen, um denjenigen, die sich an die Regeln halten – insbesondere den weniger Mächtigen – reichlich Gelegenheit zu bieten, die Normen gegenüber allen, einschließlich der Mächtigen, durchzusetzen.”

Da die Messung der nichtfinanziellen Leistung weit über simple Buchführung hinausgeht, kann der Übergang zu einem ökologisch und sozial nachhaltigeren Kapitalismus auf Grundlage von Transparenz und der gemeinsamen Verantwortung der Mitwirkenden zum Leitmotiv einer neuen europäischen Identität werden.

Zu einer Zeit, da Europa versucht, seine internen politischen Spaltungen hinter sich zu lassen, verfügt die EU über die Möglichkeit, ihre ökologischen und sozialen Werte zu bekräftigen, ohne von den Mitgliedsstaaten zu verlangen, ein bestimmtes Wirtschaftsmodell zu unterstützen, sondern lediglich, sich an einen ergebnisorientierten Ansatz zu halten. Trotz aller historischen und kulturellen Unterschiede verfügen die Mitgliedsstaaten über viele gemeinsame Werte, die es ihnen ermöglichen, sich bei Themen wie der Gleichstellung der Geschlechter oder dem Umweltschutz auf das Wesentliche zu einigen.

Einer der Gründerväter der europäischen Integration, Jean Monnet, glaubte, dass Souveränität nachlässt, wenn sie in alten Mustern verhaftet ist. Da die EU eine Art von Souveränität entworfen hat, die sich grundlegend von bisher erprobten Governance-Modellen unterscheidet, muss sie nun ihre Lebendigkeit unter Beweis stellen und ihre Macht über den Binnenmarkt hinaus ausweiten.

Mehr als jedes andere Rechtssystem sollte sich die EU neue Normen zu eigen machen, anstatt sich davor zu fürchten. Durch die erforderliche Bewertung der ökologischen und sozialen Auswirkungen von wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens vor Gewährung des Zugangs zum EU-Markt, hätte die EU die einmalige Gelegenheit, sowohl die Einzigartigkeit als auch das Ausmaß ihrer Souveränität zur Geltung zu bringen.

Damit würde Europa zu einer zwangsläufig weltweiten Debatte über den Übergang zu einem nachhaltigen, belastbaren und integrativen kapitalistischen Wirtschaftsmodell beitragen. Dieses Ziel war implizit in den Zielen nachhaltiger Entwicklung und dem 2015 verabschiedeten Pariser Klimaabkommen enthalten. Wir haben nun die Pflicht, es explizit zu artikulieren.

Copyright: Project Syndicate

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