Wenn Sie der „Tag der Befreiung“ von US-Präsident Trump nicht von der Last weiterer Fragen oder der Qual der Ungewissheit befreit hat, befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Dina Ting, Head of Global Index Portfolio Management bei Franklin Templeton Exchange-Traded Funds, äußert sich zu den Auswirkungen – insbesondere für die Schwellenländer.
16.04.2025 | 07:52 Uhr
Die wichtigsten Punkte
Wenn Sie der sogenannte „Tag der Befreiung“ von US-Präsident Donald Trump nicht von der Last weiterer Fragen oder der Qual der Ungewissheit befreit hat, befinden Sie sich in guter Gesellschaft.
Washington plant nun, eine Flut neuer universeller Zölle auf alle importierten ausländischen Waren zu erheben, was zu Vergeltungsmaßnahmen der Handelspartner der USA führen wird. Was könnte schiefgehen?
An einem windigen Mittwoch hielt Trump im Rosengarten des Weißen Hauses eine Art Sandwich-Tafel mit Zöllen hoch, auf der Chinas Strafe gut sichtbar ganz oben stand. „Reziproke“ Zölle von 34 % erhöhen die Gesamtabgaben auf chinesische Waren nun auf unglaubliche 54 %.
Während die Europäische Union und viele andere asiatische Länder zu den Wirtschaftsräumen gehören, die von diesem gezielten Angriff am stärksten betroffen sind, ist Vieles weiterhin offen. Es bleibt abzuwarten, wie genau diese Maßnahmen die weltweit verflochtenen Lieferketten neu vernetzen, die Geschäftsdynamik stören und sich auf Portfolios auswirken werden. Insbesondere da wir bereits eine Neuausrichtung der Handelspartnerschaften weg von den USA beobachten, betonen wir weiterhin die – gerade jetzt besonders wichtige – Weisheit der Diversifizierung.
Begrenzte direkte Auswirkungen
Da einige Güter und Volkswirtschaften vergleichsweise weniger betroffen sind, greifen Anleger zur Optimierung ihres taktischen Engagements auf ETFs für einzelne Länder zurück. Kanada und Mexiko, für die zuvor gesonderte Zölle galten, wurden durch Ausnahmen für Waren, die dem Abkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada entsprechen, entlastet, insbesondere durch die Befreiung „bestimmter Mineralien“ von höheren Zöllen. Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum, die sich in früheren Verhandlungen mit Trump als geschickt erwiesen hat, gibt sich zurückhaltend und erklärt, Mexiko werde mit einem „umfassenden Programm“ reagieren und nicht unbedingt mit Gegenzöllen.
Wenn Kanada und Mexiko weitere Fortschritte bei der Lösung der von Trump zur Rechtfertigung der Zölle angeführten Fentanyl-Notlage machen, könnten sie in ein separates Zollsystem aufgenommen werden.
Andere Länder, in denen die direkten Zollkosten minimal sind, sind Brasilien, Australien und das Vereinigte Königreich – die größten Länder, mit denen die Vereinigten Staaten einen Handelsüberschuss erzielen. Stahl, Aluminium und Importe von Öl, Gas und Raffinerieprodukten sind ebenfalls von den neuen Zöllen ausgenommen, was bestimmten Volkswirtschaften und Sektoren zugutekommen könnte – beispielsweise der saudischen Ölindustrie.
Brasilien steht nach wie vor vor der Herausforderung, seine hohe Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen. Bis Ende 2024 war die brasilianische Wirtschaft jedoch stark und die Arbeitslosigkeit niedrig, wobei das Wachstum von einer robusten Binnennachfrage getragen wurde. Während Sojabohnen nach wie vor eine zentrale Rolle bei der Expansion der brasilianischen Landwirtschaft spielen und den Aufstieg des Landes zu einem der weltweit führenden Lieferanten landwirtschaftlicher Produkte vorantreiben, hat eine historische Wende in jüngster Zeit auch dazu geführt, dass die brasilianischen Baumwollexporte die der USA überholt haben. Es überrascht nicht, dass China der Hauptabnehmer dieser Produkte war.
Der stabile Zufluss ausländischer Direktinvestitionen ist ebenfalls ein wichtiger Faktor für die Entwicklung der Leistungsbilanz Brasiliens. Tatsächlich ist die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas einer der wichtigsten Empfänger ausländischer Direktinvestitionen der Welt – mit einem Zufluss von fast 66 Mrd. USD im Jahr 2023 der fünftgrößte weltweit.1 Zu den wirtschaftlichen Vorteilen des Landes zählen auch die enormen natürlichen Ressourcen sowie eine große und junge Erwerbsbevölkerung.
Ab dem 9. April wird auf Waren aus Taiwan, die für die USA bestimmt sind, ein Einfuhrzoll von 32 % erhoben. Eine wichtige Ausnahme bilden Halbleiter, die aufgrund ihrer globalen und hochspezialisierten Lieferkette ein komplexes Zollziel darstellen. Bei der Berechnung der reziproken Zollsätze wurden laut Ankündigung monetäre Zölle, Währungsmanipulationen und Handelshemmnisse berücksichtigt. Da die Methodik nicht veröffentlicht wurde, ist es schwierig, dies zu überprüfen, aber die verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass der Ansatz möglicherweise zu simplistisch und grob war, so dass Spielraum für Anpassungen besteht. Taiwanesische Regierungsvertreter haben schnell auf Fehler in den Berechnungen hingewiesen und auf sofortige Verhandlungen gedrängt.
Seit Jahresbeginn ist der MSCI Taiwan Index um fast 9% gefallen und befindet sich damit in einer Korrekturphase.2 Wir sind jedoch der Ansicht, dass diese Entwicklung eher die globale Unsicherheit als die Fundamentaldaten der taiwanischen Wirtschaft widerspiegelt. Der taiwanesische National Development Council erwartet im Jahr 2025 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,3 %, getragen von der anhaltenden Nachfrage nach künstlicher Intelligenz (KI) und anderen neuen Technologien.3 Die gemäßigtere BIP-Prognose des Internationalen Währungsfonds von 2,7 % scheint den globalen Wachstumssorgen in diesem Jahr stärker Rechnung zu tragen, positioniert Taiwans Wirtschaft aber immer noch weit vor den meisten Industrieländern und vor dem mäßigen Wert der G7 von 1,7 %.4
Obwohl Taiwans technologiegetriebene Wirtschaft (mit oder ohne Ausnahmeregelungen) stark von Exporten in die USA abhängig ist, sind die Halbleiterfertigungskapazitäten des Landes nach wie vor unübertroffen. Taiwan hält derzeit einen Anteil von zwei Dritteln am globalen Foundry-Markt und stellt damit den Zweitplatzierten Südkorea mit einem Anteil von 10 % klar in den Schatten. Bei der Herstellung der fortschrittlichsten Chips, einschließlich derer, die für das Training von KI-Anwendungen wie großen Sprachmodellen verwendet werden, dominieren taiwanesische Unternehmen mit einem Marktanteil von über 90 %5 fast vollständig das weltweite Angebot. Gleichzeitig diversifiziert das „wichtigste Unternehmen der Chip-Welt aus Taiwan“, so Trump in seiner Rede im Rosengarten, nicht zuletzt aus geopolitischen Gründen seine Produktionsstätten im Ausland und hat Investitionen in Höhe von 200 Mrd. USD in den USA zugesagt.
Nahezu 70 % der Indexgewichtung Taiwans entfallen auf den IT-Sektor, aber es sei darauf hingewiesen, dass die Gewichtung Taiwans in den globalen Indizes nur 1,8 % beträgt, obwohl die Wirtschaft und die Unternehmen des Landes eindeutig viel leistungsfähiger sind.6
Fußnoten
WO LIEGEN DIE RISIKEN?
Alle Anlagen sind mit Risiken verbunden, ein Verlust des Anlagekapitals ist möglich.
Beteiligungspapiere unterliegen Kursschwankungen und sind mit dem Risiko des Kapitalverlusts verbunden. Internationale Anlagen sind mit besonderen Risiken verbunden. Hierzu gehören Währungsschwankungen sowie gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Unsicherheiten, die zu erhöhter Volatilität führen können. Diese Risiken sind in den Schwellenländern noch größer.Anlagen in Unternehmen eines bestimmten Landes oder einer bestimmten Region können einer größeren Volatilität unterliegen als Anlagen, die geografisch breiter gestreut sind. Sofern ein Portfolio eine Konzentration in bestimmten Wertpapieren, Regionen oder Branchen aufweist, unterliegt es höherer Volatilität.
Der Einfluss der Regierung auf die Wirtschaft ist noch immer hoch, und daher spielen bei Investitionen in China Regulierungsrisiken im Vergleich zu vielen anderen Ländern eine größere Rolle. Investments in China, Hongkong und Taiwan unterliegen speziellen Risiken, dazu gehören eine geringere Liquidität, Enteignungen, eine konfiskatorische Besteuerung, Spannungen im internationalen Handel, Verstaatlichung sowie Devisenkontrollbestimmungen und eine hohe Inflation. All dies kann negative Auswirkungen auf den Fonds haben. Investitionen in Hongkong und Taiwan könnten wegen der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu China negativen Einflüssen unterliegen.
Diversifizierung ist keine Garantie für Gewinne und bietet keinen Schutz vor Verlusten.
ETFs werden wie Aktien gehandelt. Ihr Marktwert schwankt, und sie können zu Kursen gehandelt werden, die über oder unter ihrem Nettoinventarwert liegen. Brokerprovisionen und ETF-Gebühren schmälern die Renditen. ETF-Anteile können während der Öffnungszeit der Börse, an der sie notiert sind, zu ihrem Marktpreis gekauft oder verkauft werden. Es kann jedoch nicht garantiert werden, dass ein aktiver Markt für den Handel mit ETF-Anteilen entsteht oder bestehen bleibt oder dass ihre Notierung fortgeführt wird oder unverändert bleibt. ETF-Anteile können zwar an Sekundärmärkten gehandelt werden, werden jedoch eventuell nicht unter allen Marktbedingungen prompt gehandelt und können in Zeiten von Marktstörungen zu erheblichen Abschlägen gehandelt werden.
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