Franklin Templeton: Das Wachstum stockt, Europa senkt den Leitzins

Franklin Templeton: Das Wachstum stockt, Europa senkt den Leitzins
Fixed Income

Die Europäische Zentralbank hat ihren Leitzins auf der Sitzung am 30. Januar um 0,25 % auf 2,75 % gekürzt. David Zahn, Head of European Fixed Income bei Franklin Templeton, erklärt, warum er weitere Zinssenkungen der EZB im Jahr 2025 erwartet und welche Auswirkungen dies für Anleger hat.

12.02.2025 | 07:52 Uhr

Die Europäische Zentralbank (EZB) senkte auf ihrer Sitzung im Januar den Leitzins und setzte damit ihren Kurs von Zinskürzungen fort, mit denen sie der schwächelnden Wirtschaft entgegenwirken will. Wir halten den politischen Kurs für angebracht und sehen darin außerdem Vorteile für Anleiheinvestoren. Die Herabsetzung im Januar ist die fünfte Zinssenkung seit Beginn dieses Zyklus im Juni 2024. Die politischen Entscheidungsträger haben unseres Erachtens noch einen langen Weg vor sich und könnten die Zinsen bis Ende 2025 auf ein niedrigeres Niveau senken, als der Markt derzeit erwartet.

Die Ankündigung der Bank fiel auf den gleichen Tag, an dem Eurostat Daten veröffentlichte, nach denen sich das Wirtschaftswachstum in Europa von Oktober bis Dezember 2024 auf 0 % belief. Mit anderen Worten: Es gab kein Wachstum. Im Gegensatz dazu legten die USA Daten vor, die ein Wachstum von 2,3 % für den gleichen Zeitraum zeigten.

Die Zinssenkungen in Europa sind zweifellos notwendig, um die schleppende Wirtschaft anzukurbeln. Allerdings ist nicht zu vergessen, dass die Geldpolitik mit Verzögerung wirkt: Die Kürzung vom Januar wird sich wahrscheinlich erst in 12 bis 18 Monaten niederschlagen. Als die EZB vor über einem halben Jahr die ersten Zinssenkungen vornahm, war die Wirtschaft in Europa vergleichsweise stärker. Die bisherigen Kürzungen konnten einen Abschwung nicht verhindern und das Inflationsniveau ist in etwa unverändert. EZB-Präsidentin Christine Lagarde zeigte sich auf der Pressekonferenz nach der Sitzung zuversichtlich, dass die Inflation in diesem Jahr auf das von der Bank angestrebte Niveau von 2 % zurückfallen wird, nachdem die Teuerung zuletzt etwa 2,4 % betragen hatte.

Vor diesem Hintergrund dürfte die EZB den eingeschlagenen Kurs fortsetzen. Sie geht normalerweise langsam und schrittweise vor, sodass wir in diesem Jahr mehrere Senkungen um 0,25 % erwarten, womit der Leitzins schließlich bei etwa 1,25 % liegen wird. Unsere Sichtweise unterscheidet sich von dem, was der Markt derzeit einpreist, der näher bei 1,75 % oder 2 % liegt.

Der anhaltende Rückgang der Zinsen stützt europäische Anleihen im Allgemeinen und besonders die Anleihen am kurzen Ende der Renditekurve, wo die Sätze am schnellsten sinken. Da sowohl die Zinsen als auch die Inflation in Europa in diesem Jahr wahrscheinlich nachlassen werden, bewerten wir den Ausblick für europäische Anleihen weiterhin positiv. Wir beobachten bestimmte Risikobereiche genau: Politik und Handel. In Deutschland findet im Februar die Wahl zum Bundestag statt und Frankreich steckt aufgrund eines hohen Haushaltsdefizits in der Sackgasse. In Frankreich könnten im Sommer oder Herbst neue Parlamentswahlen anstehen. Gleichzeitig ist der Handel mit Unsicherheit behaftet, da die neue Regierung Trump die Verhängung von Zöllen gegen Europa und viele andere Handelspartner erwägt. Für eine Vorhersage der möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen ist es noch zu früh, da die Zollpolitik der USA noch nicht bekannt ist und sich die globalen Handelsbeziehungen auf vielfältige Weise entwickeln könnten.

Die Entscheidung der EZB – einen Tag nach dem Beschluss der US-Notenbank, die Leitzinsen in den USA konstant zu halten – verdeutlicht, dass Europa und die USA auf zwei sehr unterschiedlichen Wegen wandeln. Die EZB muss angesichts der wirtschaftlichen Schwäche in der Region stärker akkommodierend vorgehen, während die Fed es sich leisten kann, abzuwarten und die Auswirkungen der neuen Politik der Trump-Regierung zu bewerten. Trotz der überdurchschnittlichen politischen Risiken in Deutschland und Frankreich betrachten wir das wachsende Gefälle als positiv für Anleger in europäischen Anleihen. Außerdem werden wir ein Arbeitspapier der EZB mit einer neuen Analyse des neutralen Zinssatzes aufmerksam verfolgen. EZB-Präsidentin Lagarde nahm während der Pressekonferenz mehrfach Bezug darauf und es könnte Hinweise enthalten, wie niedrig die Zinsen fallen werden. Lagarde erwähnte auch mehrfach den „Blick aus dem Fenster“ und die Beobachtung von Daten. Das lässt darauf schließen, dass die EZB den Bedürfnissen der Wirtschaft und der politischen Ökonomie in den kommenden Monaten mehr Aufmerksamkeit schenken wird.

WO LIEGEN DIE RISIKEN?

Alle Anlagen sind mit Risiken verbunden, ein Verlust des Anlagekapitals ist möglich.

Festverzinsliche Wertpapiere bergen Zins-, Kredit-, Inflations- und Wiederanlagerisiken sowie das Risiko eines möglichen Verlusts des eingesetzten Kapitals. Wenn die Zinssätze steigen, fällt der Wert von festverzinslichen Wertpapieren. Niedrig bewertete, hochverzinsliche Anleihen sind größeren Preisschwankungen und höheren Illiquiditäts- und Ausfallrisiken ausgesetzt.

Internationale Anlagen sind mit besonderen Risiken verbunden. Hierzu gehören Währungsschwankungen sowie gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Unsicherheiten, die zu erhöhter Volatilität führen können. Diese Risiken sind in Schwellenländern noch größer.

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