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„Ich kann mir vorstellen, dass BYD Chinas Toyota wird“

Interview

TiAM FundResearch sprach mit Jian Shi Cortesi, Managerin des GAM China Evolution Fund, über Chinas Zero-Covid-Politik und über die Zukunftsbranchen im Reich der Mitte. Zudem erklärt sie, warum Anleger an China Fonds nicht vorbeikommen.

11.10.2022 | 07:00 Uhr von «Jörn Kränicke»

 Frau Shi Cortesi, namhafte Investoren wie etwa Jeffrey Gundlach haben China für uninvestierbar erklärt. Was ist von solchen Aussagen zu halten?

Jian Shi Cortesi: Wenn dem so wäre, warum haben dann im ersten Halbjahr 2022 die Direktinvestitionen deutscher Unternehmen ein neues Rekordhoch erreicht? Und laut einer aktuellen Studie von KPMG wollen 96 Prozent der deutschen Firmen, die in China tätig sind, dort auch bleiben. 71 Prozent der Befragten wollen sogar ihr Geschäft ausbauen. Und wenn die Unternehmen auch weiterhin Chancen in China sehen, warum sollten Anleger dies nicht auch tun. Zudem ist China kaufkraftbereinigt (PPP) die größte Volkswirtschaft der Welt. Nominal liegen sie zwar noch gut 20 Prozent hinter den USA. Aber wenn man die Preise für Dienstleistungen zwischen den beiden Ländern vergleicht, sieht man wie stark China wirklich ist. In den USA kostet ein Expresspaket rund 30 US-Dollar, in China sind es nur vier Dollar. Die identische Dienstleistung geht also mit dem fast achtfachen Faktor in des nominale US-GDP ein. Ähnlich ist bei den Kosten für einen Anwalt, die in den USA bei rund 300 US-Dollar pro Stunde liegen. In China sind es vielleicht ein Drittel. Zudem ist der Markt in China so groß, dass es sich kein Unternehmen leisten kann, dort nicht tätig zu sein. Das betrifft ja nicht nur europäische Unternehmen, sondern auch amerikanische. Starbucks hat in China rund 6000 Cafés und die Fabrik von Tesla in Shanghai produziert mehr Autos als das Stammwerk in Kalifornien. Wenn Anleger nicht in China investieren, entgehen ihnen einfach sehr viele Chancen.

Aber die chinesische Regierung hat im vergangenen Jahr durch ihre Regulierungswut bei den Internetfirmen und Bildungsanbietern ausländische Anleger verschreckt.

Die Maßnahmen chinesischer Regulierer sollten den Unternehmen nur Grenzen setzen und hatten nicht die Absicht diese Sektoren zu zerstören. Natürlich sind im vergangenen Jahr Tech-Large-Caps oftmals 70 oder 75 Prozent und Mid-Caps um 90 Prozent oder mehr eingebrochen. Durch diese starken Verluste hatten sich die Kurse der Aktien völlig von den Fundamentaldaten entkoppelt. Im vergangenen Jahr verbot etwa die chinesische Regierung Bildungsunternehmen, die Nachhilfe anboten, Kurse am Wochenende und in den Ferien anzubieten. Große Werte wie etwa New Oriental Education verloren daraufhin über 90 Prozent. Die Idee der Regierung ist nicht die Unternehmen zu zerstören, sondern nur dafür zu sorgen, dass die Kinder nicht mehr Tag und Nacht lernen. Wie unbegründet die Sorgen etwa bei dem schwer gebeutelten Bildungssektor war, zeigen die aktuellen Unternehmenszahlen. Schaut man sich die Zahlen von New Oriental Education an, so ist der Gewinn, der vor der Regulierung bei 3,5 Milliarden US Dollar lag, nun auf 2,8 Milliarden gesunken. Viele Internettitel konnten sogar wieder ihre Gewinnerwartungen weit übertreffen. Daher haben wir in diesem Jahr unsere Positionen bei Internettiteln kräftig aufgestockt.

Ist das nicht zu risikoreich? Mancher Experte erwartet in China eine größere Krise aufgrund der Probleme auf dem Immobilienmarkt.

In den vergangenen 18 Monaten sind chinesische Aktien im Schnitt schon um rund 50 Prozent gefallen. Derzeit machen sich die meisten Anleger eher Sorgen um die Zero-Covid-Politik. Es ist schwer vorherzusagen, wann genau China die Zero-Covid-Politik aufgeben wird, wir erwarten jedoch, dass der Trend in Richtung einer Lockerung geht. Die nächsten fünf Jahre wird die Zero-Covid-Strategie sicher nicht anhalten. Zudem hat jüngst die WHO Corona von einer Pandemie auf eine Endemie zurückgestuft. Das dürfte auch China zum Nachdenken anregen. China wird die Null-Covid-Politik endgültig aufgeben, wenn die Städte über ausreichende medizinische Ressourcen und eine hohe Durchimpfungsrate verfügen, insbesondere bei älteren Menschen und sonstigen gefährdeten Gruppen. Die Sorgen der Anleger um Chinas Immobilienmarkt werden sicher etwas zu hoch gehängt. Es gibt ja Stimmen die darin Chinas Lehman-Moment sehen. Das ist aber keineswegs der Fall. Die Lage in China ist völlig anders als 2008 in den USA. Es gibt dort keine Subprime-Problematik. In China müssen Erstkäufer von Immobilien 20 bis 30 Prozent Eigenkapital vorweisen. Personen, die zum zweiten Mal eine Immobilie kaufen bringen in der Regel 40 bis 70 Prozent Eigenkapital auf. Das Problem sind die eher die Immobilienentwickler. Sie haben in den vergangenen Jahren ihr Wachstum sehr stark mit Krediten gehebelt. Wenn Immobilien stark nachgefragt waren, konnten sie mit diesem Geschäftsmodell sehr stark wachsen und gehörten zu den wachstumsstärksten Unternehmen Chinas. Seit 2020 haben die Immobilienentwickler durch eine striktere Kreditvergabe der Banken ein Liquiditätsproblem. Allerdings hat etwa ein Unternehmen wie China Evergrande einen Immobilienbestand mit einem Wert von rund 350 Milliarden US-Dollar. Ihre Schulden betragen dagegen „nur“ 300 Milliarden. Ihnen fehlt also nur Liquidität. Das nun wahrscheinlichste Szenario ist, dass sie nun Immobilien liquidieren müssen. Zudem unterstützt der Staat die Immobilienunternehmen und hat auch die Zinsen für Immobilienkredite gesenkt und Hürden beim Immobilienkauf beseitigt.

Wird dadurch nicht abermals ein Immobilienboom angefacht?

Eher nicht. Das zeigen auch die schon der Verkaufszahlen. Bislang wurden rund 16 Millionen Immobilieneinheiten pro Jahr verkauft und Experten prognostizieren die Zukunft etwa zwölf Millionen Einheiten pro Jahr. Das passt zum Ziel von Chinas Regierung ihr Wirtschaftsmodell ändern. Bislang wurde es von den Infrastrukturinvestitionen und dem Export getragen. Zukünftig soll der Binnenkonsum und Innovation der Wachstumsmotor sein. Das wurde 2020 im 14. Fünfjahresplan, der von einem 15-Jahres-Ausblick überlagert wird, beschlossen.

Welche Bereiche des Fünfjahresplans sind für Sie am wichtigsten?

Wir konzentrieren uns beim GAM China Evolution Fonds auf die Stichworte Innovation, Umwelt und Einkommenswachstum. Wichtig sind auch die Punkte jung und alt, sie sind die Schlüsselwörter für Demografie und Verbrauchertrends. Denn China ist eine alternde Gesellschaft. Inzwischen sind mehr als 20 Prozent der Bevölkerung über 60 Jahre alt. Und es ist das erste Mal in der chinesischen Geschichte, dass die älteren Geld für Konsum haben. Sie haben Immobilienbesitz, eine Pension und sind krankenversichert. Früher waren sie zuhause und passten auf die Enkel auf. Das Eröffnet vielen Sektoren wie Versicherungen, Kosmetik, Tourismus neue Chancen. Die neue ältere Generation hat Zeit und Geld - und ist insbesondere abenteuerlustiger und bereit, Geld auszugeben, um das Beste aus ihren goldenen Jahren zu machen. Zudem haben sie ein gesteigertes Gesundheitsbewusstsein und oftmals den wachsenden Wunsch, jünger auszusehen. Die ältere Generation gibt viel Geld für gesunde Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel aus. Tatsächlich zählen Nahrungsergänzungsmittel zu den beliebtesten Geschenken für ältere Menschen in China und stehen auf den Wunschlisten chinesischer Touristen, die ins Ausland reisen, ganz oben. Der Wunsch, jünger auszusehen, ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen offensichtlich. In dieser Generation ist es nicht nur weit verbreitet, sich die Haare zu färben, sondern auch ästhetische Behandlungen und Botox haben in den letzten Jahren einen Boom erlebt.

Welchen Sektor favorisieren Sie noch?

Saubere Energie ist für China derzeit das interessanteste Thema überhaupt. Es ist nicht nur ein Gewinn für die Umwelt, sondern auch für die Wirtschaft. China hat sich zum Ziel gesetzt, im Bereich der sauberen Energie führend zu werden, und produziert bereits 70 Prozent der Solarmodule weltweit und etwa die Hälfte der Windturbinen sowie etwa 50 Prozent der weltweit verkauften Elektrofahrzeuge her. Und die die für die Elektromobilität benötigten Batterien werden fast zu 100 Prozent in China hergestellt. 50 bis 70 der dafür benötigten Rohstoffe wie Lithium und Kobalt werden in China abgebaut. China stellt insgesamt etwa 70 Prozent aller Produkte für die Energiewende her und das zu 30 bis 50 Prozent niedrigeren Kosten als im Rest der Welt. Das liegt vor allem an den niedrigen Energiepreisen in China. Eine Kilowattstunde Strom kostet gerade einmal fünf Cent.

Stehen dabei vor allem binnenorientierte Titel auf dem Einkaufszettel?

Ja, wir investieren hauptsächlich in binnenorientierte Unternehmen. Da der chinesische Markt sehr groß ist und viele Unternehmen erst seit einigen Jahren existieren, sind sie daher oftmals weltweit noch kein bekannter Brand. Aber dies dürfte sich zukünftig in einigen Bereichen auch ändern. Als Beispiel kann man die Autobranche betrachten. So kauft etwa Tesla seine Batterien auch bei CATL oder BYD ein. Zudem wandelt sich das Auto von einem mechanischen Produkt zu einem elektronischen. Und hier sind die chinesischen Firmen oftmals an der Spitze der Innovationen und bis zu 80 Prozent der gesamten Elektronik wie Computer, Handys etc. wird in China hergestellt. Daher dürften in wenigen Jahren Autos von BYD eine starke Konkurrenz für Tesla oder auch die deutschen Autohersteller sein. Denn die Batterie ist eine sehr wichtige Komponente im Auto und hier ist BYD weltweit führend in der Technologie. Ich kann mir vorstellen, dass BYD Chinas Toyota wird. Also ähnlich wie Toyota in Japan über 50 Prozent Marktanteil in China erreicht. Bislang waren in China ausländische Autohersteller marktführend. Denn bei den bisherigen Benzin-Motoren waren chinesische Firmen zu weit der Entwicklung hinterher. Bei den Elektroautos hingegen sind sie an der Spitze und daher werden chinesische Firmen bald die Marktführer sein. Beim autonomen fahren etwa. Ist China bereits sehr weit gekommen. So hat etwa Baidu Lizenzen in verschiedenen chinesischen Städten und auch in einigen Bezirken in Beijing, um autonome Taxis ohne Sicherheitsfahrer betreiben.

Sollten Anleger also jetzt China-Fonds auf den Kaufzettel setzen?

Viele Aktien sind historisch schon sehr günstig bewertet. Man kann viele Titel extrem günstig kaufen. Aber ob es nun schon der Tiefpunkt ist, kann niemand sagen. Sie sind aber für Langfrist-Anleger eine interessante Anlageklasse und ein Muss im Portfolio. China hat zudem als einzige große Volkswirtschaft in diesem Jahr die Zinsen gesenkt. Des Weiteren hat China durch Lockerung der Beschränkungen für den Immobilienerwerb und die Hypothekenvergabe zur Unterstützung des Immobilienmarktes beigetragen. Zudem wurden Verbraucherausgaben für Autos und Wohnungen durch die Befreiung von 60 Milliarden RMB an Kfz-Steuern für Käufer von Personenkraftwagen sowie die Verbesserung der Wohnungsbaupolitik zur Erleichterung von Immobilienkäufen gesteigert. Hinzu kommen Maßnahmen zur besseren Unterstützung der arbeitslosen Bevölkerung. China hat also viel getan, um die Wirtschaft zu stützen. Allerdings ist der Aktienmarkt auch nicht völlig unkorreliert zu den USA. Solange die Volatilität der US-Aktien hoch bleibt, dürften auch ihre chinesischen Pendants nicht zu einem Höhenflug ansetzen. Allerdings sollte man auf den 20. Volkskongress am 16. Oktober gespannt sein. Sollte China dann bekanntgeben, dass die Corona- Beschränkungen gelockert werden, könnten die Kurse steigen. Bislang war dies in allen Ländern so.

Zur Person:

Jian Shi Cortesi ist seit Mai 2010 als Portfoliomanagerin für asiatische Aktien und insbesondere für den GAM China Evolution Fund und den GAM Asia Focus Equity Fund bei GAM Group tätig. Zuvor arbeitete sie als Analystin für asiatische Aktien, Anlagestrategin mit Fokus auf Asien sowie Senior Investment Officer Asien-Pazifik für eine regionale Vermögensverwaltungsfirma in den USA. Ihre Karriere begann Jian Shi Cortesi als Redaktorin für Dow Jones in Peking. Sie hält einen Bachelor in internationaler Betriebswirtschaft der Beijing Foreign Studies University in Peking, China, sowie einen MBA der University of Tennessee, USA. Außerdem ist sie CFA Charterholder und zertifizierte FRM (Financial Risk Manager).

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