Morgan Stanley: Es macht sich bezahlt

Morgan Stanley: Es macht sich bezahlt
FinTech

Die Zahlungsverkehrsbranche entwickelt sich zu einem der attraktivsten Teile der Fintech-Welt. Unser International Equity Team erklärt.

05.08.2020 | 09:41 Uhr

Die Zahlungsverkehrsbranche entwickelt sich zunehmend zu einem der attraktivsten Teile des Finanztechnologie (Fintech)-Universums. Vor COVID-19 wurden global 50% aller Transaktionen bar abgewickelt.1 Aufgrund von COVID-19 mussten viele Zahlungen, die ansonsten physisch geleistet worden wären, online erledigt werden, wo Bargeld bekanntlich wenig nützlich ist. Zudem besteht die Wahrscheinlichkeit, dass physisches Geld ein Überträger des Virus sein könnte. Sobald sich die Verbraucher an die bequemeren digitalen Zahlungsmethoden gewöhnt haben, sollte die Abwendung vom Barverkehr in der Welt nach COVID-19 strukturell stärker bleiben. Es wird erwartet, dass das Volumenwachstum mittelfristig über 12% pro Jahr liegen wird, wodurch die Branche Rückenwind erhalten wird.2

„Nachdem sich die Verbraucher nun an die bequemeren digitalen Zahlungsmethoden gewöhnt haben, sollte die Abwendung vom Barverkehr in der Welt nach COVID-19 strukturell stärker bleiben.” 

Der Zahlungsverkehrsmarkt ist komplex, und es gibt eine Reihe von Akteuren mit verschiedenen Rollen und Leistungsversprechen. Grob lassen sich die Marktteilnehmer in drei Hauptkategorien einteilen: Kartenaussteller, Kartennetzwerke und „Merchant Acquirer“. Kartenaussteller sind in den meisten Fällen Banken und Kreditkarteninstitute, die Kredit- und Debitkarten für Privat- und Geschäftskunden ausstellen. Kartennetzwerke stellen die Infrastruktur und das Regelwerk für den Austausch von Autorisierungen und Geldern zur Verfügung. Merchant Acquirer fungieren als Schnittstelle zwischen den Geschäften oder Websites, die die Zahlungen annehmen, und den Kartennetzwerken.

Wenn die Kunden ihre Karte zücken, um zum Beispiel im Supermarkt den Inhalt ihrer gefüllten COVID-19-Einkaufswägen zu bezahlen, sendet das Gerät eine Nachricht an den Merchant Acquirer und fordert die Autorisierung der Zahlung an. Der Merchant Acquirer sendet die Nachricht über das Kartennetzwerk, das sie wiederum an den Kartenaussteller weiterleitet. Bestätigt der Kartenaussteller, dass die Zahlung mit der Karte geleistet werden kann, wird die Autorisierung über das Kartennetzwerk zurück an den Merchant Acquirer und letztlich an den Supermarkt übermittelt. Je nach verwendeter Karte und Region erhält der Supermarkt bei einem Einkauf im Wert von 100 USD ca. 98,00 bis 99,00 USD, der Merchant Acquirer behält eine Gebühr zwischen 0,10 und 0,20 USD ein, das Kartennetzwerk erhält ca. 0,20 USD und der Kartenaussteller beansprucht im Allgemeinen zwischen 0,60 und 1,30 USD für sich.3 Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würden die Kartenaussteller am meisten verdienen, doch in Wirklichkeit geben diese einen Teil der Einkünfte wieder an die Verbraucher weiter, so in Form von Anreizen wie Air Miles, Preiserstattungen oder niedrigeren Fremdwährungsgebühren.

„Traditionell sind reine Kartennetzwerke die attraktivsten Glieder in der Zahlungskette."

Kartennetzwerke, der widerstandskräftige Teil des Systems

Traditionell sind die zwei reinen Kartennetzwerke – Visa und MasterCard – die attraktivsten Engstellen in diesem Ökosystem. Ihnen bietet ein System aus drei einander überlappenden Wällen Schutz: ein Verbrauchernetzwerk, ein Händlernetzwerk und ein Netzwerk aus Finanzinstituten. Diese einander überlappenden Wälle haben sich als sehr hart zu durchbrechen erwiesen. Es gibt zwar ein paar vertikal integrierte Anbieter, inländische Kartennetzwerke und neue Anbieter von elektronischen Zahldiensten, doch ohne staatliche Regulierungsmaßnahmen, die die Wettbewerbsbedingungen zu ihren Gunsten verändern, und viel Kapital ist es erwiesenermaßen sehr schwer, mit den zwei Kartennetzwerken zu konkurrieren. So können die meisten dieser alternativen Anbieter in Sachen Investitionsniveau, internationale Reichweite und Servicequalität nicht mit Visa oder MasterCard mithalten. So können Visa und MasterCard in einem wachsenden Markt stabile und beherrschende Marktanteile halten, während sich weltweit der Wandel vom Bar- zum Kartenzahlungsverkehr vollzieht. 

Merchant Acquirer im Aufwärtstrend

Der Großteil des Merchant Acquirer-Geschäfts liegt nach wie vor bei den Banken, insbesondere in Europa. Historisch betrachtet war dieses Geschäft Teil der Services, die Handelsbanken für ihre Kunden erbrachten. Im Laufe der Zeit führten die zum Geschäft gehörenden Skaleneffekte zum Entstehen von ursprünglich bankeigenen und nun unabhängigen Anbietern von Abwicklungs- und Merchant Acquiring-Services. Diese Unternehmen verfolgen eine der beiden nachfolgenden Strategien: Entweder konsolidieren sie die bestehende Handelsbankinfrastruktur unter einem Dach und schaffen Synergien aus der Optimierung der Systeme und Kosten, oder sie betreiben eine einheitliche Technologieplattform und gewinnen neue Kunden organisch. Akteure wie Adyen, Stripe und PayPal haben sich für die zweite Strategie entschieden und damit starkes Wachstum bei sehr attraktiver Wirtschaftlichkeit erzielt, was ihnen hohe Bewertungen brachte. Gleichzeitig machen einige der geringer bewerteten Konsolidierer dank vernünftiger Transaktionspreise und sich verbessernder Integrationsfähigkeiten gute Fortschritte.

Kartenaussteller – in der Hand von Banken und Kreditinstituten

Der Großteil des Kartenausstellungsgeschäfts befindet sich in der Hand von Banken und Kreditkartenunternehmen. Diese lagern die Abwicklung manchmal aus, um Skaleneffekte zu erzielen, doch tendenziell halten sie an dem zentralen Ausstellungsgeschäft fest, das ihnen Interbankenentgelt bringt. Wenngleich sich mit Kartenausstellung sehr attraktive Renditen erzielen lassen – wobei es hier Schwankungen gibt, je nachdem, wie viel für direkte oder indirekte Anreize abgegeben werden muss –, ist dieses Geschäft selten so umfangreich, dass es für den wirtschaftlichen Erfolg des jeweiligen Unternehmens wirklich ausschlaggebend wäre.

Daten: die nächste Herausforderung

Diese Anlagethese beruht auf der Konsolidierung eines Geschäfts, das seiner Natur nach mit hohen Fixkosten verbunden ist. Darüber hinaus birgt die Zahlungsverkehrsbranche einen Schatz von Datenmengen, auf deren Grundlage Mehrwertleistungen entwickelt werden können.

„Erfolg wird letztlich derjenige haben, der die Daten mit der besten Qualität generieren kann”

Zum Beispiel stellen Fastfood-Ketten Terminals in ihren Restaurants auf, an denen der Kunde Essen bestellen kann, das er dann an der Theke abholt. Am Terminal bestellen Kunden tendenziell mehr oder teurere Artikel, vielleicht weil sie sich weniger von der Warteschlange hinter ihnen unter Druck gesetzt fühlen. Bei der Verwendung von Apps lässt sich ein ähnlicher Trend feststellen. Ein Tool, das Fastfood-Restaurants dabei hilft, auf Grundlage ihrer Kundenbasis die voraussichtliche Investitionsrendite eines solchen Terminals zu ermitteln, könnte von großem Wert sein.

In dieser Branche wird letztlich derjenige Erfolg haben, der in der Lage ist, die Daten mit der besten Qualität zu generieren. Theoretisch müssten einige der Großbanken, die sowohl Kartenaustellung als auch Merchant-Acquirer-Services unter ihrem Dach vereinen, am besten gerüstet sein. Doch erfordert dies oft eine Integration über getrennte Geschäftsbereiche hinweg (z. B. Privat- und Geschäftskundengeschäft) und ein umfangreiches Aufrüsten sowie die Integration von bestehenden Systemen. Historisch betrachtet taten sich Banken, insbesonders etablierte Banken, mit solchen Herausforderungen schwer. Kartennetzwerke verfügen bei Weitem über die tiefgehendsten Datenbestände. Doch beim Kartenzahlungsverkehr sind diese Kartennetzwerke nicht nur für die Abwicklung zuständig, sondern legen auch die Regeln fest und vermitteln zwischen Merchant Acquirer und Kartenausstellern. Es wird schwierig für sie sein, weiter die Rolle des Schiedsrichters zu spielen und gleichzeitig beim Wettkampf um Daten mitzumachen.

Einige der Merchant Acquirer positionieren sich im Bereich von Mehrwertdienstleistungen. Ähnlich wie für Banken wird auch für Merchant Acquirer die Systemarchitektur ein entscheidender Erfolgsfaktor sein, wobei die Betreiber einheitlicher Technologieplattformen die besten Karten haben. Kürzlich eingeführte digitale Brieftaschen wie ApplePay und GooglePay sind auch in einer guten Position, unter der Voraussetzung, dass sie ihre Zahlungsdaten mit ihren anderen Datenbanken integrieren können.

Auswirkungen

Aus einer ESG-Perspektive kann der Wandel vom Barverkehr hin zu digitalen Zahlungsmethoden zur finanziellen Ausgrenzung von Menschen führen, die keinen Zugang zum Bankensystem haben, insbesondere in den Schwellenländern. Visa ist sich dieser Tatsache sehr bewusst und hat bereits Personen ohne Bankzugang dabei geholfen, Zugang zu Konten für elektronischen Zahlungsverkehr zu erhalten, mit dem Ziel, bis 2020 500 Millionen Menschen zu erreichen. Der Wandel hin zu digitalem Zahlungsverkehr wirft auch Fragen im Hinblick auf die Sicherheit von Zahlungen auf. Visa hat stark in Datensicherheit investiert. Im Rahmen des Cybersicherheitsprüfungsprogramms 2019 von Gartner Consulting erhielt Visa das beste Rating der Branche. Außerdem verhinderte Visa durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz Betrug im Umfang von 25 Mrd. USD.

Als Investoren in Qualitätsanlagen sowie mit Fokus auf den Schutz vor Wertverlusten standen wir Kartennetzwerken schon immer sehr nahe, nicht zuletzt aufgrund der Robustheit ihres Geschäftsmodells und der Skaleneffekte. Banken und reine Kreditkartenunternehmen kommen für unsere globalen Portfolios aufgrund ihrer geringen Rendite und hohen Verschuldung nicht infrage. Merchant Acquirer sind für uns interessanter, wenngleich sie für Betreiber einheitlicher Technologieplattformen hoch bewertet sind.


Hier gesamten Artikel finden Sie hier.


1 Quelle: Capgemini World Payments Report 2019

2 Quelle: Capgemini World Payments Report 2019

3 Quelle: Adyen, Nexi, Visa und Analyse von Morgan Stanley



RISIKOHINWEISE

Es besteht keine Garantie, dass ein Portfolio sein Anlageziel erreichen wird. Portfolios sind Marktrisiken ausgesetzt, d.h. es besteht die Möglichkeit, dass der Marktwert der Wertpapiere im Portfolio zurückgeht. Marktwerte können sich aufgrund wirtschaftlicher und anderer Ereignisse (z. B. Naturkatastrophen, Gesundheitskrisen, Terrorismus, Konflikte und soziale Unruhen), die Märkte, Länder, Unternehmen oder Regierungen betreffen, täglich ändern. Der Zeitpunkt, die Dauer und mögliche negative Auswirkungen (z. B. Portfolio-Liquidität) von Ereignissen lassen sich nur schwer vorhersehen. Anleger können deshalb durch die Anlage in diese Strategie Verluste verzeichnen. Anleger sollten beachten, dass diese Strategie bestimmten zusätzlichen Risiken ausgesetzt sein kann. Veränderungen der globalen Konjunktur, der Verbraucherausgaben, des Wettbewerbs, der demografischen Entwicklung, der Verbrauchernachfrage, der gesetzlichen Regelungen und der Wirtschaftsbedingungen können sich negativ auf global operierende Unternehmen auswirken und das Portfolio stärker belasten als bei einer Investition des Portfolios in eine größere Vielfalt von Unternehmen. Aktienkurse reagieren im Allgemeinen auch auf unternehmensspezifische Aktivitäten. Anlagen an ausländischen Märkten sind mit besonderen Risiken verbunden. Dazu zählen politische und wirtschaftliche Risiken sowie Währungs- und Marktrisiken. Die Aktien kleiner Unternehmen weisen besondere Risiken wie begrenzte Produktlinien, Märkte und Finanzressourcen auf. Darüber hinaus sind sie einer stärkeren Marktvolatilität ausgesetzt als die Wertpapiere größerer, etablierter Unternehmen. Die Risiken einer Anlage in Schwellenländern übersteigen jene Risiken, die mit Investitionen in ausländischen Industrieländern einhergehen. Nicht diversifizierte Portfolios investieren oftmals in eine beschränkte Anzahl von Emittenten. Aus diesem Grund können Veränderungen der finanziellen Situation und des Marktwerts einzelner Emittenten zu einer höheren Volatilität führen. Overwriting-Strategie. Der Verkauf von Call-Optionen ist mit dem Risiko verbunden, dass bei Ausübung der Basiswert zu einem ungünstigen Kurs oder unter dem Marktpreis verkauft werden muss oder entsprechende Barmittel aufzuwenden sind. Durch den Verkauf von Call-Optionen wird darauf verzichtet, während der Laufzeit der Option von Kursgewinnen des Basiswerts zu profitieren, die über die Summe aus Verkaufsprämie und Ausübungspreis hinausgehen. Jedoch bleibt das Verlustrisiko bestehen, wenn der Kurs des Basiswerts fällt. Darüber hinaus ist das Portfolio durch die Overwriting-Strategie unter Umständen nicht vollständig gegen einen rückläufigen Marktwert abgesichert. Der Verkauf ungedeckter Optionen ist mit besonderen Risiken verbunden, die zu erheblichen Verlusten im Portfolio führen können.

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