Metzler: Aufschwung ja - aber wie tragfähig?

Starke Wirtschaftsdaten verbreiten Optimismus - doch wie tragfähig ist der Aufschwung? Dieser Frage geht Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management, in seinem Kapitalmarktausblick auf die kommende Woche nach.

13.01.2017 | 14:57 Uhr

Die Weltwirtschaft schaltete in den vergangenen Wochen einen Gang hoch, wie die guten Konjunkturdaten eindrücklich belegen. Frühindikatoren wie der OECD-Frühindikator signalisieren darüber hinaus eine Fortsetzung des positiven Wachstumstrends in den kommenden Monaten. Traditionell macht China den Auftakt mit den BIP-Daten (Freitag), die im vierten Quartal 2016 um 6,7 % gewachsen sein dürften. 

Die Wachstumsraten der chinesischen Industrieproduktion sowie der Einzelhandelsumsätze (jeweils Freitag) dürften sich im Dezember dagegen leicht abgeschwächt haben und somit eine moderate Wachstumsverlangsamung der chinesischen Wirtschaft in diesem Jahr einleiten. China entwickelt sich damit als eines der wenigen Länder entgegen dem globalen Trend der Wachstumsbeschleunigung. 

In den USA dürften die Konjunkturdaten dagegen glänzen: Industrieproduktion (Mittwoch), NAHB-Index (Mittwoch), Wohnungsbaubeginne (Donnerstag) sowie Philadelphia Fed Index (Donnerstag). In Japan werden die Auftragseingänge (Montag) veröffentlicht und der ZEW-Index (Dienstag) dürfte sich im Januar merklich verbessert haben. Die Frage ist jedoch, ob es sich hierbei nur um ein kurzes konjunkturelles Strohfeuer handelt oder um einen längeren Aufschwung. 

Die Entwicklung in Japan zeigte, dass oft geldpolitische und/oder fiskalpolitische Stimulusmaßnahmen nach schon zwei oder drei Quartalen verpufften, da das Bankensystem unter Altlasten in den Bilanzen krankte und daher kein neues Wachstum finanzieren konnte. In den USA und zuletzt auch in der Eurozone normalisierte sich die Kreditvergabe der Banken jedoch, sodass gute Chancen für einen tragfähigen Aufschwung bestehen. 

Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse der Umfrage der EZB bei den Geschäftsbanken (Dienstag) ein äußerst wichtiger Indikator. Zumal die Fiskalpolitik auf globaler Ebene immer expansiver ausgestaltet wird und zunehmend das Wachstum stützt. 

Keine neuen Impulse von der EZB 

Die EZB (Donnerstag) beschloss im Dezember 2016 eine Verlängerung des QE-Programms bis Dezember 2017. Trotz guter Konjunkturdaten und steigender Inflationsraten dürfte die EZB auf absehbare Zeit keine Änderung ihrer Geldpolitik vornehmen und weiter abwarten. 

Immerhin nahm die Inflation (Mittwoch) schon mit einem Sprung auf 1,1 % im Dezember einen ersten Schritt in Richtung höherer Raten. Zumal die Kerninflation auch von 0,8 % auf 0,9 % stieg. In den USA bestehen dagegen erhebliche Inflationsrisiken (Mittwoch), da der zunehmend enger werdende Arbeitsmarkt die Löhne langsam anschiebt.   
Großbritannien und der Brexit 

Premierministerin May wird am Dienstag eine Rede zum Brexit halten. Einige Marktbeobachter vermuten, dass sie als Ziel die vollständige Kontrolle über die Immigration verkünden wird, auch wenn damit der Zugang zum Binnenmarkt verloren gehen würde. 

Bisher hatte die Brexit-Unsicherheit jedoch kaum negative Auswirkungen auf die britische Wirtschaft: Arbeitsmarktdaten (Mittwoch) sowie Einzelhandelsumsätze (Freitag). Der bisher einzig erkennbare Effekt ist die Abwertung des britischen Pfunds und der damit verbundene merkliche Anstieg der Inflation (Mittwoch). 

Premierministerin May scheint aufgrund der guten Konjunkturdaten wohl kaum mit größeren negativen Auswirkungen eines Brexits zu rechnen. Es dürfte jedoch schwierig sein, Unternehmen ohne Binnenmarktzugang in Großbritannien zu halten. Aufgrund der hohen Staatsverschuldung, des hohen Haushaltsdefizits und des hohen Leistungsbilanzdefizits kann sich Großbritannien keine Steuersenkungen leisten, sondern muss perspektivisch die Steuern sogar anheben. 

Darüber hinaus scheint Großbritannien seinen Einfluss in der Welt zu überschätzen. Schon Mitte der 1990er Jahre definierte Zbigniew Brzezinski eindrücklich die zukünftigen geopolitischen Herausforderungen für die USA. Um Weltmacht zu bleiben, müssen die USA seiner Meinung nach den europäischen und asiatischen Kontinent kontrollieren. 

In Europa gibt es dabei für die USA drei Pivot-Staaten, die entscheidend für den Einfluss der USA in Europa sind: Deutschland, Ukraine und die Türkei. Großbritannien spielt in diesen Überlegungen keine Rolle mehr, da es sich nur um eine mittelgroße Volkswirtschaft am Rande Europas handelt.  

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