Metzler: Wachstumsspurt in den USA im dritten Quartal

Marktkommentar

Noch boomt die Konjunktur in den USA, doch der US-Wohnimmobilienmarkt schwächelt. Stottert der Wachstumsmotor, hätte das auch Folgen für die Geldpolitik der Fed, sagt Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management.

19.10.2018 | 14:38 Uhr

Die US-Wirtschaft strotzt derzeit vor Stärke. Schon im zweiten Quartal verzeichnete sie ein Wachstum von 4,2 % und koppelte sich damit von dem schwächeren Wachstum in der Eurozone und Japan ab. Auch im dritten Quartal stehen die Vorzeichen für ein dynamisches Wachstum (Freitag) gut. Das Modell der New York Fed prognostiziert ein Wirtschaftswachstum von 2,25 %, während das Modell der Atlanta Fed sogar ein Wachstum von 3,9 % antizipiert. Die Auftragseingänge (Donnerstag) im September dürften dabei mit einem kräftigen Plus die robuste Verfassung der US-Wirtschaft bestätigen – ebenso wie die Einkaufsmanagerindizes. Der Grund dafür ist ganz einfach der Fiskalstimulus.

Die Schwäche der Neubauverkäufe (Mittwoch) sowie der Umsätze bestehender Wohnimmobilien (Donnerstag) zeigt jedoch, dass die Leitzinserhöhungen der US-Notenbank schon jetzt die Nachfrage nach zinssensitiven Gütern merklich bremsen. Ein schwacher Wohnimmobilienmarkt war in der Vergangenheit immer ein Vorbote für eine Wachstumsabschwächung der Gesamtwirtschaft. Im Lauf des Jahres 2019 könnte das Wachstum der US-Wirtschaft daher recht schnell auf nur noch 1,5 % zurückfallen. Die US-Notenbank dürfte dann noch im März und vielleicht noch im Juni 2019 den Leitzins anheben und danach eine längere Pause machen.

Handelskonflikt zwischen USA und China

Im Handelskonflikt zwischen den USA und China geht es vordergründig um das bilaterale Handelsdefizit, aber auch um die geopolitische Vormachtstellung und die Etablierung der eigenen Technologiestandards auf globaler Ebene. China ist innerhalb weniger Jahre zu einem der Weltmarktführer der Digitalisierung aufgestiegen. Europäische Investoren sind stark in den USA investiert und würden daher von einem „Sieg“ der USA im Handelskonflikt profitieren. Sie sind jedoch kaum in China investiert und hätten daher an einem chinesischen Erfolg nur geringen Anteil. In diesem Zusammenhang ist eine Studie der EZB im Monatsbericht September interessant. Die EZB hat in ihrer Simulation unterstellt, dass die USA auf alle Importe einen Strafzoll von 10 % erheben und alle Handelspartner mit einem Strafzoll von ebenfalls 10 % antworten. In diesem Fall würde das BIP der USA um mehr als 2 % fallen – aufgrund direkter Handelseffekte, aber auch aufgrund einer negativen Reaktion der Finanzmärkte. Interessanterweise würde jedoch das chinesische BIP in diesem Fall steigen. Der Grund dafür ist, dass die Nachfrage nach den mit Strafzöllen belegten US-Produkten in Drittmärkten sinken und die nach chinesischen Produkten steigen würde. Es könnte also unter bestimmten Bedingungen sein, dass China in einem Handelskonflikt sogar deutlich weniger Schaden erleidet als die USA.

Auch spielt die Zeit China in die Hände. Schon 2035 dürften die chinesischen Militärausgaben die der USA übersteigen. Diese Perspektive ist sicherlich auch der Grund, warum die USA gerade jetzt den Konflikt forcieren, solange ihre Position noch überlegen ist.

Im Endeffekt dürfte damit die Rivalität zwischen den USA und China eine neue permanente Komponente in der Weltpolitik werden. Ein neuer „kalter Krieg“ ist jedoch eher unwahrscheinlich, da es derzeit viele ernste globale Herausforderungen gibt – etwa den Klimawandel –, die eine Kooperation aller großer Staaten erfordert. Es dürfte daher immer wieder Phasen des Konflikts, aber auch der Kooperation zwischen den beiden großen Nationen geben.

EZB-Sitzung: Wahrscheinlich langweilig

Die EZB (Donnerstag) hat schon das Ende des Wertpapierkaufprogramms zum Dezember beschlossen und angekündigt, sich danach mit der ersten Leitzinserhöhung Zeit zu lassen. Die aktuelle Datenlage liegt mehr oder weniger im Rahmen der Erwartungen der EZB, sodass kein Druck besteht, vom geplanten Vorgehen abzuweichen. Die Pressekonferenz von EZB-Präsident Draghi verspricht daher langweilig zu werden. Allenfalls seine Aussagen zum Thema Italien könnten für Aufmerksamkeit sorgen.

Der deutliche Rückgang des ZEW-Index in dieser Woche kann als Warnsignal für die Konjunkturdaten in der kommenden Woche gedeutet werden: Konsumentenvertrauen Eurozone (Dienstag), Einkaufsmanagerindizes (Mittwoch) und ifo-Index (Donnerstag). Merkliche Rückgänge der Konjunkturdaten würden die EZB wahrscheinlich eher dazu bewegen, länger mit der ersten Leitzinserhöhung zu warten, zumal sich das Kreditwachstum (Mittwoch) im Einklang mit dem geldpolitischen Stimulus immer noch sehr solide entwickelt. Erst bei Anzeichen einer deutlichen Wachstumsverlangsamung unter einer Wachstumsrate von 1,0 %  würde die EZB wahrscheinlich wieder über zusätzliche Wertpapierkäufe nachdenken – derzeit ein eher unwahrscheinliches Szenario.

Der vollständige Marktkommentar von Edgar Walk als PDF-Dokument.

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