Morgan Stanley: Kapitalvermehrung im Gesundheitswesen

Gesundheit

Angesichts unserer erhöhten Gewichtung im Gesundheitswesen möchten wir im Folgenden unsere Einschätzung des Sektors mit Ihnen teilen. Wie auch bei anderen Unternehmen erwarten wir von Gesundheitsunternehmen hohe, nachhaltige Renditen auf das Betriebskapital und ein vorhersehbares langfristiges Wachstum.

31.10.2019 | 08:20 Uhr

"Der Gesundheitssektor ist in den letzten 20 Jahren am schnellsten gewachsen und verzeichnete den niedrigsten Verlust bei den Gewinnen je Aktie"

An Gesundheitsunternehmen, die hohe Renditen auf das Betriebskapital erwirtschaften, herrscht kein Mangel. Angesichts des nichtdiskretionären Wesens dieser Produkte, struktureller Wachstumsmotoren wie alternde Bevölkerungen und eines besseren Zugangs zur Gesundheitsversorgung in Schwellenländern dürften viele Gesundheitsunternehmen auch ein vorhersagbares Wachstum aufweisen. Wie in den unten stehenden Abbildungen gezeigt, weisen Unternehmen im Gesundheitssektor gegenwärtig die zweithöchste Rendite auf das eingesetzte Betriebskapital (ROOCE) auf, das zudem in den letzten 20 Jahren am schnellsten gewachsen ist und den geringsten Verlust beim Gewinn je Aktie (EPS) verzeichnet hat.

Abbildung 1

Dies ist ein vielversprechender Ausgangspunkt – aber natürlich gibt es auch Problematiken, die wir im Folgenden näher beleuchten.

Patente und Generika:

Über die Hälfte des MSCI World Health Care Index besteht aus Pharma- oder Biotechunternehmen, deren hohe Renditen sie in der Regel dem Patentschutz verdanken. Ein Unternehmen kann mit einem patentierten Medikament für etwa zehn Jahre beträchtliche Gewinne erzielen. Läuft der Patentschutz aber ab, werden Umsätze und Gewinne durch Generika dezimiert. Ohne eine Pipeline an Produkten, um diese entgangenen Umsätze aufzufangen, kann ein Unternehmen nicht länger wachsen und seine Renditen sinken. Pharmaunternehmen wenden einen hohen Anteil ihrer Umsätze auf, um eine ertragreiche Pipeline zu gewährleisten. Die Entwicklung neuer Arzneimittel ist allerdings ein langwieriger Prozess mit unvorhersehbarem Ausgang. Zwar sind manche Unternehmen im Hinblick auf F&E produktiver als andere, aber es ist sehr schwierig vorherzusagen, ob ein Unternehmen, das in den vergangenen zehn Jahren erfolgreich war, dies auch in den nächsten zehn Jahren sein wird.

Ein-Produkt-Unternehmen:

Dieser Aspekt ist noch wichtiger, wenn sich ein Unternehmen auf eine geringe Anzahl an Medikamenten stützt – ein Problem für viele Pharmakonzerne und insbesondere Biotechnologieunternehmen mit hohem Wachstum. Ein unerwarteter Wettbewerb oder Probleme mit der Sicherheit eines Medikaments können schwerwiegende Auswirkungen auf das Medikament haben. Die Folgen können bei fehlender Diversifikation verheerend sein.

Eingreifen der Regierung:

Die Preisgestaltung von Arzneimitteln ist ein äußerst kontroverses Thema, gerade in den USA. Seit Jahren bemühen sich Politiker darum, die Preise auf das Niveau anderer Länder zu senken, bislang mit sehr begrenztem Erfolg. Wir glauben, dass dramatische Änderungen nur mit einem extrem teuren Umstieg auf eine Einheitskasse möglich sind. Der Verkauf von Arzneimitteln in den USA wird nicht einfacher. Wir rechnen damit, dass eine Kombination staatlicher und privater Initiativen dafür sorgen wird, dass dies auch weiterhin der Fall sein wird.

Preisdruck:

Außerhalb des Pharmabereichs sind die Risiken rund um Patentschutz und Pipelines wesentlich geringer. Dafür gibt es aber andere Probleme. Ein-Produkt-Unternehmen können dennoch Risiken ausgesetzt sein. Insbesondere stehen sie oft unter Preisdruck. Das Problem mit Preisdruck ist, dass man sich vorwärtsbewegen muss, um den Status Quo zu bewahren. Kleine Änderungen des Preises oder der Volumina können ein akzeptables organisches Wachstum zum Stillstand bringen und damit das Potenzial für die Kapitalvermehrung beeinträchtigen. Wir suchen nach Unternehmen, die gegenüber Preisdruck relativ immun sind. Zumindest halten wir nach einer Volumen-Preis-Dynamik Ausschau, die mit großer Sicherheit ein langfristiges organisches Wachstum verspricht.

"Wir bevorzugen eindeutig Unternehmen, die Verbrauchsmaterialien anstelle von potenziell zyklischen Geräten verkaufen"

Zyklizität:

Angesichts der Wahrscheinlichkeit vorhersehbarer wiederkehrender Ertragsströme bevorzugen wir Unternehmen, die Verbrauchmaterialien anstelle von potenziell zyklischen Geräten verkaufen. Zudem analysieren wir auch die Art von Verbrauchsmaterialien, die von ihnen verkauft werden. Bei manchen Krankenhausverfahren handelt es sich um elektive Eingriffe, sodass die Volumina der Verbrauchsmaterialien einer größeren Zyklizität unterliegen. Beispielsweise hat eine Rezession sicher wesentlich größere Auswirkungen auf die Nachfrage nach plastischer Chirurgie als nach Herzchirurgie.

Unsere Strategie:

Wir vermeiden nach Möglichkeit die oben beschriebenen Fallstricke, wenn wir von den erwähnten Positivfaktoren – ein hoher, nachhaltiger ROOCE und ein vorhersagbares Wachstum – zu profitieren suchen. Wie so oft der Fall, verbringen wir den Großteil unserer Zeit damit, zu prüfen, was sich auf die Nachhaltigkeit von Renditen und die Vorhersagbarkeit des Wachstums auswirken könnte. Wie immer bestehen wir auf eine gute Geschäftsführung und eine angemessene Bewertung.

Dadurch ist natürlich der Pool an Unternehmen, die unsere strengen Anlagekriterien erfüllen, begrenzt. In den letzten Jahren ist er jedoch glücklicherweise gewachsen. Vier der Positionen im Gesundheitswesen in unseren globalen Portfolios wurden in den letzten Jahren durch Ausgliederungen transformiert. In einem Fall handelte es sich bei der Ausgliederung um den attraktiven Geschäftsbereich. In den anderen drei Fällen handelte es sich um das schwächere Geschäft, wodurch drei sehr vielversprechende Unternehmen entstanden. Auch hier warteten wir in einem Fall geduldig auf eine angemessene Bewertung. In einem anderen Fall war ein Wechsel auf der Führungsetage notwendig, um die Renditen zu steigern. Ein weiterer Fall schließlich kam als Anlage infrage, nachdem eine Übernahme des Unternehmens die Diversifikation innerhalb eines seiner Geschäftsbereiche verbesserte.

Um nicht allzu abstrakt zu werden, nennen wir im Folgenden einige Sektoren als Beispiele, in denen wir attraktive Unternehmen identifiziert haben:

Tiergesundheit– der Verkauf von Medikamenten für Tiere hat die gleichen Vorteile wie der Verkauf konventioneller Pharmazeutika, nämlich hohe Renditen und ein vorhersehbares Wachstum. Des Weiteren können diese Unternehmen eine hohe Diversifikation aufweisen. Die Ausgaben für F&E sind sogar wesentlich vorhersagbarer als bei konventionellen Pharmaunternehmen. Der größte Vorteil aber ist, dass die Risiken in Bezug auf ablaufende Patente und der Wettbewerb durch Generika sehr gering sind. Wichtig ist insbesondere, dass dies voraussichtlich auch in Zukunft der Fall sein wird.

Diagnostik– diese Unternehmen verkaufen große Geräte, mit denen verschiedene Diagnosetests durchgeführt werden. Die Gerätekosten sind für Kunden relativ gering, sodass weniger Spielraum für einen Preiswettbewerb besteht. Die Rentabilität ergibt sich aus den Verbrauchsmaterialien, die für jeden Test erforderlich sind und die in der Regel über langfristige Verträge geliefert werden – und damit ein hohes Maß an Vorhersehbarkeit aufweisen. Da die Geräte bereits vorhanden sein müssen, sind die Marktanteile generell ebenfalls sehr stabil.

Krankenhausbedarf– der Verkauf von Spritzen und intravenösen Flüssigkeiten klingt vielleicht nicht sonderlich vielversprechend, die Eintrittsbarrieren sind hier jedoch sehr hoch. Die Qualität des Produkts und die Zuverlässigkeit der Versorgung haben für Krankenhäuser höchste Priorität. Einen solchen Ruf erwirbt man sich nicht ohne weiteres, und ohne einen tadellosen Ruf wird sich ein Unternehmen schwer damit tun, ein Krankenhaus davon zu überzeugen, seine Produkte zu kaufen. Dadurch wiederum ist es nahezu unmöglich, die notwendigen Dimensionen zu erreichen, um einen wettbewerbsfähigen Preis bieten zu können.

"Produktqualität und vorbildliche Geschäftspraktiken sind in diesem Sektor entscheidend"

Produktqualität und vorbildliche Geschäftspraktiken sind in diesem Sektor entscheidend. Themen wie Sicherheit der Geräte, Preis der Arzneimittel, Antibiotikaresistenzen in Wassersystemen oder andere Umweltrisiken können für Gesundheitsunternehmen sehr schnell zu Reputations-, betrieblichen und aufsichtsrechtlichen Risiken werden. Durch die Integration von ESG-Faktoren (Umwelt, Soziales, Governance) in unseren Anlageansatz identifizieren wir die wichtigsten Risiken und Gelegenheiten, auf die sich die Führungskräfte von Gesundheitsunternehmen konzentrieren sollten. Die Öffentlichkeit verlangt zunehmend, dass solche Organisationen mit sozialer Verantwortung agieren, und ihre wissenschaftlichen und technologischen Errungenschaften dazu einsetzen, weltweit den Hunger zu verringern und die Gesundheitsversorgung zu verbessern.

Wir stellen fest, dass die Konzentration an erstklassigen Gesundheitsunternehmen in den USA höher ist als anderswo und dass ihre Bewertungen wesentlich angemessener sind.

Zwar identifizieren wir auch außerhalb der USA attraktive Unternehmen, diese sind aber zahlenmäßig weniger und wir tun uns schwer damit, Bewertungen zu finden, die eine angemessene Sicherheitsmarge bieten.

In Pharma investieren:

Angesichts der oben dargelegten Risiken rund um Patente und Pipelines und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass wir mit einem immer schwierigeren Umfeld für die Preisgebung von Arzneimitteln rechnen, überrascht es vielleicht, dass einige unserer globalen Portfolios so viele bekannte Pharmaunternehmen aufweisen.

Diese Unternehmen verkaufen zwar Pharmazeutika, ein beträchtlicher Anteil ihrer Umsätze ergibt sich jedoch aus Geschäftsbereichen wie Verbrauchergesundheit, Impfstoffe, Tiergesundheit, Kulturpflanzenforschung und Diagnostik. Eines unserer größeren Portfoliounternehmen erwirtschaftet nahezu 50% seiner Umsätze durch eine Kombination aus Verbrauchergesundheit und Impfstoffen. Außerdem ist es über ausgereifte Arzneimittelportfolios selbst im Pharmabereich möglich, die Risiken rund um Patentablauf und Preisgestaltung in den USA zu vermeiden. Beispielsweise verkauft eines unserer Unternehmen ein Blutverdünnungsmittel, dessen Patent schon lange abgelaufen ist, aber dennoch einen Umsatz von über 1 Mrd. Euro in den Schwellenländern erzielt und ein Wachstum von 8,8% verbucht. Auch gibt es bestimmte Medikamente, beispielsweise für die Behandlung seltener Krankheiten, deren Umsätze sich auch nach Patentablauf aus verschiedenen Gründen als relativ stabil erweisen. Unsere Strategie begrenzt zwar die Risiken, die typisch für Pharmaunternehmen sind, ganz vermeiden können wir sie jedoch nicht. Angesichts ihrer Bewertungen glauben wir jedoch, dass wir mehr als ausreichend für das eingegangene Risiko kompensiert werden.

Unsere erhöhte Gewichtung im Gesundheitswesen spiegelt die Tatsache wider, dass einige Unternehmen unsere strengen Aufnahmekriterien erfüllen konnten. Das bedeutet, dass sie die grundlegenden Eigenschaften aufweisen, die erforderlich sind, um die von uns erwarteten hohen und nachhaltigen Renditen auf das Betriebskapital zu erwirtschaften und sich damit als erstklassige Kapitalvermehrer qualifizieren.

RISIKOHINWEISE

Es besteht keine Garantie, dass ein Portfolio sein Anlageziel erreichen wird. Portfolios sind Marktrisiken ausgesetzt, d. h. es besteht die Möglichkeit, dass der Marktwert der Wertpapiere im Portfolio zurückgeht. Anleger können deshalb durch die Anlage in diese Strategie Verluste verzeichnen. Anleger sollten beachten, dass diese Strategie bestimmten zusätzlichen Risiken ausgesetzt sein kann. Veränderungen der globalen Konjunktur, der Verbraucherausgaben, des Wettbewerbs, der demografischen Entwicklung, der Verbraucherpräferenzen, der gesetzlichen Regelungen und der Wirtschaftsbedingungen können sich auf globale Franchise-Unternehmen negativ auswirken und die Strategie stärker belasten als bei einer Investition der Strategie in eine größere Vielfalt von Unternehmen. Aktienkurse reagieren im Allgemeinen auch auf unternehmensspezifische Aktivitäten. Anlagen in ausländischen Märkten sind mit besonderen Risiken verbunden. Dazu zählen politische und wirtschaftliche Risiken sowie Währungs- und Marktrisiken. Die Aktien kleiner Unternehmen weisen besondere Risiken wie begrenzte Produktlinien, Märkte und Finanzressourcen auf. Darüber hinaus sind sie einer stärkeren Marktvolatilität ausgesetzt als die Wertpapiere größerer, etablierter Unternehmen. Die Risiken einer Anlage in Schwellenländern übersteigen jene Risiken, die mit Investitionen in ausländischen Industrieländern einhergehen. Nicht diversifizierte Portfolios investieren oftmals in eine beschränkte Anzahl von Emittenten. Aus diesem Grund können Veränderungen der finanziellen Situation und des Marktwerts einzelner Emittenten zu einer höheren Volatilität führen. Overwriting-Strategie. Der Verkauf von Call-Optionen ist mit dem Risiko verbunden, dass bei Ausübung der Basiswert zu einem ungünstigen Kurs oder unter dem Marktpreis verkauft werden muss oder entsprechende Barmittel  aufzuwenden sind. Durch den Verkauf von Call-Optionen wird darauf verzichtet, während der Laufzeit der Option von Kursgewinnen des Basiswerts zu profitieren, die über die Summe aus Verkaufsprämie und Ausübungspreis hinausgehen. Jedoch bleibt das Verlustrisiko bestehen, wenn der Kurs des Basiswerts fällt. Darüber hinaus ist das Portfolio durch die Overwriting-Strategie unter Umständen nicht vollständig gegen einen rückläufigen Marktwert abgesichert. Der Verkauf ungedeckter Optionen ist mit besonderen Risiken verbunden, die zu erheblichen Verlusten im Portfolio führen können.

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