ODDO BHF CIO View: "Schluss mit lustig", stark überberwertete Aktien brechen ein - Qualität setzt sich durch

ODDO BHF CIO View: "Schluss mit lustig", stark überberwertete Aktien brechen ein - Qualität setzt sich durch
Marktausblick

Phantasie allein reicht nicht mehr. Stark überbewertete Unternehmen, deren hohe Marktbewertung sich aus der Hoffnung auf exorbitant hohe Gewinne in der Zukunft speist, sind im November 2021 nochmals stark eingebrochen.

13.12.2021 | 09:18 Uhr

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Die Aktien des Telemedizinanbieters Teladoc Health beispielsweise sind nach der erneuten Korrektur im November 2021 seit Jahresbeginn nun um rund -51% gefallen. Die Aktien des Videokonferenzanbieters Zoom Video Communications haben dieses Jahr rund -44% an Wert verloren. Und die Aktien von Roku, einem Hersteller von Media Playern zum Streaming von Videoinhalten, notieren rund -35% niedriger als noch zu Beginn des Jahres 2021 (Daten: Bloomberg, 7.12.2021). „Schluss mit lustig“ mag man Investoren zurufen, die ausschließlich in Unternehmen investieren, die oftmals keine oder nur geringe Gewinne aufweisen und zu extrem hohen Bewertungsmultiples an den Finanzmärkten handeln. Extreme Verluste haben Investoren im November 2021 erlitten, die ausschließlich in stark überbewertete Aktien investiert und dabei vergessen haben, ihr Vermögen breit über unterschiedliche Branchen und Länder zu streuen.

Wir halten diese Art von überbewerteten Aktien grundsätzlich nicht. Wir sind davon überzeugt, dass man langfristig in Qualitätsaktien investieren sollte, die hohe Kapitalrenditen und klare Wettbewerbsvorteile aufweisen, strukturell wachsen und dabei nachhaltig sind und deren Aktien zu einem angemessenen Kurs handeln. Wir mögen Wachstumsaktien, aber wenn wir Gelder für unsere Kunden investieren, dann achten wir stets auch auf den Preis, den wir bezahlen. Läuft die Gier dem Verstand voraus, dann erleidet man irgendwann hohe Verluste. Wer ausschließlich auf stark überbewertete Aktien gesetzt hat, leckt sich nach der Korrektur im November 2021 nun die Wunden.

Viel spricht dafür, dass sich die Korrektur stark überbewerteter Aktien im Jahr 2022 fortsetzen könnte. Ein Grund dafür ist, dass die Inflation weitaus stärker ansteigt als es die Zentralbanken noch vor kurzer Zeit vermutet haben. Der Chef der U.S. Notenbank, Jerome Powell, mag angesichts einer Verbraucherpreisinflation von +6,2% nicht mehr von einer „transitorischen“, also schnell vorrübergehenden Inflation sprechen. Angesichts der nunmehr steigenden Lohnkosten in den USA werden die hohen Inflationsraten langsamer fallen als erwartet. Deshalb hat die U.S. Notenbank am 3. November 2021 eine historische Wende vollzogen. Sie hat mit dem „Tapering“ begonnen und wird nun jeden Monat für 15 Milliarden USD weniger Anleihen kaufen als bisher. Im Juni 2022 wird das Anleihen-Kaufprogramm, das zu einer stark ansteigenden Zentralbankgeldmenge geführt hat, dann vermutlich auslaufen. Wir erwarten, dass die Federal Reserve Bank im Juli und November 2022 dann die Zinsen anheben wird. Zudem können wir uns vorstellen, dass die U.S. Notenbank die Reduzierung des Kaufprogramms nochmals beschleunigen könnte und ankündigt, jeden Monat für 30 Milliarden USD weniger Anleihen zu kaufen. Dann wären sogar drei Zinserhöhungen im Jahr 2022 möglich.

Steigen die Zinsen, dann fällt der faire Wert von Aktien nach dem Discounted Cash Flow (DCF)-Modell, dem gängigsten Bewertungsmodell von Aktien. Nach dem DCF-Modell entspricht der faire oder intrinsische Wert einer Aktie der Summe aller diskontierten zukünftigen Cash Flows, die das Unternehmen für seine Aktionäre generiert. Unter einem „Cash Flow“ versteht man die Zunahme oder Abnahme von Zahlungsmitteln in einer Periode. Je niedriger der Zinssatz, mit dem diskontiert wird, desto höher ist der faire Wert einer Aktie. Die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken ist daher der Hauptgrund für die Vermögenspreisinflation in Aktien, Anleihen und anderen Anlageklassen. Der faire Wert von Aktien, die erst in weiter Zukunft – nach dem Prinzip Hoffnung – Zahlungsmittel generieren, fällt nach dem DCF-Modell besonders stark, wenn die Zinsen steigen. Deshalb achten wir insbesondere in einem Umfeld steigender Zinsen darauf, dass die Kapitaleffizienz der Unternehmen bereits heute hoch ist und die Aktien zu einem angemessenen Kurs handeln.

Natürlich setzen auch wir auf Zukunftsthemen wie Cloud Computing, Robotik, Künstliche Intelligenz, Blockchain und Gesundheitstechnologie. Wir unterscheiden uns aber deutlich von solchen Anbietern, die nur auf zukünftiges Wachstum setzen und dabei vergessen, dass Unternehmen auch eine hohe Kapitaleffizienz, klare Wettbewerbsvorteile und eine angemessene Bewertung aufweisen müssen.

Investieren ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Aktien bleiben aus unserer Sicht weiterhin attraktiv, wenn Investoren einen langen Atem haben. Aufgrund der hohen Bewertungen infolge der ultralockeren Geldpolitik wird die Volatilität zunehmen. Zudem werden die langfristigen Renditen über die nächsten zehn Jahre angesichts der hohen Bewertung von Aktien niedriger ausfallen als im langfristigen Durchschnitt der Vergangenheit. Die richtige Selektion der Aktien ist entscheidend. Der November 2021 zeigt: Das Anlageprinzip „keine Gewinne, kein Problem“ funktioniert nicht mehr. Wer stark überbewertete Aktien von Unternehmen kaufte, die keine oder nur niedrige Gewinne aufweisen, wurde vom Markt im November 2021 brutal abgestraft. Qualitätsaktien mit einer hohen Kapitaleffizienz und einer angemessenen Bewertung sind in diesen unsicheren Zeiten auch weiterhin die bessere Wahl.

Den vollständigen "ODDO BHF CIO View: "Schluss mit lustig", stark überberwertete Aktien brechen ein - Qualität setzt sich durch"lesen Sie hier als PDF.

Vergangene Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für die Zukunft. Die Rendite kann infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen. Etwaige Meinungsäußerungen geben die aktuelle Einschätzung des Investment Office der ODDO BHF AG wieder, die sich insbesondere von der Hausmeinung innerhalb der ODDO BHF Gruppe unterscheiden und ohne vorherige Ankündigung ändern kann.

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