ODDO BHF CIO View: „Was die Kapitalmärkte aktuell bewegt“

ODDO BHF CIO View: „Was die Kapitalmärkte aktuell bewegt“
Marktausblick

Die bemerkenswerte Aktienmarktrally des ersten Halbjahres hat im dritten Quartal an Schwung verloren. Der MSCI World Index, der die wichtigsten Aktien der Industrieländer repräsentiert, verzeichnete im abgelaufenen Quartal einen Rückgang von 3,4 Prozent (in lokaler Währung, einschließlich Dividenden).

09.10.2023 | 09:58 Uhr

Prof. Dr. Jan Viebig

Der Gesamtertrag im Jahresverlauf bis Ende September 2023 reduzierte sich so auf 11,6 Prozent. Die Kursverluste des dritten Quartals sind ein nachdrücklicher Hinweis darauf, dass dieses Kapitalmarktumfeld nach wie vor beträchtliche Risiken bereithält. Die europäische Wirtschaft steht offensichtlich unter Druck. Vorlaufindikatoren wie Einkaufsmanagerindizes oder, für Deutschland, der ifo-Geschäftsklimaindex zeigen seit Monaten nach Süden. Konzentrierten sich die Schwierigkeiten zunächst auf den Bausektor und das verarbeitende Gewerbe, scheint seit dem Frühsommer dieses Jahres auch der Dienstleistungssektor zu schwächeln. Zwar präsentiert sich der Arbeitsmarkt noch robust (die Arbeitslosenquote im Euroraum lag im August auf einem historischen Tief von 6,4 Prozent), doch die rezessiven Tendenzen verstärken sich. Die EZB beispielsweise erwartet ein Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal von null Prozent, gefolgt im vierten Quartal von mageren 0,1 Prozent (gegen Vorquartal).

China macht den Anlegern derzeit Sorgen und dort vor allem der Immobiliensektor. Der Wohnungsbau ist stark eingebrochen, sodass große Immobilienentwickler drohen, von ihren Schulden erdrückt zu werden. Das trifft China an einer empfindlichen Stelle, leistete der Bau doch bisher einen wesentlichen Beitrag zum Wachstum. Immobilien sind der mit Abstand wichtigste Teil des Vermögens der Haushalte, und Grundstücksverkäufe sind eine zentrale Einnahmequelle der lokalen Regierungen. Entsprechend groß ist die Tragweite der aktuellen Entwicklung. Das drückt auf die Wachstumserwartungen: Im laufenden Jahr wirkte sich zunächst noch das Ende des coronabedingten Lockdowns und die Wiederaufnahme der Wirtschaftsaktivitäten positiv auf das Wachstum aus. Doch für das Jahr 2024 rechnen Organisationen wie OECD und IWF – trotz zahlreicher Stimulierungsmaßnahmen von Regierung und Notenbank – in großer Übereinstimmung mit einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums auf eine Größenordnung von 4,5 Prozent.

In den USA hat sich die wirtschaftliche Aktivität bisher besser gehalten als von vielen erwartet. So zeichnet sich auch für das dritte Quartal eine solide Zunahme der Wirtschaftsleistung ab: Die Konsensschätzung in der Bloomberg-Umfrage vom September beispielsweise veranschlagt das reale Wachstum im dritten Quartal auf 3,0 Prozent (gegen Vorquartal, annualisiert). Damit liegt es sogar ein wenig höher als in den beiden Vorquartalen. Nichtsdestotrotz deuten sich Probleme an. Nach einer Belebung während der Sommermonate scheint der Häusermarkt in den USA wieder unter Druck zu geraten. Der Häusermarktindex der National Association of Homebuilders beispielsweise ist im September kräftig gefallen, ebenso die Hausbaubeginne und der Verkauf von Häusern. Ein scharfer Rückgang war zuletzt auch beim US-Verbrauchervertrauen zu beobachten. Darin spiegelt sich vermutlich die Verunsicherung der Verbraucher angesichts verschiedener Entwicklungen: Der starke Anstieg der Rohölpreise auf zeitweise mehr als 90 US-Dollar pro Fass (159 Liter) nagt an der Kaufkraft der Haushalte und dürfte die Fed veranlasst haben, eine weitere Zinserhöhung ins Auge zu fassen. Hinzu kommen einige „hausgemachte“ Probleme, darunter die Haushaltsquerelen und die drohende Schließung von Bundesbehörden sowie Streiks (unter anderem im Automobil- und Gesundheitssektor). Zudem endete mit dem dritten Quartal das Schuldenmoratorium für Studentenkredite. Dies betrifft rund 40 Millionen Menschen, die mit etwa 1,6 Billionen US-Dollar beim Staat in der Kreide stehen.

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