Metzler AM: Economic Research - Wochenausblick KW 27

Marktausblick

Im von den USA losgetretenen Handelskonflikt überwiegen unterm Strich die negativen Effekte, so Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management.

28.06.2019 | 13:49 Uhr

Der Handelskonflikt sei in den USA offenbar unpopulär – das signalisiere die sinkende Zustimmung für Trump.

Den US-Präsidenten könnte das zu Zugeständnissen an China veranlassen. Zudem stellt Walk die Frage, ob zwischen der Leitzinssenkung der Fed im Juni und den Twitter-Attacken Trumps gegen die Fed ein Zusammenhang besteht. Sollte in der Eurozone das Wirtschaftswachstum geringer sein als 1 %, könnte das kritisch werden, da die EZB kaum mehr geldpolitische Pfeile im Köcher habe.

Metzler: Handelsstreit hat überwiegend negative Effekte auf die US-Wirtschaft

Am Wochenende wird zweifellos das Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping beim G20-Gipfel in Japan im Fokus stehen. Allgemein wird erwartet, dass sich die USA und China auf eine Fortsetzung der Handelsgespräche einigen. Eine Voraussetzung dafür ist vermutlich, dass die USA erst einmal darauf verzichten, weitere zusätzliche Strafzölle zu erheben.

Ein Blick auf die Umfragen in den USA zeigt, dass ein „Handelskrieg“ tendenziell die Zustimmungsraten für US-Präsident Trump verringert, während ein „Handelsfrieden“ tendenziell die Zustimmungsraten wieder erhöht. Handelskriege sind demnach in der Bevölkerung eher unpopulär. Eine genaue Analyse der derzeitigen Umfragewerte zeigt darüber hinaus, dass es bei den Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen kommen könnte.

Der ideale Zeitpunkt für einen Handelsfrieden mit China wäre für US-Präsident Trump demnach der Jahresbeginn 2020. Aus Sicht Chinas bedeutet das: Je länger der Handelskonflikt dauert, desto mehr Zugeständnisse dürfte Präsident Trump machen, um einen Handelsfrieden mit China noch vor den Präsidentschaftswahlen zu erreichen. Es bleibt also abzuwarten, wie standfest US-Präsident Trump bleiben wird.

Auch stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Twitter-Attacken Donald Trumps gegen die US-Notenbank haben. Waren sie ein auslösender Faktor dafür, dass die Fed nun eine Leitzinssenkung im Juli ankündigte? Vielleicht einfach nur dadurch, dass die Tweets die Zinserwartungen der Finanzmarktakteure beeinflussten, die die US-Notenbank nicht enttäuschen wollte?

Immerhin hat nach dem gängigen Rechtsverständnis US-Präsident Trump nicht die Macht, den derzeitigen US-Notenbank-Präsidenten Jerome Powell zu entlassen. Ob US-Präsident Trump Powell vom Posten des Präsidenten zu einem einfachen Gouverneur degradieren kann, ist rechtlich nicht eindeutig geklärt. Die Experten sind jedoch der Auffassung, dass dies nicht möglich ist.  

USA: Schwache Konjunktur – starker Arbeitsmarkt

Der Handelskonflikt hinterlässt zunehmend Spuren auch in der US-Wirtschaft. Die Strafzölle haben zwar positive Effekte, da sie tendenziell das Handelsbilanzdefizit der USA reduzieren. Die positiven Effekte werden jedoch vom negativen Realeinkommenseffekt übertroffen, und zwar aufgrund der höheren Importpreise. Per saldo überwiegt also der negative Effekt – wie bei einer Steuererhöhung.

Viel schädlicher für die US-Wirtschaft als diese direkten Folgen scheinen jedoch die indirekten Folgen zu sein: Die Finanzierungsbedingungen haben sich verschlechtert, und die Unsicherheit ist merklich gestiegen. So dürfte der ISM-Index (Montag) im Juni merklich gefallen sein, und auch der ISM-Index für den Dienstleistungssektor (Mittwoch) dürfte sich etwas schwächer entwickelt haben.

Trotz des schwächeren Wachstumstempos stellen die Unternehmen nach wie vor Arbeitskräfte ein und sorgen somit für ein anhaltend dynamisches Beschäftigungswachstum (Freitag). Aber auch hier zeigen schon die wöchentlichen Erstanträge zur Arbeitslosenhilfe erste Verschlechterungstendenzen – vor allem in den „Swing-States“.  

Eurozone: Wachstum steckt bei 1,0 % fest

Die Einkaufsmanagerindizes (Montag und Mittwoch) signalisieren nunmehr schon seit Januar 2019, dass sich das Wachstumstempo in der Eurozone auf etwa 1,0 % abgeschwächt hat. Dies entspricht in etwa dem langfristigen Wachstumspotenzial und ist daher eigentlich keine Katastrophe. Eine weitere Abschwächung des Wirtschaftswachstums wäre allerdings kritisch, da die EZB ihr geldpolitisches Pulver nahezu verschossen hat und die Fiskalpolitik kaum handlungsfähig ist.

Gleichzeitig verharrt die Kerninflation in einem Seitwärtstrend bei etwa 1,0 %, und die langfristigen Inflationserwartungen sind deutlich gefallen. Eine Beschleunigung des Wachstums der Geldmenge M1 (Montag) wäre vor diesem Hintergrund ein positives Signal, da sie in der Vergangenheit mit großer Regelmäßigkeit Trendwenden im Konjunkturverlauf schon früh signalisiert hat. Wichtig wäre auch eine Stabilisierung der deutschen Auftragseingänge (Freitag).  

Japan und China: Geschäftsklimaindizes im Fokus

In Japan wird die Tankan-Umfrage (Montag) veröffentlicht. Die japanische Wirtschaft schwächte sich bisher nur sehr moderat ab und entwickelte sich damit überraschend gut. Dabei kann aufgrund der schrumpfenden Bevölkerung der wirtschaftliche Erfolg Japans nicht mehr am BIP-Wachstum abgelesen werden, sondern am BIP-Wachstum pro Kopf. Seit Beginn der Abenomics Anfang 2013 ist das BIP pro Kopf in Japan um durchschnittlich 1,3 % pro Jahr gestiegen – ungefähr im gleichen Tempo wie in den USA mit durchschnittlich 1,6 %.  

In China wird sich der Fokus auf die Beschäftigungskomponente der Einkaufsmanagerindizes (Montag und Mittwoch) richten. Zuletzt war diese Komponente sehr schwach und signalisierte sogar einen Beschäftigungsabbau. Sollte sich die Lage am Arbeitsmarkt in China weiter verschlechtern, könnte das die Kompromissbereitschaft Chinas im Handelskonflikt mit den USA steigen – oder es könnte die chinesische Regierung zu neuen Konjunkturpaketen für die Wirtschaft animieren.

Eine gute und erfolgreiche Woche wünscht

Edgar Walk
Chefvolkswirt Metzler Asset Management

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