Metzler AM: Muss Donald Trump eine Rezession fürchten?

Marktausblick

Ende Juli entfachte Donald Trump neue Ängste vor einer globalen Rezession, als er Strafzölle von 10 % auf chinesische Importe von mehr als 300 Mrd. USD ankündigte. Nach nur etwas mehr als einem Monat kündigte er damit völlig überraschend den „Waffenstillstand“ von Osaka auf.

26.08.2019 | 07:32 Uhr

Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass der „unberechenbare“ Verlauf des Handelskonflikts die Unternehmen so sehr verunsicherte, dass sie ihre Investitionsausgaben massiv einschränkten. Die Folge ist ein Abschwung der Weltwirtschaft, der in eine Rezession münden könnte. Ein Ausdruck dieser globalen Rezessionssorgen ist, dass die Suchanfragen weltweit nach dem Begriff „Rezession“ in Google seit Ende Juli explodiert sind.

Suchanfragen

Globale Rezessionsrisiken zwar gestiegen, aber Rezession ist nicht unser Basisszenario

Die Frage ist nun, ob sich daraus nur „die Sorge“ vor einer Rezession ableiten lässt oder ob es sich hierbei tatsächlich um einen Indikator für eine Rezession handelt. So liefern Google-Suchanfragen anscheinend ganz verlässliche Signale über den Ausbruch von ansteckenden Krankheiten und deren Verlauf. Bisher sehen wir aber nur eine Wahrscheinlichkeit von 30 % für eine globale Rezession, da viele Konjunkturdaten immer noch eine moderat wachsende Weltwirtschaft signalisieren. In der kommenden Woche wird sich daher das Augenmerk der Marktteilnehmer in den USA auf die Auftragseingänge (Montag), das Konsumentenvertrauen (Dienstag) sowie die Konsumausgaben (Freitag) richten.

Die Geschichte zeigt: Rezessionen gefährden die Wiederwahl von US-Präsidenten erheblich

Die spannende Frage ist nun: Was wäre, wenn die US-Wirtschaft doch in eine Rezession abgleiten würde? Seit dem Jahr 1900 haben sich 16 Amtsinhaber zur Wiederwahl gestellt – sei es als gewählte US-Präsidenten oder als Vertreter, die nach dem Tod oder Rücktritt des ursprünglichen Amtsinhabers einspringen mussten. Davon schafften fünf Amtsinhaber nicht die Wiederwahl. Sie könnten daran gescheitert sein, dass es im Jahr vor der Wahl oder im Wahljahr selbst eine Rezession gab. Nur zwei Amtsinhaber konnten sich trotz einer Rezession gegen ihre Gegenkandidaten durchsetzen; Theodore Roosevelt 1904 und Calvin Coolidge 1924. Das mag damit zusammenhängen, dass sich Theodore Roosevelt einer allgemein hohen Beliebtheit erfreute und Calvin Coolidge erst kurz vor den Wahlen den Posten des US-Präsidenten infolge des plötzlichen Todes von Warren Hardings 1923 übernahm, als die Rezession schon langsam wieder am Abklingen war.

Amtszeit

Die – wenn auch – eher kleine Datenbasis legt somit nahe, dass ein weiterhin polarisierender Präsident wie Donald Trump eine Rezession im Jahr 2019 oder 2020 fürchten muss, da sie seine Wiederwahl erheblich gefährden könnte. Vieles spricht also dafür, dass Donald Trump versuchen wird, eine weitere Eskalation im glo-
balen Handelskonflikt zu vermeiden – vorausgesetzt, er  bekommt seine Impulsivität unter Kontrolle. Gemäß aktueller Umfragen könnte Donald Trump aber auch als erster Amtsinhaber in die Geschichte eingehen, der sogar ohne eine Rezession die Wiederwahl nicht schafft.

Wenn ein/e Demokrat/in die Präsidentschaftswahlen gewinnen sollte, hätte das sehr wahrscheinlich einen einschneidenderen Politikwechsel zur Folge. Umfragen zeigen, dass die politische Mitte in den USA in den vergangenen Jahren ausgedünnt worden ist und sich eine Polarisierung zwischen extremeren politischen Positionen etabliert hat. Ein/e demokratische/r US-Präsident/in würde daher sehr wahrscheinlich eine sehr linksgerichtete Politik umsetzen – mehr Umverteilung, „Angriff“ auf die hohen Gewinnmargen der US-Firmen über höhere Unternehmenssteuern, eine wieder stärkere Regulierung etc.

Schon gibt es erste Stimmen in den USA, die von einer Richtungswahl sprechen: Kapitalismus oder Sozialismus. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass der Begriff „Sozialismus“ in den USA in etwa dem entspricht, was wir Europäer unter Sozialdemokratie verstehen, und sehr weit weg liegt von einem tatsächlichen Sozialismus.

USA

Rätselhafte Inflationsentwicklung in Deutschland

Die Inflation (Freitag) in der Eurozone dürfte von 1,1 % im Juli auf nur noch 1,0 % im August gefallen sein. Die anhaltend niedrige Inflation ist insofern überraschend, als die Arbeitslosenquote (Freitag) in der Eurozone in den vergangenen Jahren stark gefallen ist und im Juli mit voraussichtlich 7,5 % den niedrigsten Stand seit Juli 2008 erreicht haben dürfte. Damals betrug die Inflation in der Eurozone 4,1 %. Oft wird die anhaltend niedrige Inflation mit dem scharfen globalen Wettbewerb erklärt sowie mit der zunehmenden Bedeutung von Onlinehandel und Digitalisierung.

Preissteigerung

Interessant ist jedoch, dass in den Niederlanden die Inflation seit 2015 im Einklang mit der fallenden Arbeitslosenquote gestiegen ist und im Juli bei 2,6 % notierte. In Deutschland betrug die Inflationsrate im Juli dagegen nur 1,1 % trotz einer Arbeitslosenquote auf historischen Tiefständen. In den Niederlanden funktioniert also der traditionelle Zusammenhang zwischen Arbeitsmarkt und Inflation normal, während er in Deutschland offensichtlich unterbrochen ist.

Die Lohnentwicklung kann den Inflationsunterschied nicht erklären. Schon seit 2011 steigen die Löhne in Deutschland schneller als in den Niederlanden. Ein Grund für die niedrige Inflation in Deutschland könnte sein, dass deutsche Unternehmen die höheren Lohnkosten nicht auf die Preise aufschlagen können oder wollen. So blieben der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zufolge die Gewinnmargen niederländischer Unternehmen in den vergangenen Jahren stabil, während sie in Deutschland fielen.

Lohnwachstum

Wahrscheinlich schwache Konjunkturdaten wie der ifo-Index (Montag) sowie der EU-Geschäftsklimaindex (Donnerstag) werden jedoch signalisieren, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt bald wieder verschlechtern könnte. Damit sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, dass die deutschen Unternehmen ihre Gewinnmargen bald wieder reparieren und die Preise erhöhen werden. Die Inflation dürfte in der Eurozone somit noch lange niedrig bleiben.  

Eine gute und erfolgreiche Woche wünscht

Edgar Walk
Chefvolkswirt Metzler Asset Management

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