Natixis: Brexit könnte Paradigmenwechsel auslösen

Da sich Brexit-Befürworter und -Gegner immer hitzigere Debatten liefern, haben Experten von Natixis Asset Management die volkswirtschaftlichen Auswirkungen beider Optionen sowie deren Folgen für die Finanzmärkte untersucht.

02.06.2016 | 15:17 Uhr

Am 23. Juni 2016 werden die Briten im Rahmen eines Referendums über die zukünftige Mitgliedschaft ihres Landes in der Europäischen Union abstimmen. Die Analysen deuten darauf hin, dass ein EU-Austritt Großbritanniens sowohl in politischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht einen grundlegenden Paradigmenwechsel in Europa zur Folge hätte.

Eine große Herausforderung für Europa

Laut Philippe Waechter, Director of Economic Research, wirft das Referendum viele Fragen zu den möglichen wirtschaftlichen und politischen Folgen für Großbritannien – aber auch für die restliche Europäische Union – auf. „Dieses Referendum findet in einer Zeit statt, in der man sich in Europa große Sorgen macht. Schließlich ist der Kontinent von dem dynamischen Wachstum und der Expansion, die vor der Krise des Jahres 2008 zu beobachten waren, noch weit entfernt. Die Folgen sind eine hohe Arbeitslosigkeit und damit auch die Gefahr sozialer und politischer Instabilität“, führt er aus. Obwohl die Entscheidung der Wähler in erster Linie politischer Natur ist, wird sie auch grundlegende wirtschaftliche Auswirkungen haben. Ein EU-Austritt Großbritanniens würde für dort ansässige, international ausgerichtete Unternehmen erhebliche Probleme mit sich bringen. Investitionen in Großbritannien werden sowohl durch die Flexibilität der britischen Wirtschaft als auch durch deren unmittelbaren Zugang zum Binnenmarkt angezogen. Ein Brexit würde diese Voraussetzungen jedoch grundlegend ändern, weil dieser Zugang zum Binnenmarkt dann – zumindest für einen gewissen Zeitraum – wegfallen würde. Deshalb könnte ein Austritt Großbritanniens aus der EU dazu führen, dass Direktinvestitionen in Großbritannien zum Erliegen kommen, bis sich bei den Verhandlungen mit der Europäischen Union konkrete Fortschritte abzeichnen. „Der Ausgang dieser Verhandlungen ist jedoch sehr unsicher“, fügt Philippe Waechter hinzu.

„Falls Großbritannien die Auswirkungen des Brexit auf den Handel und damit auch auf die Konjunktur und die Beschäftigungslage begrenzen möchte, wird es ein neues Wirtschaftsmodell entwickeln müssen. Aber das wird dauern und die Wirtschaft des Landes belasten.“ Der Finanzsektor, der rund zehn Prozent des britischen BIP ausmacht, würde ebenfalls stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Die geänderten Voraussetzungen, die ein EU-Austritt Großbritanniens mit sich bringen würde, würden den Zugang des britischen Finanzsystems zu den finanziellen Strukturen des Euroraums beeinträchtigen. So könnte der Finanzplatz London einen Großteil der in Euro lautenden Handelsaktivitäten, die bisher noch dort abgewickelt werden, verlieren. Darüber hinaus wäre damit zu rechnen, dass viele Europäer, die sich in London niedergelassen haben, von dort wegziehen werden. Ein Brexit könnte also auch über die reinen Bankenaktivitäten hinaus schwerwiegende Auswirkungen haben. So würde sich die Bevölkerungsstruktur ändern, was die sehr dynamische Wirtschaft Londons und damit auch die ganz Großbritanniens belasten würde. Aus politischer Perspektive dürften diese konjunkturellen Aspekte sogar noch gravierendere Folgen haben. Schließlich wäre Großbritannien im Falle eines Brexit bei Verhandlungen über alle politischen und strategischen Fragen weltweit auf sich gestellt und hätte nicht länger die Unterstützung sowie die Sicherheit der EU hinter sich. Dadurch würde die politische Bedeutung Großbritanniens sicherlich beeinträchtigt werden.

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