Direct Lending: Von der Nischenstrategie zum Kerninvestment | |
3/2025 | |
Bill Ammons | |
TiAM FundResearch |
Bill Ammons, Partner und Portfolio-Manager bei AlbaCore Capital Group, schreibt für TiAM FundResearch über die zunehmenden Chancen von europäischen Privatkrediten für Investoren.
13.03.2025 | 14:30 Uhr
Banken haben lange die europäische Unternehmensfinanzierungslandschaft dominiert. Doch infolge verschärfter regulatorischer Auflagen nach der Finanzkrise haben sie sich zunehmend aus der Mittelstandsfinanzierung zurückgezogen. In den letzten anderthalb Jahrzehnten haben sich daher private Anbieter im Bereich Direct Lending als alternative Finanzierungsquelle für mittelständische Unternehmen etabliert. Der europäische Markt für diese Finanzierungsform ist seit 2008 von 1,5 Milliarden US-Dollar auf über 300 Milliarden US-Dollar im März 2024 gewachsen.1
Angezogen von den hohen laufenden Erträgen und den starken
Absicherungen in dieser Assetklasse, hat sich Direct Lending von einer
Nischenstrategie zu einer Kernallokation für viele institutionelle Investoren
entwickelt. Laut der letzten BAI-Umfrage unter 111 institutionellen Investoren
in Deutschland waren im Jahr 2024 bereits über 70 Prozent in Corporate Private
Debt investiert und planen, den Anteil 2025 weiter
auszubauen.2
Mit dem Marktwachstum hat sich der ursprüngliche Direct-Lending-Fokus auf mittelständische Unternehmen weiterentwickelt. Heute ist es eine bedeutende Finanzierungsquelle für zunehmend größere Unternehmen. Während diese größeren Emittenten in der Regel geringere Renditespreads bieten, sind spezialisierte europäische Kreditmanager wie AlbaCore überzeugt, dass Unternehmen im gehobenen Mittelstand und Large-Cap-Bereich aufgrund ihrer defensiveren Struktur ein widerstandsfähigeres Kreditprofil für Investoren darstellen. Gehobene Mittelständler sind häufig Marktleader in ihrem Segment, wodurch sie Preissetzungsmacht erlangen, steigende Inflationskosten weitergeben und ihre Ausgaben effizienter steuern können. Diese Faktoren tragen zu einem robusten Geschäftsmodell bei, das sich an veränderte Marktbedingungen anpassen kann. Die Performance dieser Unternehmen in den letzten zwei Jahren zeigt, dass größere Unternehmen offenbar besser in der Lage waren, mit dem Inflationsdruck und dem herausfordernden Wachstumsumfeld in Europa umzugehen.
Obwohl die wirtschaftlichen Aussichten für Europa herausfordernder bleiben als in den USA, ist es wichtig, über makroökonomische Indikatoren hinauszublicken, denn die Performance zwischen Unternehmen und Sektoren variiert erheblich. Während einige Emittenten unter höheren Zinsen und Inflation leiden, gibt es in der DACH-Region attraktive Finanzierungsmöglichkeiten in den Bereichen Gesundheitswesen, Unternehmensdienstleistungen und Medien, die trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds weiterhin stark wachsen.
Zinssenkungen wirken sich positiv auf Fundamentaldaten aus
Zinssenkungen führen zwar zu geringeren Kuponerträgen bei variabel verzinsten Krediten, verbessern jedoch die Fundamentaldaten von Unternehmen, indem sie die Zinslast senken. In den Jahren 2022 und 2023 verzeichneten die Zinsdeckungsquoten im europäischen Direct-Lending-Markt einen deutlichen Rückgang aufgrund rapide steigender Zinsen und geringeren Wachstums. Mit den jüngsten Zinssenkungen der EZB scheint jedoch ein Tiefpunkt erreicht. Wenn die Zinsen weiter sinken, erwarten wir eine anhaltende Erholung dieser Kennzahl. Dies würde die Fundamentaldaten der Unternehmen weiter verbessern und das Ausfallrisiko senken.
Obwohl der europäische Direct-Lending-Markt inzwischen etabliert ist, ist er nach wie vor kleiner und weniger standardisiert als sein US-amerikanisches Pendant. Aufgrund des geringeren Wettbewerbsniveaus und der größeren juristischen Komplexität sind die Spreads in Europa höher geblieben. Diese Kombination macht das europäische Private-Credit-Segment nach Ansicht von AlbaCore zu einer attraktiven, risikoadjustierten Anlagemöglichkeit.
Sinkende Zinssätze in Europa dürften 2025 zu einer Erholung der M&A-Aktivitäten beitragen. Zudem könnten regulatorische Hürden fallen, da europäische Entscheidungsträger mehr paneuropäische Zusammenarbeit anstreben und die britische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (CMA) eine Überarbeitung ihres Fusionsprüfungsverfahrens angekündigt hat. Diese neue M&A-Dynamik dürfte sowohl im öffentlichen als auch im privaten europäischen Kreditmarkt die lang erwartete Zunahme neuer Emissionen fördern.
CLO-Tranchen zur Diversifikation
In diesem Umfeld erscheinen auch neue Emissionen von CLO- (Collateralised Loan Obligation) Eigenkapitaltranchen besonders attraktiv. Das höchste Risiko, das die CLO-Eigenkapitaltranche als nachrangigster Teil der CLO-Struktur trägt, wird durch den Überschussertrag abgegolten, der sich aus der Differenz der Einnahmen der zugrunde liegenden Kredite und den Zinszahlungen auf die CLO-Schulden ergibt.
Da sich die Spreads an den Kreditmärkten verengen, ist die gewichtete durchschnittliche Kapitalkostenquote für CLO-Verbindlichkeiten von über 200 Basispunkten im vierten Quartal 2024 auf 175 bis 185 Basispunkte Mitte Februar gesunken. Dieser Wert liegt nahe an den Tiefstständen nach den quantitativen Lockerungen und bietet CLO-Managern die Möglichkeit, die niedrigen Kapitalkosten für die gesamte Laufzeit eines CLOs zu sichern. Dies stellt für uns eine der besten Arbitragemöglichkeiten am Markt seit 2018 dar.
Für Anleger mit einer geringeren Risikobereitschaft bieten die AAA- und AA-Tranchen aktuell den höchsten relativen Wert außerhalb des CLO-Eigenkapitals. Diese hochwertigen Tranchen sind eine attraktive Diversifikation für ein Investment-Grade-Anleihenportfolio. Sie bieten nicht nur einen Renditevorteil gegenüber ähnlich bewerteten Unternehmensanleihen, sondern können als variabel verzinste Anlageklasse auch als Absicherung gegen Zinsschwankungen dienen.
Obwohl die Renditen von Investment-Grade-Anleihen attraktiv sind, reagieren sie aufgrund ihrer relativ langen Duration empfindlich auf Veränderungen der Staatsanleiherenditen. In jüngster Zeit gab es immer wieder Phasen erhöhter Volatilität bei Staatsanleihen, wenn Märkte mit Bedenken hinsichtlich der fiskalischen Nachhaltigkeit von Regierungen reagierten. Diese Volatilität hat sich auf den Markt für Investment-Grade-Unternehmensanleihen übertragen, während CLO-Tranchen aufgrund ihrer variablen Verzinsung weitgehend immun gegen diese Schwankungen geblieben sind.
1Quelle: “Preqin 2025 Global Report: Private Debt”
2Quelle: Bundesverband Alternative Investments e.V. (BAI) “Investor Survey 2024”
3Quelle: Lincoln International: „Private Market Perspectives: European Edition“, Stand November 2024.
4Quelle: Lincoln International: „Private Market Perspectives: European Edition Q3 2024.“ Berechnung der Zinsdeckungsquote: LTM EBITDA/Zinsen. Die Zinsen werden unabhängig davon berücksichtigt, ob das Unternehmen Barzahlungen leistet oder eine Payment-In-Kind (PIK)-Struktur verwendet.
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