Führen Obamas Ausgabenkürzungen zur Rezession?

Fiscal Cliff nach Obamas Wiederwahl zentrales Thema der Märkte. Aufschwung in Asien - Prognosen für den Euroraum nach unten revidiert.

12.11.2012 | 09:31 Uhr

Nach der Wiederwahl Obamas zum US-Präsidenten reagierten die europäischen Aktienmärkte zunächst positiv. Die Kurse fielen jedoch wieder, nachdem die EU-Kommission in ihren jüngsten Prognosen für 2013 ein wesentlich niedrigeres Wirtschaftswachstum und eine höhere Arbeitslosigkeit voraussah. Die Kurse amerikanischer Aktien reagierten auf die Wiederwahl sofort negativ. In Ländern mit einem guten Rating legten die Kurse von Staatsanleihen zu. Der USD hatte in der Woche vor der Wahl angezogen, gab aber anschließend wieder nach.

Das dringlichste Thema für den US-Präsidenten und den Kongress ist derzeit die Umschiffung der Fiskalklippe. Zeitlich begrenzte Steuervergünstigungen laufen zum Jahresende aus. Gleichzeitig greifen automatische Ausgabenkürzungen. Durch die Kombination dieser beiden Faktoren droht der amerikanischen Wirtschaft eine Rezession.

Problematisch ist, dass Demokraten und Republikaner unterschiedliche Lösungen propagieren. US-Präsident Obama hat jetzt die Gelegenheit, sein Wirtschaftsprogramm energischer zu verfolgen. Wenn die Republikaner nicht mitziehen, könnte ihnen die Schuld an einer Rezession in die Schuhe geschoben werden. Unserer Ansicht nach, wird es wahrscheinlich daraus hinauslaufen, dass die meisten Steuervergünstigungen verlängert und die Ausgabenkürzungen verschoben werden.

Damit wäre die „Klippe“ zwar umschifft, viele Fragen wären aber noch ungelöst. Wenn die Regierung im nächsten Februar oder März die Obergrenze für die Staatsverschuldung erreicht, könnte es zu einem Aufruhr an den Märkten kommen. Rating Agenturen könnten amerikanische Staatsanleihen herabstufen. Die Auswirkungen einer solchen Maßnahme würden sich jedoch unserer Ansicht nach in Grenzen halten. Außerdem würde bei einer vorübergehenden Lösung die Ungewissheit über den haushaltspolitischen Kurs anhalten. Auch wenn wir damit rechnen, dass die Wirtschaft im kommenden Jahr durch die Fiskalpolitik belastet wird, könnten die Auswirkungen dieser Ungewissheit schlimmer sein.

Bloomberg zufolge lag die Arbeitslosenquote bei der Wiederwahl Obamas höher als bei der jedes anderen Präsidenten seit Franklin Roosevelt (1936). Die durchschnittliche Anzahl neu geschaffener Stellen pro Monat liegt jetzt seit drei Monaten bei 170.000 und damit über dem Durchschnitt seit Januar 2010, als am Arbeitsmarkt die ersten Anzeichen für eine Erholung zu erkennen waren.

Selbst der jüngste leichte Anstieg der Arbeitslosenquote hatte eine positive Seite. Die Anzahl der Erwerbspersonen nahm schneller zu als die Anzahl der Stellen. Dies könnte bedeuten dass entmutigte Arbeitslose wieder auf den Arbeitsmarkt zurückkehren. Aufgrund des Überangebots an Arbeitskräften könnte die Arbeitslosenquote jedoch selbst bei einem angemessenen Stellenwachstum relativ hoch bleiben und das Lohnwachstum belasten. Dies wiederum könnte einerseits den Unternehmensgewinnen zugutekommen, aber andererseits das Einkommenswachstum und die Kaufkraft der Haushalte belasten und dazu führen, dass Verbraucher nicht bereit oder nicht in der Lage sind, Vermögensstände wie Häuser über Kredit zu finanzieren. Obwohl sich das Verbrauchervertrauen verbesserte, scheint das Wachstumspotenzial für die Einzelhandelsumsätze begrenzt zu sein.

Die ISM-Daten waren durchwachsen. Das Stellenwachstum ließ nach, blieb aber im positiven Bereich, während sich die zukunftsbezogene Komponente der Auftragseingänge verbesserte. Der Index für das Dienstleistungsgewerbe fiel stärker als erwartet. Die Einstellungsabsichten verbesserten sich. Der kombinierte Index weist derzeit für die USA auf ein BIP-Wachstum von unter 2 % hin.

Mehrere Indikatoren zeigten, dass viele asiatische Volkswirtschaften inzwischen die Talsohle erreicht haben. Die chinesischen Einkaufsmanagerindizes signalisierten eine schrittweise Zunahme des Wirtschaftswachstums. Es sieht aus, als sei das Risiko einer harten Landung zurückgegangen, auch wenn es unserer Ansicht nach noch nicht ganz ausgeschaltet ist.

In Hongkong, Indien, Australien, Südkorea und Taiwan verbesserten sich die Einkaufsmanagerindizes, in Singapur, Thailand und Vietnam waren sie hingegen rückläufig. In Brasilien stieg der PMI zum ersten Mal seit März über 50 Zähler. In Mexiko, dessen Volkswirtschaft eng mit der der USA verknüpft ist, war ein rapider Anstieg zu verzeichnen. Unter den europäischen Schwellenländern wiesen die Länder mit den engsten Verbindungen zum Euroraum im Allgemeinen die schwächsten Zahlen aus.

Die Herbstprognosen der EU-Kommission für 2013 wurden zum Teil stark korrigiert. Das BIP-Wachstum soll statt 1,0% wie ursprünglich vorgesehen nur noch 0,1% betragen. Die Inflationsrate soll unverändert bei 1,8% liegen. Die Prognose für die Arbeitslosenquote wurde von ursprünglich 11 % auf 11,8 % korrigiert. Die EU.Kommission rechnet in vielen Mitgliedsstaaten mit höheren Haushaltsdefiziten und einem Anstieg der Staatsverschuldung.

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