ODDO BHF AM verabschiedet sich von Kohle-Investments

Nachhaltigkeit

Kohle ist das größte Problem, das jede kohärente Strategie zur Bekämpfung der globalen Erwärmung adressieren muss. Angesichts dessen hat ODDO BHF AM beschlossen, Kohle aus seinen Portfolios mit integriertem ESG-Ansatz auszuschließen.

17.05.2019 | 10:12 Uhr

Die meisten großen internationalen Institutionen sind sich darin einig, dass Untätigkeit enorme und vor allem irreversible wirtschaftliche Folgen hätte. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) stammten 2017 rund 30% der weltweiten CO2-Emissionen aus der Kohleverbrennung.

Abgesehen von den ökologischen Auswirkungen steckt der Kohlebergbau mittel- und langfristig auch aus mindestens drei weiteren Gründen in einer Sackgasse: zunehmende Zweifel an der wirtschaftlichen Tragfähigkeit, das Risiko der Bewertung der betroffenen Vermögenswerte, steigende und damit bald nicht länger akzeptable negative externe Kosten.

Der Abschied von der Kohle als Energiequelle ist ökonomisch sinnvoll. Zu diesem Ergebnis kommt eine akademische Studie aus dem Jahr 20141. Neben der Notwendigkeit staatlicher Subventionen und eines hinreichend hohen Kohlepreises weist die Studie auch nach, dass eine wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Bilanz für eine Reihe von Ländern, wie Russland, USA und Australien (die immerhin rund 25% der globalen Kohleproduktion ausmachen), bereits negativ ausfällt.

Verhältnis Produktionskosten/Umsatz – Kohle versus Öl

Untermauert wird dies von Zahlen der Internationalen Energieagentur und der Weltbank. Demgemäß belaufen sich in diesen drei Ländern die Kosten allein der Förderung bereits auf das 1,4- bis 2,7-Fache der Erträge aus dem Kohleabbau. Obgleich die Gleichung für große produzierende Länder, insbesondere China und Indien, vorerst positiv ausfällt, dürfte sich dies mittelfristig ändern, wenn die Arbeitskosten steigen oder wenn man die notwendigen Investitionen in neue Betriebsstätten mit einberechnet. Zum Vergleich: Das Verhältnis der Produktionskosten zu den Erträgen liegt in den USA rund sechs Mal, in Australien und Russland zehn Mal niedriger.

In der europäischen Union beispielsweise, mit Deutschland und Polen viertgrößter Kohleproduzent der Welt, werden alle Anlagen bis 2030 unprofitabel werden.2

Bewertung der Vermögenswerte zunehmend ein Finanzrisiko

Das mit stranded assets“ verbundene Finanzrisiko ist sowohl für Kohleproduzenten als auch für Aktionäre/Gläubiger erheblich. Sollten sich die regulatorischen Vorgaben zu CO2-Emissionen weiter verschärfen und das Pariser Klimaabkommen langfristig eingehalten werden, dürften die meisten der nachgewiesenen Kohlevorkommen am Ende ungenutzt bleiben. Zwar tragen die Erzeuger jetzt die Kosten der Erkundung und Erschließung ihrer Reserven, werden hiervon jedoch in Zukunft nicht profitieren können, was beträchtliche Finanzverluste von mehreren Milliarden Dollar nach sich ziehen wird.

267 Mrd. USD

Potenzielle Verluste aus mit Kohle verbundenen Vermögenswerten, sollte das 2°C-Ziel des Pariser Abkommens eingehalten werden

Risiko von „stranded assets“ nach Ländern bei einem Szenario einer Erderwärmung von unter 2°C

In einigen Ländern ist zudem der Kohleausstieg bereits Bestandteil des zur Umsetzung des Pariser Abkommens verabschiedeten Klimafahrplans bis 2030: Kanada, Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, Mexiko, die Niederlande, Neuseeland, Portugal, Schweden, Schweiz und Großbritannien. Deren Anteil an der weltweiten Kohleproduktion ist zwar vernachlässigbar (rund 1,5%). Der Abschied von der Kohle führt jedoch zur Schließung von Kohlekraftwerken. Damit wird auch die Nachfrage nach Kohle sinken

„Stranded assets“

Erstmals verwendet wurde der Begriff „stranded assets“ 1998 vom Haushaltsbüro des US-Kongresses zur Bezeichnung der Abwertung von Vermögenswerten von Energieunternehmen als Folge der weitreichenden Liberalisierung des Strommarktes in den 1990ern.

Im Jahr 2013 definierte die Internationale Energieagentur (IEA) „stranded assets“ als „bereits getätigte Investitionen, die aufgrund regulatorischer Änderungen oder klimapolitisch bedingt geänderter Marktbedingungen ab einem gewissen Punkt vor Ablauf ihrer jeweiligen (zum Zeitpunkt der Investition angenommenen) wirtschaftlichen Nutzungsdauer nicht länger einen hinreichenden  Ertrag  abwerfen.” In Großbritannien  spricht die Oxford Universität von „Vermögenswerten, die eine unerwartete oder vorzeitige Abwertung oder Wertberichtigung erfahren und/oder zu Verbindlichkeiten werden.”

Seitdem wurde dieses Konzept von diversen Institutionen und Organisationen im Energiesektor aufgegriffen. Heute spielt es für Industrieunternehmen aus dem Energiesektor wie auch für Anleger, als Aktionäre bzw. Gläubiger derselben Unternehmen, eine wichtige Rolle bei der Energiewende hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft.

Zunehmend unerwünschte Nebenwirkungen

Der Verzicht auf Abbau und Nutzung von Kohle ist ein zentrales Element des Klimaszenarios internationaler Organisationen und Institutionen, die sich mit der Klimaerwärmung befassen (IPCC, IEA und diverse NGOs). Zum Beispiel sieht die Internationale Energieagentur in ihrem Modell eine Senkung der globalen Kohleproduktion bis 2040 um 46% als einzige Möglichkeit, die Klimaerwärmung auf unter 2°C bis 2100 zu begrenzen.

Neben hohen CO2-Emissionen haben der Abbau und die Nutzung von Kohle noch weitere negative ökologische und soziale Folgen: Wasser- und Bodenverschmutzung, die Erzeugung gefährlicher Abfälle (Schwermetalle wie  Chrom, Quecksilber oder  Arsen), die  Einschränkungen von  Menschen- und Arbeitnehmerrechten sowie gesundheitliche Beeinträchtigungen.

nebenwirkungen

Auf europäischer Ebene beispielsweise war Kohle im Jahr 2016 für rund 13% der CO2-Emissionen, rund 12.200 vorzeitige Todesfälle und Gesundheitskosten in Höhe von 18,6 Mrd. € verantwortlich. Alleine in Deutschland bedeutete dies 4.238 Todesfälle und Gesundheitskosten in Höhe von 6,4 Mrd. €3

Das vollständige Paper zum Download mit den Themen "Zukunft im Visier: Ausschluss von Kohle – die Position von ODDO BHF AM" und "Fragen an den Experten zu den physischen Risiken von Kohle".

 1  Closing Coal: Economic and Moral Incentives”, Centre for Climate Change Economics and Policy at Grantham Institute, Mai 2014.

 Powering down coal: Navigating the economic and financial risks in the last years of coal power”, Carbon Tracker Initiative, November 2018

“Lignite Coal – health effects and recommendations from the health sector”, Health and Environment Alliance (HEAL), November 2018

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