
Einkommensorientierte Aktienanleger müssen nicht auf Wachstum verzichten, um von der Macht der Dividenden zu profitieren.
08.09.2025 | 05:53 Uhr
Viele Unternehmen behaupten, sie zahlen Dividenden, weil ihre
Aktionäre das wollen. Doch die Finanzchefs derselben Unternehmen
erklären uns oft, sie würden Kapital nur einsetzen, um die
Aktionärserträge zu maximieren. In den heutigen Märkten stehen diese
beiden Punkte oft im Widerspruch zueinander und können für
einkommensorientierte Aktienanleger ein Dilemma darstellen.
Dividenden gelten als verlässliche Einnahmequelle und werden
typischerweise mit einer starken Aktienperformance in Verbindung
gebracht. Doch die gängige Meinung zu Dividenden kann irreführend sein.
Hohe Ausschüttungen heute bedeuten weniger Geld für zukünftiges
Unternehmenswachstum, was das Gewinn- und Aktienkurspotenzial schmälern
könnte. Anleger, die Aktienerträge anstreben, können dieses Dilemma
lösen, indem sie die Dynamik von Dividenden verstehen, die auf ihre
steigende Attraktivität vor 60 Jahren zurückgeht.
Zu Beginn der 1960er Jahre entstanden in zahlreichen Sektoren,
darunter im Bankwesen, der Energiewirtschaft, den Medien und der
Telekommunikation, mächtige regionale Monopole. Diese regionalen
Giganten dominierten ihre Märkte und profitierten von den Vorteilen
ihrer lokalen Größe, die sie allen Konkurrenten in den Schatten
stellten.
Dank gesundem Umsatz- und Gewinnwachstum – und geringen zusätzlichen
Investitionen – konnten diese Monopole große Summen an ihre Aktionäre
(oft auch sich selbst) ausschütten, und zwar über den einzigen möglichen
Weg: Dividenden. Aktienrückkäufe gab es damals noch nicht – sie wurden
erst 1982 in den USA und viel später in Europa legalisiert (Dänemark
erlaubte Rückkäufe erst 2006).
Mehr als drei Jahrzehnte später erschütterte die Geburt des Internets
die Grundlagen der Dividendenkultur. Im August 1995 ging Netscape an die
Börse. Obwohl Netscape nur 1,4 Millionen Dollar Umsatz erwirtschaftete,
beendete es seinen ersten Handelstag mit einer Marktkapitalisierung von
fast drei Milliarden Dollar. Die Dotcom-Blase hatte begonnen.
Der Marktwahn dauerte zwar nur sechs Jahre, doch der Start von Netscape
markierte den Beginn der Kommerzialisierung des Internets und damit den
Anfang vom Ende der meisten regionalen Monopole. Monopolisten konnten
nicht länger rein regional konkurrieren, denn was einst knapp war, war
nun im Überfluss vorhanden und was einst lokal war, global geworden. Die
Spielregeln hatten sich geändert.
In einer Welt des Überflusses und des globalen Wettbewerbs ist die
Reinvestition in das eigene Geschäft für Unternehmen und ihre Aktionäre
von größter Bedeutung. Unternehmen, die nicht reinvestieren können oder
wollen, drohen im besten Fall Stagnation, im schlimmsten Fall der
Untergang.
Das erklärt, warum Aktien zu den wenigen Vermögenswerten gehören, die
ohne erhebliche Reinvestitionen der Anleger wachsen können. Bargeld wird
durch die Inflation aufgezehrt, Anleihen müssen reinvestiert werden und
Immobilien benötigen ständige Instandhaltung. Der Wert einer Aktie kann
jedoch völlig unbeeinflusst weiterwachsen. Der Grund? Jemand anderes
investiert für Sie – das zugrundeliegende Unternehmen.
Im Jahr 2025 definiert eine neue Marktmacht die Dividendendynamik neu.
Passive, indexbasierte Anlagen dominieren die Märkte, das verwaltete
Vermögen übertrifft mittlerweile jenes der aktiven Manager. Diese
Machtverschiebung hat einen subtilen Wandel an den Märkten ausgelöst,
der die klassische Anlegerregel „billig kaufen, teuer verkaufen“ auf den
Kopf stellt.
Tatsächlich ist heute das Gegenteil der Fall, da die meisten Indizes
nach der Marktkapitalisierung gewichtet sind. Fällt der Aktienkurs eines
Unternehmens, sinken unter sonst gleichen Bedingungen dessen
Marktkapitalisierung und Indexgewichtung; umgekehrt gilt das Gegenteil
bei steigendem Aktienkurs. Infolgedessen wird das Kapital im Markt
Aktien kaufen, die steigen, und Aktien verkaufen, die fallen. Mit
anderen Worten: Hoch kaufen, niedrig verkaufen ist heute gängige Praxis.
Neue Marktdynamiken haben die Berechnung von Dividenden verändert, die nicht mehr unbedingt mit einer starken Aktienperformance in Einklang stehen (Abbildung). Dennoch schätzen viele Anleger Dividenden nach wie vor, da man allgemein glaubt, durch die Ausschüttung von Dividenden das Kapital zu schützen. Leider ist das in der heutigen Welt nicht immer der Fall.

Zwar sind nicht alle Dividenden schlecht, doch einkommensorientierte Anleger sollten drei Punkte beachten, die das Verhältnis zwischen Dividenden, Gewinnen und Aktienkursen bestimmen.
Warum zahlen Unternehmen also tatsächlich Dividenden? Unserer Meinung
nach ist die einzig akzeptable Antwort darauf, dass der Aktienkurs
eines Unternehmens zu hoch ist, um einen Aktienrückkauf zu
rechtfertigen. Kein CEO oder CFO würde das jedoch jemals zugeben. Allzu
oft scheuen sich dividendenzahlende Unternehmen, ihre Ausschüttungen zu
kürzen, aus Angst, die Aktionäre zu vergraulen, selbst wenn es für die
Gesundheit des Unternehmens am besten wäre.
Allerdings sind Menschen und Unternehmen darauf angewiesen, dass ihr
Vermögen Einkommen generiert. Und trotz ihrer Schwächen sind Aktien
hervorragend dafür geeignet, das langfristig zu erreichen.
Die gute Nachricht: Trotz der Herausforderungen gibt es eine
Möglichkeit, Aktieneinkommen zu generieren und den realen Wert des
eigenen Kapitals zu schützen oder ihn im Laufe der Zeit sogar zu
steigern. Dafür sind allerdings gewisse Kompromisse erforderlich.
Erstens sollten Anleger bereit sein, heute eine niedrige
Dividendenrendite zu akzeptieren. Das ermöglicht es, in Unternehmen zu
investieren, die reinvestieren, um langfristiges Gewinnwachstum zu
erzielen. Zweitens sollten sie auch in Unternehmen investieren, die
heute keine Dividende zahlen. Das mag zwar überraschend klingen, doch
der Wegfall dieses Hindernisses eröffnet ihnen Zugang zu einigen der
weltweit besten Unternehmen, die Kapitalschutz und Wachstum für die
kommenden Jahre sowie zukünftiges Dividendenpotenzial bieten. Drittens
sollten sie auf Diversifizierung verzichten. Da nur sehr wenige
Unternehmen langfristig hohe Dividenden und Gewinnwachstum erzielen
können, riskieren Anleger unserer Meinung nach ihr Kapital, wenn sie
ihre Allokation im Namen des Risikomanagements erweitern.
Diese Punkte mögen im Widerspruch zu traditionellen
Aktieneinkommensstrategien stehen, die sich primär auf hohe
Dividendenrenditen konzentrieren. Unserer Ansicht nach kann jedoch eine
disziplinierte Suche nach ausgewählten Unternehmen mit einem hohen
freien Cashflow im Laufe der Zeit zu höheren Dividenden und
Kapitalwachstum führen. Das ist ein Rezept für eine bessere Balance
zwischen Wachstum und Erträgen, das das Dividendendilemma, mit dem
Unternehmen und Anleger angesichts der heutigen schwierigen
Marktbedingungen konfrontiert sind, entwirrt.
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