ODDO BHF CIO View: „Beruhigung an den Finanzmärkten zu Jahresbeginn“

ODDO BHF CIO View: „Beruhigung an den Finanzmärkten zu Jahresbeginn“
Kapitalmärkte

Gemessen am nervenaufreibenden Börsenjahr 2022 sind die Finanzmärkte positiv ins neue Jahr gestartet. Der russische Angriff auf die Ukraine im Februar führte zu einem Angebotsschock, wie wir ihn zuletzt während der Ölkrise 1973 erlebt haben.

17.01.2023 | 08:43 Uhr

Prof. Dr. Van Viebig

Die Preise für Erdgas schossen in die Höhe, und die Lieferketten sind seitdem in wichtigen Branchen tiefgreifend gestört. Mit den Unternehmen litten die globalen Finanzmärkte. Der Aktienindex MSCI Welt TR, der die Kursentwicklung der größten börsennotierten Unternehmen der Welt misst, verlor im vergangenen Jahr 18,1 Prozent.

Für das laufende Jahr erwarten wir eine Stagflation. Somit droht uns dieses Mal keine schwere Rezession wie im Jahr 2009, als das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland um mehr als 5 Prozent gestürzt ist. Das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland wird, wenn überhaupt, im laufenden Jahr vermutlich um weniger als 1 Prozent schrumpfen. Allerdings wird die Inflation voraussichtlich hoch bleiben. Damit werden wir eine Kombination aus Stagnation und Inflation bekommen, eine klassische Stagflation. Im Euroraum wird die Inflation im Jahresdurchschnitt bei voraussichtlich 6 Prozent liegen, bis zum Jahresende könnte sie jedoch auf 3 bis 4 Prozent zurückgehen. Damit hätte die Teuerung ihren Höhepunkt überschritten, den sie im Oktober mit einer Inflationsrate von 10,6 Prozent erreicht hatte.

Zum einen erwarten wir, dass sich der Markt für Rohöl im Jahr 2023 ruhiger entwickeln wird. Nach dem heftigen Anstieg der Ölpreise im vergangenen Jahr wird die Volatilität an den Rohstoffmärkten vermutlich abnehmen. Vor diesem Hintergrund sollte sich in der Inflationsrate nun ein statistischer Basiseffekt bemerkbar machen: Da die aktuellen Ölpreise zumeist deutlich niedriger als im Vorjahr sein dürften, wird die Inflationsrate über die Komponenten Kraftstoffe und Heizöl tendenziell gedämpft.

Zum andern beginnen nun die Leitzinserhöhungen der EZB aus dem vergangenen Jahr zu wirken, da diese sich erfahrungsgemäß mit einer Verzögerung von rund zwölf Monaten in der Wirtschaft bemerkbar machen. Die höheren Zinsen wirken dämpfend auf die Wirtschaft und könnten von daher ebenfalls Inflationsdruck nehmen.

In den USA geht die Inflation ebenfalls zurück. Der Jahresdurchschnitt wird dort bei etwas mehr als 4 Prozent erwartet. Für das Jahresende erwarten wir einen Rückgang auf rund 3 Prozent. Am Donnerstagnachmittag wurde die aktuelle Entwicklung der amerikanischen Verbraucherpreise veröffentlicht. Um 6,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum stieg der Preisindex im Dezember 2022. Damit ist die Inflation weiter gesunken. Im Juni lag die Teuerung noch bei 9,1 Prozent und fiel bis Ende November auf 7,1 Prozent. Die Inflationserwartungen entsprachen genau den Erwartungen der Märkte und dürften zu einer weiteren Beruhigung beitragen. Wir erwarten weiterhin, dass die Leitzinsen in den USA auf über 5 Prozent in diesem Jahr steigen werden.

Den ausführlichen "ODDO BHF CIO View: „Beruhigung an den Finanzmärkten zu Jahresbeginn“ finden Sie hier als PDF.

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