Disruptionen beginnen oftmals mit einer bahnbrechenden Idee. Im Jahr 2008 schlug Satoshi Nakamoto ein dezentrales, elektronisches Zahlungssystem vor.
24.06.2021 | 12:44 Uhr
Nakamoto entwarf ein Netzwerk von gleichberechtigten Teilnehmern, in dem die Transaktionen zwischen den Teilnehmern in einer verteilten Datenbank gespeichert und in Datenblöcken zusammengefasst werden. Die Kette an Transaktionen wird als „Blockchain“ bezeichnet, die über eine Open Source Software und dezentrale Netzwerkknoten von einer Vielzahl von Teilnehmern betrieben wird.
Sogenannte „Miner“ überprüfen die Transaktionen, sammeln diese in Transaktionsblöcken und verschlüsseln diese über einen Code, der als „Hash“ bezeichnet wird. Dieser Prozess wird als „Proof-of-Work“ bezeichnet, der viel Rechenleistung und damit Energie kostet. Die Miner werden für Ihre Arbeit mit Bitcoins entlohnt. Die maximal mögliche Anzahl an Bitcoins beträgt 21 Millionen. Derzeit sind rund 19,1 Millionen Bitcoin im Umlauf. Der letzte Bitcoin wird vermutlich im Jahr 2140 geschaffen. Multipliziert man die Anzahl der ausstehenden Bitcoins mit dem bisherigen Höchstkurs am 15.4.2021 in Höhe von 63.410 USD, dann ergibt sich ein Bitcoin-Vermögen in Höhe von rund 1,2 Billionen USD.
Ökonomen sprechen von einer spekulativen Blase, wenn Vermögenspreise sich von ihren Fundamentaldaten entkoppeln. Tatsächlich erinnert der Chartverlauf des Bitcoins von nicht einmal 10 Cents im Juli 2010 auf über 60.000 USD an die irrsinnigen Kurssteigerungen von Tulpenzwiebeln im 17. Jahrhundert. Gerade unter kosmopolitischen, jungen Menschen verbreitet sich die Geschichte des Bitcoins, die Reichtum, technologischen Fortschritt und Unabhängigkeit von Bürokraten verspricht, rasend schnell.
Anders als Aktien, Anleihen und Immobilien weist der
Bitcoin jedoch keinen intrinsischen, fundamentalen
Wert auf. Wer etwa in Aktien investiert, der hält einen
Teil eines Unternehmens, dessen Wert von den
Zahlungsströmen abhängt, das dieses in der Zukunft
erwirtschaftet. Der Wert von Bitcoin kann nicht anhand
von Bewertungsmodellen ermittelt werden. Die
Preissteigerungen basieren allein auf der Hoffnung,
dass die Anzahl an Bitcoin begrenzt ist und mehr und
mehr Nachfrager den Preis nach oben treiben.
Die hohen Kurssteigerungen des Bitcoins in den
letzten Monaten sind primär auf die zunehmende
Akzeptanz von Bitcoin in bedeutenden Unternehmen
zurückzuführen (siehe Graphik 1). Dienstleister wie
Paypal ermöglichen es Nutzern in den USA, Bitcoin
über ihr Paypal-Konto zu handeln. Larry Fink, der CEO
des weltweit größten Vermögensverwalters Blackrock,
hat jüngst seine Meinung zu Bitcoins revidiert und
glaubt nun, dass sich der Bitcoin zu einer „great asset
class“ entwickeln könnte. Im Februar 2021 sorgte
Tesla-Chef Elon Musk für starke Kurssteigerungen mit
der Ankündigung, Tesla habe für 1,5 Mrd USD Bitcoin
gekauft und akzeptiere Bitcoin nun als Zahlungsmittel.
Im Mai 2021 verbreitete Musk dann, dass Tesla den
Bitcoin nicht länger als Zahlungsmittel akzeptieren
werde. Das Mining verbrauche zu viel Energie, und
vielfach werde Kohle anstatt erneuerbarer Energie
eingesetzt.
Damit stellt sich die Frage, welchen sozialen Nutzen Bitcoins bieten. Bitcoins werden als Kryptowährungen bezeichnet. Volkswirte weisen Währungen klar definierte Funktionen zu. Sie sollen helfen, Zahlungen auszuführen, Werte miteinander zu vergleichen und Vermögen aufzubewahren. Eine Währung, die sich in wenigen Wochen verdoppelt oder halbiert, kann die Zahlungsmittelfunktion, die Wertmessfunktion und die Wertaufbewahrungsfunktion nicht effizient erfüllen. Die Volatilität des Bitcoins ist dafür viel zu hoch (siehe Graphik 2).
Die Aussagen vieler offizieller Stellen sind kritisch. Die EZB-Chefin Christine Lagarde führt zum Bitcoin aus: „Es ist ein hochspekulativer Vermögenswert, der einige lustige Geschäfte und einige interessante und völlig verwerfliche Geldwäscheaktivitäten bewirkt hat.“ Die Weltbank verweigerte El Salvador jüngst bei der Einführung des Bitcoins als Zahlungsmittel unter Verweis auf Umwelt- und Transparenzmängel ihre
Unterstützung. Und der Chef der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), Augustín Carstens, wird in einem Interview mit der deutschen Zeitschrift „Der Spiegel“ noch deutlicher: „Der Bitcoin ist nur für zwei Dinge gut – zum Spekulieren und für Lösegeldzahlungen.“
Die Blockchain ist eine innovative und disruptive
Technologie. Aus Nachhaltigkeitsgründen kann der
Einsatz des Bitcoins derzeit nicht empfohlen werden.
Was bleibt: Der Bitcoin ist ein Vehikel zur Spekulation.
Wer Spaß an enormen Kursschwankungen hat und
Nachhaltigkeitsaspekte zurückstellt, mag Bitcoin
kaufen. Aufgrund der hohen Volatilität eignet sich der
Bitcoin aber sicherlich nicht zur langfristigen
Geldanlage für risikoaverse Anleger.
Wichtige Hinweise
Dieses Dokument wurde von der ODDO BHF Aktiengesellschaft nur zu Informationszwecken erstellt. Darin enthaltene Äußerungen basieren auf den Markteinschätzungen und Meinungen der Autoren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Diese können sich abhängig von den jeweiligen Marktbedingungen ändern. Weder dieses Dokument noch eine in Verbindung damit gemachte Aussage stellt ein Angebot, eine Aufforderung oder eine Empfehlung zum Erwerb oder zur Veräußerung von Finanzinstrumenten dar. Etwaig dargestellte Einzelwerte dienen nur der Illustration. Einzelne Aussagen sind weder dazu geeignet noch dazu bestimmt, eine individuelle anleger- und anlagegerechte Beratung durch hierfür qualifizierte Personen zu ersetzen. Bevor in eine Anlageklasse investiert wird, wird dringend empfohlen, sich eingehend über die Risiken zu erkundigen, denen diese Anlageklassen ausgesetzt sind, insbesondere über das Risiko von Kapitalverlusten.
ODDO BHF
ODDO BHF Aktiengesellschaft · Bockenheimer Landstraße 10 · 60323 Frankfurt am Main ·
Postanschrift: 60302 Frankfurt am Main · www.oddo-bhf.com Vorstand: Philippe Oddo (Vorstandsvorsitzender) ·
Grégoire Charbit · Thomas Fischer · Joachim Häger · Christophe Tadié · Vorsitzender des Aufsichtsrats: Werner Taiber · Sitz: Frankfurt am Main.
Registergericht und Handelsregister-Nummer: Amtsgericht Frankfurt am Main HRB 73636 USt-IdNr. DE 814 165 346 · BIC/SWIFT BHFBDEFF500
www.oddo-bhf.com
Diesen Beitrag teilen: