Ein nachhaltiger Aufschwung? Noch am 16. März näherte sich der CAC 40 der Marke von 3.600 Punkten, mittlerweile hat der französische Leitindex die 5.000-Marke durchbrochen.
12.06.2020 | 08:50 Uhr
Der Nasdaq liegt derweil seit Jahresbeginn mit 8% im Plus. Die
steigenden Kurse werfen zwei fundamentale Fragen auf: Ist dieser
Aufschwung nachhaltig? Und: Erleben wir endlich die lang erwartete
Wende?
Ähnlich wie bei den Zinsen habe ich bei diesem Thema kapituliert.
Kann die Wirtschaft schnell genug wachsen, um die Bewertungen zyklischer
und unterbewerteter Unternehmen anzuheben? Die schwache Produktivität,
mangelnde Strukturreformen und die gleichzeitige schwere Belastung der
Angebots- und Nachfrageseite durch Covid-19 lassen hierzu keine seriösen
Prognosen zu.
Erwacht Europa?
„Und trotzdem“ (wie es in Charles Aznavours berühmten Lied Et
pourtant heißt) könnte die Europäische Union ihre Integration mit neuem
Elan vorantreiben, die Themen Solidarität und Koordination in Angriff
nehmen und mehr Föderalismus wagen. Nachdem sich Europa fast zwanzig
Jahre überwiegend mit sich selbst beschäftigt hat, könnte der
deutsch-französische Plan dem „alten Europa“ im Wettlauf um
Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität neues Leben einhauchen.
Vom
Wort zur Tat ist es natürlich noch ein langer Weg. Fortsetzung folgt
also, doch dieses so komplexe Jahr 2020 hat uns immer wieder überrascht.
Hohe und anhaltende Arbeitslosigkeit
Die optimistischen Erwartungen der Märkte und die tatsächliche
wirtschaftliche Lage, bei der es aktuell darauf ankommt, die
Arbeitslosigkeit insbesondere in den USA einzudämmen, driften weiter
auseinander. Leider besteht das Risiko, dass sich der Arbeitsmarkt sehr
viel langsamer erholt als die Produktion, da die besonders von den
Kontaktbeschränkungen betroffenen Sektoren auch die meisten Menschen
beschäf-tigen. In den USA steuert das Freizeit- und Gaststättengewerbe
nur 4% zum Wachstum bei, beschäftigt jedoch 11% der erwerbsfähigen
Bevölkerung. Der US-Einzelhandel kommt auf 5% bzw. 10%. Wenn beide
Sektoren nur mit halber Kraft laufen (gemessen am Niveau vor Ausbruch
der Pandemie), sinkt die Produktion um 4,5%, die Beschäftigung jedoch um
10,5%.
Umgekehrt tragen wenig betroffene Sektoren kaum zur
Beschäftigung, aber viel mehr zum Wachstum bei: Die Finanzwirtschaft
etwa kommt auf nur 6% der Arbeitsplätze, aber auf 19% des Wachstums. Im
IT-Sektor arbeiten 2% der Erwerbstätigen, die 5% des Wachstums
erwirtschaften.
Die Zentralbanken könnten eine Depression verhindern
Läuft
die Wirtschaft trotz Kontaktbeschränkungen wieder an – weil die Politik
oder aber die Menschen selbst es so wollen – könnte sich das Wachstum
erholen, ohne dass der Arbeitsmarkt mitzieht. In diesem Fall bliebe den
Zentralbanken keine andere Wahl, als ihre extrem expansive Geldpolitik
fortzusetzen oder sogar auszubauen. Sind das nun schlechte Nachrichten?
Nicht unbedingt, denn der steigende Zufluss von „Zentralbankgeld“ hat
die Bewertungen an den Finanzmärkten auf neue Höchststände
Kurzfristige Verlustrisiken
Kurzfristig sehen
wir einige Abwärtsrisiken für die Kapitalmärkte. Dafür könnten unter
anderem neue Spannungen zwischen China und den USA sorgen, eine
Eskalation in Hongkong oder aber, ausgelöst durch die
Lockerungsmaßnahmen, eine zweite Pandemiewelle. Aktuell erleben die USA
zudem erhebliche Unruhen und politische Turbulenzen. Doch all diese
Risiken müssen einer Normalisierung der Märkte für Risikoaktiva
keineswegs im Weg stehen. Dafür sprechen aus unserer Sicht vier Gründe:
Vor
diesem Hintergrund kommt es in den nächsten Monaten weniger auf die
Gewichtung von Risikoaktiva an als auf ihre Auswahl (Sektor, Stil,
Region).
Mehr Details werden sich in unserer Anlagestrategie im Juni finden.
Bleiben Sie gesund!
Laurent Denize
Global Co-CIO ODDO BHF Asset Management
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