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Das unerwartete Comeback der Geldmarktfonds

Das unerwartete Comeback der Geldmarktfonds
Geldmarktfonds

Der Mix aus einer strafferen Geldpolitik, Rezessionsängsten, einer inversen Zinsstrukturkurve und dem Bankenbeben macht Geldmarktfonds attraktiv wie lange nicht. Investoren sollten jedoch unbedingt auf die Qualität der in den Fonds enthaltenen Papiere achten

16.08.2023 | 07:30 Uhr von «Wilhelm Nordhaus»

Seit Herbst 2022 verzeichnen Geldmarktfonds rekordhohe Mittelzuflüsse – ein Trend, der sich auch in den ersten Monaten des laufenden Jahres fortgesetzt hat. Bis Mitte Mai sind nach Angaben von BofA Global Research weltweit mehr als 750 Milliarden Euro in Money-Market-Fonds geflossen.

Rückenwind kommt aktuell vor allem von der inversen Zinsstrukturkurve, urteilt Annika Milz, Co-Head Institutionelle Kunden in Europa bei Fidelity International. „Die Renditen am kurzen Ende der Zinskurve sind vor dem sich abzeichnenden Zinsgipfel nicht nur höher als im langen Laufzeitsegment, sie sind auch in absoluten Zahlen für viele Investoren wieder attraktiv“, sagt die Managerin.

Das jüngste Bankenbeben habe die Nachfrage nach Geldmarktfonds nochmals verstärkt. „Auch wenn die Probleme bei einigen Banken eher als idiosynkratisch angesehen werden, gewinnt das Thema Sicherheit im kurzfristigen Anlagesegment merklich an Relevanz und führt zu Umschichtungen von Bankeinlagen zu Geldmarktfonds“, so Milz.

„Viele Unternehmen und andere institutionelle Investoren wollen Bankenrisiken reduzieren und ziehen zumindest einen Teil ihrer Overnight-Bestände bei Banken ab“, beobachtet auch Uwe ­Rieken vom Frankfurter Investmentberater Faros Consulting. Sollten die Leitzinsen weiter steigen, könnte sich dieser Trend weiter verfestigen. Da allerdings auch Geldmarktfonds Papiere systemrelevanter Banken hielten, seien die Herausforderungen trotz der heute strengeren Regulierung nicht vom Tisch. Anleger müssten der Auswahl geeigneter Fonds die notwendige Aufmerksamkeit schenken.

Schatten der Finanzkrise

In puncto Sicherheit werden bei Geldmarktinvestoren regelmäßig Erinnerungen an die Finanzkrise 2007/2008 wach. Damals sind auch hierzulande infolge der Lehman-Pleite und des dadurch ausgelösten Liquiditätsengpasses Geldmarktfonds in den Strudel der Finanzkrise geraten.

Derartige Risiken sind inzwischen jedoch deutlich abgemildert. Der Praxis, die Geldmarktfonds-Rendite durch risikoreichere und weniger liquide Papiere aufzubessern, wurde durch verschärfte regulatorische Bestimmungen dies- und jenseits des Atlantiks inzwischen ein Riegel vorgeschoben. Als es mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie erneut zu erheblichen Abflüssen und zu einem ersten Praxistest für die neuen Regeln kam, reagierten die Geldmarktfonds deutlich stabiler als nach der Finanzkrise.

So hat die EU in einer Verordnung Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsbeurteilung von Verbriefungspositionen festgelegt, die als Geldmarktprodukte gehandelt werden. Die Beurteilung muss von einer Ratingagentur durchgeführt werden, die von der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) registriert ist.

„Wir beobachten jedoch, dass die Grenzen zwischen den verschiedenen Anlageklassen im Fixed-Income-Bereich oft fließend sind und dass bestimmte Anleihen je nach Marktbedingungen als Geldmarktprodukte oder als kurzfristige Anleihen betrachtet werden können“, warnt Rieken. Letztlich hänge es von den spe­zifischen Merkmalen eines Wertpapiers ab, ob es als Geldmarktprodukt oder als kurzfristige Anleihe betrachtet wird, und diese Merkmale könnten sind im Lauf der Zeit ändern.

Neben weiteren Anpassungen durch Regulatoren können auch Investoren Sicher­heitsnetze einziehen. So rät Annika Milz beispielsweise, auf Geldmarktfonds mit einem konservativen Ansatz zu bauen, die beispielsweise ein S & P-Minimumrating von „A“ (beziehungsweise „A2“ von Moody’s) fordern und nicht in komplexe Papiere wie Asset-backed-Securities investieren.

Sicherheitsnetze einziehen

Auch eine Fundamentalanalyse könne helfen, Risiken zu erkennen und zu meiden. „Ein zukunftsorientierter und von Ratingagenturen unabhängiger Kreditanalyseprozess ist entscheidend. Dieser schließt bei Fidelity quantitative und qualitative Analysen sowie finanzielle und nichtfinan­zielle Parameter wie Liquiditätsdeckungsquoten, Kapitalanforderungen, die Managementqualität und Risikokontrollen mit ein. Auch andere potenzielle Risiken wie das geopolitische Risiko dürfen nicht außer Acht gelassen werden“, so Milz.

Neben weiteren gängigen Auswahlkriterien bei Geldmarktfonds wie einem langen und überzeugenden Track Record des Asset-Managers sowie einer ausreichend breiten Diversifikation über Länder, Anlageinstrumente und Fälligkeiten hinweg werde inzwischen auch die ESG-Integration bei Geldmarktfonds als Qualitätsindikator angesehen.

„Auch wenn die Fed und andere Akteure energisch gehandelt haben, um die Probleme im Zusammenhang mit der Silicon Valley Bank und anderen gefährdeten Banken zu lösen, sollten Investoren systemische Komponenten der Krise nicht außer Acht lassen“, rät Rieken. Hintergrund ist, dass der Stress im Bankensystem mit jeder Zinserhöhung zunimmt.

Deshalb sollten die Manager der Geldmarktfonds und ebenso ihre Investoren wichtige Indikatoren im Blick behalten, vor allem die Entwicklung bei Reverse-Repo-Geschäften, die Cross-Currency-Basis und Libor-OIS-Spreads, die die Finanzierungskosten der Banken und die Risikoaversion der Märkte messen. Diese würden sich bei Stressereignissen in der Regel ausweiten, erklärt Rieken.

Bislang scheinen sich die Aufschläge jedoch in Grenzen zu halten. Höhere Spreads könnten allerdings auf Störungen bei den Kreditkosten hindeuten und die Geldmärkte negativ beeinflussen. Fazit: Mit der entsprechenden Vorsicht und einem konservativen Ansatz können Geldmarktfonds eine sinnvolle Ergänzung von Liquiditätsportfolios sein. Cash-Manager müssten dann auch weniger zu komplexeren Produkten greifen.

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