Metzler AM: Economic Research - Wochenausblick KW 25

Je höher die Staatsverschuldung, desto geringer der Spielraum für Leitzinserhöhungen
Marktausblick

Aus dem mit neuen Daten bestückten Prognosemodell für die US-Leitzinsen und aus seiner Einschätzung des aktuellen Umfelds folgert Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management, dass die US-Notenbank die Zinsen derzeit kaum senken wird.

14.06.2019 | 14:35 Uhr

Vor allem die Erholung am Immobilienmarkt deute auf eine Belebung der Konjunktur später im Jahr. Für September und Dezember stünden aber Leitzinssenkungen an, weil die Erwartungen nicht enttäuscht werden dürfen. Die Unternehmen seien bereits stark verunsichert und würden ihre Investitionsausgaben reduzieren. Lesen Sie mehr dazu im aktuellen Kapitalmarktausblick.

Metzler: Leitzinssenkung der US-Notenbank im Juni ist nicht wahrscheinlich

Prognosemodelle können helfen, das aktuelle wirtschaftliche Umfeld sowie die eigenen makroökonomischen Prognosen in einen wahrscheinlichen Leitzinspfad zu übersetzen. Schon seit vielen Jahren verwenden wir ein Modell für den US-Leitzins, das auf den Input-Variablen Arbeitslosenquote, Inflation und Kapazitätsauslastung basiert. Dieses Jahr haben wir das Modell noch um die Variable Staatsverschuldung ergänzt, die anscheinend doch eine große Rolle bei der Ausrichtung der Geldpolitik zu spielen scheint. Je höher die Staatsverschuldung, desto geringer der Spielraum für Leitzinserhöhungen.

Prognosemodell

Gibt man nun die neuesten Daten in das Modell ein – nämlich den überraschenden Rückgang der Kerninflation von 2,0 % im Dezember 2018 auf zuletzt 1,6 % im April sowie den überraschenden Rückgang der Kapazitätsauslastung in der Industrie von 79,6 % im November auf 77,9 % im April, ergibt sich derzeit ein angemessenes US-Leitzinsniveau von 2,4 %.

Unter Berücksichtigung unserer Prognosen für die kommenden Monate fällt der angemessene Leitzins jedoch ab September auf etwa 2,0 % – unter anderem wegen der von uns erwarteten Seitwärtsbewegung der Kerninflation. Der Output eines Prognosemodells kann jedoch nur ein erster Baustein in der Zinsprognose sein, die noch um eine Einschätzung des aktuellen Umfelds ergänzt werden muss. 

Derzeit sehen wir die Wahrscheinlichkeit unveränderter Leitzinsen bis Jahresende immerhin noch bei 45 %. Der Hauptgrund dafür ist die positive Entwicklung am Wohnimmobilienmarkt. So stiegen die Anträge für

Hypothekenkredite um 26,8 % innerhalb nur einer Woche vom 3. bis 7. Juni – aufgeteilt in einen Anstieg von 10 % für Kredite für den Kauf einer Immobilie sowie in einen Anstieg um 46,5 % zur Refinanzierung bestehender Immobilienkredite. Bestätigung für eine einsetzende Erholung am Wohnimmobilienmarkt dürften unter anderem auch vom NAHB-Index (Montag), von den Neubaubeginnen (Dienstag), den Neubaugenehmigungen (Dienstag) und den Umsätzen bestehender Wohnimmobilien (Freitag) kommen.

Der Wohnimmobilienmarkt ist deshalb so wichtig, weil er die zukünftige konjunkturelle Entwicklung der US-Wirtschaft oft schon frühzeitig anzeigt und eine Belebung später im Jahr signalisiert. Auch zeigt der Wohnimmobilienmarkt keine Anzeichen einer Übertreibung – die Immobilienpreise liegen derzeit nur geringfügig über dem Hochpunkt von 2006.

In Gegensatz dazu boomt der Markt für gewerbliche Immobilien in den USA: In großen Metropolen liegen die Preise schon knapp 50 % über dem Hochpunkt von 2007. Leitzinssenkungen der US-Notenbank könnten den Boom weiter anfachen und zur Entstehung einer gefährlichen Blase beitragen, was die US-Notenbank zögern lassen könnte, den Leitzins tatsächlich zu senken.

Den vollständigen Metzler AM-Marktausblick KW 25 können Sie hier downloaden.

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