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Europa

Clearing: Gefährliche Hängepartie in London

Obwohl Großbritannien längst aus der Europäischen Union ausgetreten ist, werden immer noch rund 90 Prozent aller auf Euro lautenden Finanzderivate in London abgewickelt. Die Lizenzverlängerungen für die europäischen Marktteilnehmer werden nun zum Politikum.

12.11.2021 | 07:30 Uhr von «Matthias von Arnim»

Es gibt in der Geschichte der Menschheit unzählige Beispiele dafür, was passieren kann, wenn man vorhersehbare Gefahren ignoriert. Zu den bekanntesten Geschichten zählen der Untergang der Titanic. Auch die vierte Corona-Welle in Deutschland fügt sich nahtlos in die Chronik kleinerer und größerer vermeidbarer Unglücke und Katastrophen ein. Die Reihe wird damit nicht enden. Falls es nicht noch einen diplomatischen Coup in letzter Sekunde gibt, wird ein für die Finanzwelt sehr heikles Thema hinzukommen, das sich bereits über mehrere Monate aufgebaut hat und immer noch nicht gelöst ist. Die Rede ist vom Clearing von Finanzderivaten.

Clearinghäuser sorgen als Vermittler zwischen Vertragspartnern dafür, dass der Handel reibungslos funktioniert. Im Zweifelsfall springen sie mit eigenem Geld ein, um Marktstörungen zu verhindern. Es geht hier um einen Billionenmarkt, der, wenn es um auf Euro lautende Derivate geht, zu 90 Prozent in London durch das zur Londoner Börse gehörende Clearing-Haus LCH abgewickelt wird. Um die Dimension deutlich zu machen: Die LCH hat aktuell allein mehr als 80 Billionen Euro an auf Euro lautende Zinsswaps im Bestand. Mit solchen Swaps wollen sich Vertragspartner gegen Zinsänderungsrisiken absichern. Die LCH garantiert als „zentrale Gegenpartei“ das Geschäft. Sie springt ein, wenn einer der beiden Marktteilnehmer zahlungsunfähig wird und das Geschäft nicht mehr erfüllen kann. Dafür nimmt sie Gebühren.

Es ist ein einträgliches Geschäft. Und es ist mittlerweile hochpolitisch. Wer in London Geschäfte tätigen will, muss sogenanntes Clearing-Mitglied sein und dafür eine Lizenz beantragen. Das war vor dem Brexit nur eine Formalie. Danach wollte man irgendeine Lösung finden, die garantiert, dass rechtliche EU-Standards eingehalten werden. Das ist bis heute nicht geschehen.

Eine vorübergehende Ausnahmeregelung ermöglicht Banken und Asset Managern in der Europäischen Union das Clearing von Geschäften in Großbritannien. Die nutzen diese Ausnahmeregelung gerne. Das Clearing in London gilt als preiswerter und unkomplizierter als beispielsweise das Clearing bei der Eurex Clearing AG, einer Tochter der Deutschen Börse AG. Die drohende Rechtsunsicherheit in London und auch der Vorteil der Eurex, mit ihrer Banklizenz direkten Zugang zur Liquidität der Europäischen Zentralbank zu haben, was sie als Garant von Zahlungen im Fall einer Finanzkrise sicherer macht als die LCH, haben bisher kaum eine Rolle gespielt.

Das ändert sich gerade. Denn die Ausnahmeregelung für in der EU beheimatete Finanzinstitute läuft im Juni kommenden Jahres aus. Wie es danach weitergehen soll, ist völlig ungeklärt. Die Leichtfertigkeit, mit der das Thema immer wieder vertagt wurde, rächt sich nun. Denn die Regierung in London setzt die Clearing-Problematik neuerdings als politisches Druckmittel im Streit mit der EU um die Zoll-Regelungen in Nordirland ein. Mairead McGuinness, die EU-Kommissarin und Chefin für Finanzdienstleistungen, wurde bereits im September von Handelsgruppen wie der International Swaps and Derivatives Association (ISDA), der Association for Financial Markets in Europe und der European Banking Federation auf die hohe Dringlichkeit der Problematik hingewiesen. Sollte die derzeitige Entscheidung außer Kraft treten, bestünde „ein erhebliches Risiko einer Marktstörung für die Clearing-Mitglieder in der EU und ihre Kunden”, hatten die Verbände ihr in einer gemeinsamen Stellungnahme geschrieben. Diese Warnung ist nicht übertrieben. Die EU und das Vereinigte Königreich sind weit davon entfernt, eine generelle Einigung über Finanzdienstleistungen zu erzielen. Der Gouverneur der Bank of England, Andrew Bailey, hat in dieser Woche erst die EU scharf kritisiert und vor einer „echten Bedrohung“ für die Finanzstabilität gewarnt. Man schiebt sich gegenseitig die Schuld für die verfahrene Situation zu. Entspannung sieht anders aus.

Jetzt versucht McGuinness, die Wogen zu glätten und den Kollaps zu verhindern. Es ist ein Drahtseilakt. Einerseits muss die EU-Kommissarin kurzfristig eine Lösung finden, zum Beispiel eine Verlängerung der Ausnahmereglung. Zugleich will die EU langfristig das Clearing-Geschäft aufs Festland ziehen, etwa nach Frankfurt oder Paris. Das Problem: Die Fronten zwischen Brüssel und London sind mittlerweile verhärtet, Kompromisse nur noch schwer zu finden. Plötzlich spielen auch die Fischereirechte und Nordirland eine Rolle. Alles hängt plötzlich mit allem zusammen.

Wie schwer sich die Verhandlungspartner tun, ließ Mairead McGuinness in der vergangenen Woche durchblicken: Die Europäische Kommission werde sich nicht auf „plötzliche Wendungen“ einlassen, wenn es um eine Entscheidung über die Lizenz geht, die es europäischen Banken erlaubt, bis Mitte nächsten Jahres Geschäfte in Milliardenhöhe in London abzuwickeln. Gleichzeitig forderte die irische Kommissarin für Finanzdienstleistungen die Marktteilnehmer auf, die Forderung der EU-Kommission ernst zu nehmen, längerfristig mehr Derivategeschäfte in Euro in die EU zu verlegen. „Wir müssen sicherstellen, dass es kurzfristig keine Instabilität gibt, aber wir müssen auch unsere langfristigen Interessen im Auge behalten. Sie sollten sehr genau hinhören, was ich sage. Wir betrachten dies als eine strategische Frage für uns auf mittlere und lange Sicht“, hatte McGuinness in einem Interview mit der Financial Times klargestellt. Es sei ein Risiko für die Finanzstabilität, wenn bis zu 80 Billionen Euro an offenen Verträgen auf einem Markt abgewickelt würden, der nicht mehr der direkten Aufsicht einer EU-Behörde unterliege.

McGuinness hat in Aussicht gestellt, bald eine Lösung für verfahrene Situation zu finden. Angesichts der schwierigen politischen Gemengelage erscheint diese Aussage sehr optimistisch.

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