Aus Bewertungssicht stellt sich für Aktien die Frage, ob das erwartete Gewinnwachstum weiterhin stark genug zunimmt, um den höheren Diskontierungsfaktor, der mit steigenden Langfristzinsen einhergeht (10-jährige US- Treasuries notieren derzeit bei 1,60%), zu kompensieren.
12.03.2021 | 12:20 Uhr
In US-Aktien ist bereits reichlich Gewinnwachstum eingepreist. So erwarten Analysten für 2021 einen Anstieg des Gewinns je Aktie im S&P 500 um 24%, für 2022 um weitere 15%. Interessant zu beobachten ist, dass die langfristigen Gewinnwachstumserwartungen sowohl für US-Aktien als auch für Schwellenländeraktien in die Höhe geschnellt sind.
Kurz gesagt, das Hauptproblem für US-Aktien besteht darin, dass sie zu einem Zeitpunkt hoch bewertet sind, an dem ein Anstieg der Inflation und der Zinsen zu erwarten ist.
Die Aktienrally tritt in eine heikle Phase ein. Unsere Empfehlung ist daher eine etwas vorsichtigere Positionierung.
An den Finanzmärkten könnte es erneut zu einer Verkaufswelle kommen, sollte die Entwicklung der Realwirtschaft die These einer steigenden Inflation unterstützen. Und machen wir uns nichts vor: Aufgrund von Basiseffekten und einer vorübergehenden Verzerrung von Angebot und Nachfrage dürften die nächsten Inflationszahlen deutlich höher ausfallen als zuletzt.
Wir erwarten keine Baisse, sondern passen unsere Positionierung schlicht an die neuen Marktentwicklungen an. Die Anleiherenditen sind in den letzten sechs Monaten deutlich gestiegen. In absoluter Sicht liegen sie jedoch weiterhin auf sehr niedrigem Niveau. Zwar können steigende Renditen vorübergehend für eine Aktienmarktkorrektur sorgen. Für eine Rezession und eine damit einhergehende Aktienbaisse müssten sie allerdings auf ein restriktives Niveau klettern. So weit ist es aber noch nicht.
Konkret entwickeln sich bei höheren US- Anleiherenditen globale Wachstumsaktien in der Regel schwächer als globale Value-Titel. Erstere sind deutlich höher bewertet und reagieren empfindlicher auf einen steigenden Diskontierungssatz.
Für globale Aktienportfolios empfiehlt sich zudem eine Untergewichtung in den USA, eine neutrale Positionierung in den Schwellenländern und eine Übergewichtung in Europa und Japan. In Europa setzen wir mit Blick auf das Gewinnwachstum bevorzugt auf Small-Cap-Aktien.
Die Marktkapitalisierung von Wachstumswerten ist
in den USA am höchsten, gefolgt von den
Schwellenländern. Dementsprechend sind die
europäischen und japanischen Börsen weniger
anfällig für steigende Anleiherenditen. Zudem sind
Anleger nicht hinreichend in Energie-, Grundstoff-,
Industrie- und Finanzaktien investiert, engagieren
sich jedoch weiterhin stark in
Technologieunternehmen. Die fünf Tech-Werte mit
der höchsten Marktkapitalisierung machen weiterhin
einen extrem hohen Anteil am S&P aus, auch wenn
sie zuletzt etwas nachgegeben haben.
Bei vielen dieser sogenannten Long-Duration- Aktien, bei denen die erwarteten Gewinne häufig erst in weiter Zukunft liegen, bestehen Risiken. Angesichts ihres Gewichts in den US-Indizes ist eine höhere Wahrscheinlichkeit gegeben, dass der Markt aus dem Tritt gerät oder gar eine Korrektur durchläuft. Im Technologiesektor scheinen Aktien mit angemessener Bewertung oder zyklischerem Profil weniger gefährdet als Adressen mit stärkerem Wachstumsprofil.
Wir gehen von einer Übergewichtung zu einer neutralen Position in Aktien über und setzen auf eine "Buy the Dip"-Strategie, mit einer deutlichen Rotation in den Portfolios. Wir sind nach wie vor zuversichtlich, dass die Gewinne je Aktie und damit die Bewertungen im Zuge der Konjunkturerholung kräftig steigen werden, sobald der Zinsanstieg am Markt in den Risikoprämien eingepreist ist. Bei Staatsanleihen ist insgesamt Vorsicht geboten. Zu präferieren sind eher Hochzinsanleihen, die immuner gegenüber steigenden Langfristzinsen sind, sowie Break-Even-Anleihen, die noch einiges an Potenzial bieten.
In längerfristiger Perspektive favorisieren wir
weiterhin Qualitätswerte mit hohem freien Cashflow
und geringer Verschuldung. Wir sind uns sehr
bewusst, dass wir es weiterhin mit einem Umfeld mit
gedämpftem Wachstumspotenzial zu tun haben.
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