La Financière de L‘Echiquier: Schwellenländer-Assets am Wendepunkt

Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei La Financière de l’Echiquier (LFDE)
Marktausblick

Der Handelskrieg hat dazu geführt, dass Schwellenländer-Assets und europäische Value-Titel gemieden wurden und stark unterbewertet sind, so Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei La Financière de l’Echiquier (LFDE).

19.09.2018 | 09:33 Uhr

Vielleicht hätte kaum jemand Anfang des Jahres darauf gewettet, aber der „Handelskrieg“ wird unserer Einschätzung nach auch ungeachtet dessen, was möglicherweise bis zum Jahresende noch alles geschieht, das große Wirtschaftsthema 2018 bleiben. Momentan herrschen zwei geteilte Meinungen vor: Auf der einen Seite stehen jene, die davon ausgehen, dass die weitere Eskalation das weltweite Wachstum auf mittlere Sicht stark belasten wird. Und auf der anderen Seite jene, die erwarten, dass Donald Trump mit Blick auf die Halbzeitwahlen den Fuß allmählich vom Gas nehmen wird und möglicherweise sogar eine Einigung mit China anstrebt, mit der er sich brüsten könnte.

Für die letztere Auffassung spricht unter anderem das bald geplante neuerliche Treffen zwischen US-Vertretern unter Führung des Finanzministers Steven Mnuchin mit ihren chinesischen Amtskollegen unter Führung von Vize-Premierminister Liu He. Beim ersten Treffen beider Männer im Mai war schon fast eine Einigung erreicht worden, doch dann setzte der US-Präsident seinen x-ten Tweet ab. Dieser neue runde Tisch könnte sich als produktiver erweisen. Andererseits wurde befürchtet, dass die USA nach dem Ende der öffentlichen Anhörung am 5. September rasch Zölle auf chinesische Produkte im Wert von weiteren 200 Milliarden US-Dollar ankündigen würden. Doch nichts dergleichen geschah. Donald Trump, der diesen Betrag nicht mehr erwähnte, verwendete in einem aktuellen, im Ton nach wie vor heftigen Tweet, das Wort „Abkommen“.

Vor diesem Hintergrund erholten sich Schwellenländer-Assets, die großen Verlierer der Handelsspannungen, deutlich. Könnte dies einen Wendepunkt markieren, obwohl einige Aktienindizes der Schwellenländer in den vergangenen Wochen offiziell in eine Baisse eingetreten sind? In Anbetracht des unvorhersehbaren Verhaltens von Donald Trump lässt sich dies natürlich noch nicht sagen. Dennoch würde ein Abkommen zwischen China und den USA die Karten an den Märkten vermutlich neu mischen und einige Exzesse dieses Jahres korrigieren.

Dollar und US-Wachstumstitel, allen voran aus dem Sektor Technologie, werden gesucht und sind daher überbewertet. Schwellenländer-Assets (Aktien, Schuldtitel und Währungen) sowie europäische Value-Titel werden dagegen gemieden und sind dadurch unterbewertet. Bei den derzeitigen Spreads würde eine Entspannung im Handelskrieg vermutlich relativ heftige Rotationen auslösen, umso mehr in einer Phase vor Jahresende, die für eine solche Form der Neuausrichtung traditionell günstig ist.

Dies ist eine Möglichkeit, ein Börsenjahr mit bisher ungemein viel Getöse aufzuhellen, kann jedoch absehbar nicht alle Unsicherheiten insbesondere bei Schwellenländer-Assets beseitigen. Ein Risiko

wurde bisher zweifelsohne verharmlost: die Folgen der geldpolitischen Normalisierung der US-Notenbank Fed. Der Anstieg der Zinssätze könnte den Value-Bereich in den Industrieländern stützen.

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