Financière de l'Echiquier: Grexit-Kosten für Eurozone gering

Chief Investment Officer Marc Craquelin spricht im Interview über die griechische Volksabstimmung und beschreibt die Auswirkungen eines möglichen Austritts des Landes aus der Währungsgemeinschaft.

08.07.2015 | 15:24 Uhr

Welches sind die nächsten Rückzahlungsfälligkeiten für Griechenland?

30. Juni: Fälligkeit der erste Rückzahlungsrate des griechischen Hilfspaket. Der IWF hat mitgeteilt, dass er im Falle einer Nichtrückzahlung der ihm geschuldeten 1,6 Mrd. EUR seine Hilfe für das Land einstellen wird. Dies würde die Position der EZB im Übrigen sehr erschweren. Des Weiteren hat Letztere die verschlechterten Erwartungen für das griechische Haushaltsbudget bereits eingerechnet, da sie die Obergrenze für die ELA-Notkredite (ELA = Emergency Liquidity Assistance) am Sonntag nicht erhöht hat. Der Liquiditätsengpass für die griechischen Banken hat sich daher verschärft.

5. Juli: Griechische Volksabstimmung. Die Frage dreht sich um die Annahme des Sparprogramms, dessen genaue Bedingungen noch festzulegen sind. 

Welche Szenarien sind in Folge der Volkabstimmung hervorzusehen?

Abstimmungsergebnis „Ja“ (worauf die Umfragen hindeuten): Dies wäre das günstigste Szenario. Dennoch könnte dies eine Phase politischer Instabilität in Griechenland auslösen (Möglichkeit vorgezogener Wahlen) und den von den Institutionen vorgeschlagenen Plan in Bezug auf Betrag und Dauer begrenzen. Ein 3. Hilfspaket - das eine Umstrukturierung der bestehenden Schulden einschließt - würde frühestens im Herbst diskutiert werden.

Abstimmungsergebnis „Nein“: Am 20. Juli 2015 tritt definitiv die Zahlungsunfähigkeit ein. Die EZB hätte keine andere Wahl, als die ELA-Notkredite einzustellen, und die griechischen Banken wären pleite. Die Befürchtungen eines Ausstiegs Griechenlands aus der Eurozone würden sich verstärken.

Welche Auswirkungen hätte ein Ausstieg Griechenlands?

Auswirkungen des „Grexit“ ist schwierig zu bewerten. Allerdings ist zu bedenken, dass der Einfluss der griechischen Wirtschaft begrenzt ist. Griechenland stellt lediglich 3,3 % der Bevölkerung und 1,8 % des BIP der Eurozone dar.

Die finanziellen Kosten eines Ausstiegs Griechenlands wären für die Eurozone gering. Der Zahlungsausfall würde sich auf 350 Mrd. EUR belaufen, wovon ein Teil möglicherweise früher oder später wiedererbringbar sein wird. 150 Mrd. EUR würden vom Stabilitätsfonds getragen werden, der ausreichend ausgestattet ist, um den Verlust zu verkraften. Der Nettoverlust dürfte daher zwischen 100 und 200 Mrd. EUR liegen, was weniger als 2 % des BIP der Eurozone ausmacht.

Zweifellos ist jedoch mit einem Anstieg der Risikoprämien der gesamten Eurozone zu rechnen. Dies insbesondere in den Peripherieländern (Spanien, Portugal). 

Wie könnten die Märkte reagieren?

Es zeigt sich bereits jetzt, dass die Märkte das Ausmaß der Erschütterung vielleicht teilweise schon vorweggenommen haben, insbesondere in der Eurozone.

Auf sehr kurze Sicht ist mit einem Rückgang der Aktienmärkte, insbesondere in der Eurozone, zu rechnen.

Über die kommenden Tage hinaus werden die europäischen Institutionen dem Ansteckungsrisiko zweifellos entgegentreten. Unahhängig des Krisenausganges sollten die seit 2011 eingeführten Maßnahmen (OMT, QE, Bankenunion, ESM usw.) die Anleger früher oder später beruhigen.

Die Analyse im pdf-Dokument

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