Metzler: Welche handelspolitischen Ziele verfolgt Donald Trump?

Marktausblick

Das fragen sich auch viele US-amerikanische Unternehmen. Diese Verunsicherung wird sich möglicherweise auch in den Wirtschaftsdaten niederschlagen, so Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management.

02.07.2018 | 11:46 Uhr

Mehrere Vertreter der US-Notenbank erwähnten in ihren Reden in dieser Woche explizit, dass ihre Kontaktpersonen bei US-Unternehmen berichtet hätten, welch große Unsicherheit der Handelskonflikt schaffe – eine Unsicherheit, die zunehmend alle Bereiche der US-Wirtschaft erfasse. Es gibt also schon jetzt erste Anzeichen von negativen Spill-over-Effekten auf die US-Wirtschaft. Da stellt sich die Frage nach den handelspolitischen Zielen der US-Administration. Will Trump öffentlichkeitswirksame „Deals“ machen, die den Handel für US-Unternehmen erleichtern? Will er das Leistungsbilanzdefizit auf ein bestimmtes Niveau reduzieren? Oder will er einfach die Arbeitslosenquote weiter senken? Das Fehlen einer offiziellen Zielsetzung und das Gefühl einer reinen „Ad hoc“-Politik erschweren es den Unternehmen, die Risiken adäquat einzuschätzen und entsprechend darauf zu reagieren.    

Immerhin dürfte der Arbeitsmarkt (Freitag) im Juni mit einem Anstieg der neuen Stellen, einem Anstieg der Löhne und mit einer Arbeitslosenquote von unter 4 % robust geblieben sein. Spannend wird dagegen, inwieweit sich die gestiegene Unsicherheit in einem Rückgang des ISM-Index (Montag) und des ISM-Index für den Dienstleistungssektor (Donnerstag) niederschlägt. Das Protokoll der Sitzung der US-Notenbank vom 13. Juni rundet den Datenkalender ab. Zuletzt ist wieder die Frage ins Blickfeld gerückt, ob die US-Notenbank in diesem Jahr vor dem Hintergrund der beschriebenen Risiken überhaupt noch den Leitzins anhebt oder ob sie doch den Leitzinserhöhungszyklus fortsetzt. Wir erwarten derzeit noch eine Leitzinserhöhung bis Jahresende.
Für 2019 rechnen wir mit zwei Zinsschritten von je 0,25 %-Punkten.

US-Notenbank dürfte an vorsichtigem Leitzinserhöhungszyklus festhalten 
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US-Notenbank dürfte an vorsichtigem Leitzinserhöhungszyklus festhalten

Quellen: Thomson Reuters Datastream, Metzler; Stand: 31.5.2018

Interessanterweise zeigt unser Prognosemodell, dass die US-Notenbank in der Vergangenheit bei den derzeitigen Fundamentaldaten den Leitzins höher gesetzt hätte, und zwar schon auf über 3,0 % – bei Eintreten unserer Wirtschaftsprognosen sogar auf über 4,0 % im Jahr 2019. Die US-Notenbank verfolgt also unverändert eine sehr vorsichtige Geldpolitik, da die Inflation nach wie vor sehr niedrig ist und kaum Momentum aufweist. 

Moderate Wachstumsabschwächung in der Eurozone 

Die erste Schätzung der Einkaufsmanagerindizes (Montag und Mittwoch) zeigte im Juni eine Stabilisierung gegenüber Mai. In den vergangenen Tagen eskalierte der Handelskonflikt jedoch wieder, sodass sich ein Rückgang in der finalen Version nicht ausschließen lässt. Die Wirtschaft in der Eurozone befände sich damit in der Phase einer moderaten Abschwächung der Wachstumsdynamik. Vor allem das Wachstum der deutschen Wirtschaft droht dabei immer weiter abzurutschen, wie schwache Auftragseingänge (Donnerstag) und eine schwache Industrieproduktion (Freitag) zeigen sollten. Insbesondere die deutsche Autoindustrie dürfte unter dem globalen Handelskonflikt leiden; zudem dürfte ihr der rapide technologische Wandel zu schaffen machen. 

Es ist schon interessant, dass Analogkameras noch 1998 einen Verkaufsrekord von weltweit knapp 40.000 Stück pro Jahr erzielten. 2005, nur sieben Jahre später, tendierte der Umsatz gegen null. Ein ähnliches Muster war bei Digitalkameras zu beobachten, die 2010 mit etwa 110.000 Stück einen neuen Umsatzrekord erreichten und von denen schon 2014 nur noch etwa 30.000 nachgefragt wurden. Sobald sich eine technologische Innovation durchsetzt und etabliert, schrumpft die Nachfrage nach den „alten“ Produkten rapide. 

Es ist eine spannende Frage, ob die deutsche Politik genug Kraft hat, der absehbaren Wirtschaftsschwäche höhere staatliche Investitionen entgegenzusetzen und damit das Dogma der schwarzen Null aufzugeben. Zuvor wird sich am Wochenende zeigen, ob sich CSU und CDU nach dem EU-Gipfel einigen werden und damit die deutsche Regierung erhalten bleibt. 

Insgesamt gehen wir davon aus, dass die stärkere Wachstumsabschwächung in Deutschland zumindest teilweise von den anderen Mitgliedsländern der Europäischen Währungsunion abgefangen wird, sodass sich die Wachstumsdynamik in der Eurozone insgesamt nur moderat abschwächt. 

Ähnlich wie die US-Notenbank verfolgt auch die EZB eine äußerst vorsichtige Geldpolitik. Laut unserem Prognosemodell hätte die EZB den Leitzins bei identischen Fundamentaldaten schon jetzt auf 1,0 % angehoben – das jedenfalls zeigen Daten der Vergangenheit. 

Vorsichtige EZB-Geldpolitik 
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Vorsichtige EZB-Geldpolitik

Quellen: Thomson Reuters Datastream, Metzler; Stand: 31.5.2018

Tatsächlich kündigte die EZB an, erst im Spätsommer 2019 den ersten Schritt unternehmen zu wollen. In unserer Prognose gehen wir daher davon aus, dass der Tagesgeldsatz erst Ende 2019 wieder in den positiven Bereich zurückkehren wird.

Eine gute und erfolgreiche Woche wünscht

Edgar Walk
Chefvolkswirt Metzler Asset Management


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