Zusammenfassend würden wir das
neue Gesetz in der Sprache der Kreditmärkte als „investment grade“ – BBB oder
sogar höher – bezeichnen. Zwar hat der Markt einen Großteil der Bestimmungen
des Gesetzes bereits seit langem erwartet, sodass wir davon ausgehen, dass die positiven Auswirkungen eher im
Laufe der Zeit als in einer
einzigen großen Bewegung zu spüren sein werden.
Dennoch war die erste Reaktion
des Marktes positiv: US-Aktien, Renditen von US-Staatsanleihen und der
US-Dollar legten zu. Dieses Ergebnis spiegelt vor allem die Beseitigung von Unsicherheiten wider, was für Anleger positiv ist.
Hervorzuheben sind auch die
nachhaltigeren positiven Aspekte des BBB.
- Während
der gesetzliche Körperschaftsteuersatz von 21 % unverändert bleibt, werden
Bestimmungen zur beschleunigten
Abschreibung den effektiven
Körperschaftsteuersatz für durchschnittliche Unternehmen auf 14 % bis 15 %
senken. Dies wird nicht nur die Investitionen ankurbeln, sondern durch die
Verringerung der Steuerlast auch dazu
beitragen, den Margendruck auszugleichen, der wahrscheinlich bei
Unternehmen entstehen wird, die die höheren Importkosten aufgrund der
Zölle nicht vollständig weitergeben können. Nach unserer Analyse
werden kleine und mittlere Unternehmen am ehesten von der Senkung der
effektiven Steuersätze profitieren.
- Die
geringere Unsicherheit könnte zusammen mit den höheren Gewinnen nach
Steuern (und Cashflows) zu
einer Belebung der stagnierenden Fusionen und Übernahmen sowie der
Börsengänge führen, was den Finanzwerten und
alternativen Anlagen Auftrieb
verleihen könnte.
- Steuererleichterungen
ohne entsprechende Ausgabenkürzungen deuten darauf hin, dass die
Gesetzgebung die Wirtschaft wahrscheinlich durch moderate fiskalische Impulse stützen wird. Darüber hinaus
dürfte die günstige steuerliche Behandlung von Abschreibungen auf
Investitionen die
Unternehmensausgaben ankurbeln. Aus makroökonomischer Sicht dürfte der
geschätzte Beitrag zum realen Wachstum des US-Bruttoinlandsprodukts (BIP)
im kommenden Jahr zwischen 0,2 % und 0,3 % liegen, wobei höhere Zölle und
geringere Transferzahlungen (z. B. Kürzungen bei Medicaid und Sozialleistungen)
mit negativen Multiplikatoreffekten zu einem gewissen Rückgang führen
dürften.
- Nach
Marktsektoren betrachtet profitieren von der beschleunigten Abschreibung
und den höheren Investitionsausgaben vor allem die Informationstechnologie
(aufgrund ihrer führenden Rolle bei Innovationen), die Industrie und die
Pharmaindustrie. Zusammen mit den höheren Zöllen, die wahrscheinlich
Anreize für Investitionen in die Produktion in den Vereinigten Staaten
schaffen werden, haben sich die Aussichten für die Investitionsausgaben
aufgehellert, was sich bereits in Ankündigungen verschiedener Unternehmen aus
den Bereichen Halbleiter (u. a. durch eine Steuergutschrift von 35 %),
Industrie und Automobil widerspiegelt.
- Die
Streichung der Bestimmungen in Abschnitt 899 zur Einführung einer
gestaffelten Besteuerung für Steuerinländer von Ländern, die
US-Unternehmen als „unfair” besteuern, ist ein bedeutender Pluspunkt und
stärkt die strukturelle Attraktivität der US-Kapitalmärkte.
Umgekehrt gibt es einige
potenziell weniger günstige Aspekte:
- Die größten Verlierer sind die
Teilsektoren Solar und Wind der alternativen Energien (Wasserstoff und Kernenergie
behalten ihre günstige Steuer- und Investitionsbehandlung). Allerdings
wurde die Einführung neuer Steuern auf Solarenergie aus der endgültigen
Fassung des Gesetzes gestrichen.
- Das
Gesetz sichert die Fortsetzung
der hohen US-Haushaltsdefizite in
den kommenden Jahren. Nach den Berechnungen des unabhängigen Congressional
Budget Office (CBO) wird die US-Verschuldung durch das Gesetz in den
nächsten zehn Jahren um 2,4 bis 3 Billionen US-Dollar steigen. Bislang hat der US-Treasury-Markt gelassen
reagiert, was zum Teil
auf die zyklischen Erwartungen einer moderaten Inflation und einer
gedämpften Konjunktur im Jahr 2025 zurückzuführen ist. Wir gehen jedoch
davon aus, dass die höheren US-Defizite, die höheren Investitionsausgaben
und die expansive Fiskalpolitik in anderen Ländern (z. B. in Deutschland
oder China) im Laufe der Zeit einen Aufwärtsdruck auf die globalen
Realzinsen ausüben werden.
Insgesamt wird die
BBB-Gesetzgebung daher unserer Meinung nach zu Recht von den Kapitalmärkten mit
einem „Investment Grade“ bewertet. Es mag zwar kein AAA sein, aber wir glauben,
dass der Gesetzentwurf dazu beitragen dürfte, die seit Mitte April anhaltende
positive Dynamik an den Märkten zu stützen.
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