Metzler: Brexit geht in die Verlängerung

Zinsen

Der Brexit-Prozess entwickelt sich immer mehr zu einem Albtraum, da Spielführerin Theresa May stur an ihrer Kick-and-Rush-Taktik festhält und damit immer wieder an der gegnerischen Abwehr hängen bleibt.

25.03.2019 | 10:42 Uhr

In der kommenden Woche dürfte die Abstimmung über den Austrittsvertrag zum dritten Mal infolge scheitern. Es scheint jedoch, dass ihre Mitspieler auf dem Platz eine andere Taktik anwenden wollen. So könnte es am Mittwoch eine indikative Abstimmung im Parlament über die verschiedenen Modelle wie Zollunion, Norwegen-Modell etc. kommen. Sollte eine klare Mehrheit für ein Modell zustande kommen, könnte sich eine Eigendynamik zu einem geregelten Brexit entwickeln – in Verbindung mit einer längeren Übergangsfrist.

Sollte es trotz aller Anstrengungen zu einem ungeregelten Brexit kommen, wäre es vergleichbar mit einem verlorenen Elfmeterschießen; eine tiefe Rezession in Großbritannien und Europa würde drohen. Dabei ist weniger die absolute Höhe der Zölle das Problem als das technische Umsetzen des Zollverfahrens. Denn weder Großbritannien noch die EU haben die technischen Voraussetzungen für eine Abwicklung der dokumentarischen Anforderungen an einen bilateralen Handel außerhalb des Binnenmarkts geschaffen, sodass es an der Grenze zum kompletten Chaos und zum Stillstand des Handels kommen würde. Auch hat Großbritannien nur sehr wenige Handelsverträge mit anderen Ländern abgeschlossen. Die europäische Wirtschaft ist derzeit in einem fragilen Zustand, und die EZB hat ihr geldpolitisches Pulver verschossen, sodass ein Handelsschock sofort eine tiefe Rezession auslösen würde.

Derzeit kann man aufgrund der (chaotischen) Entwicklungen jeden Tag die Wahrscheinlichkeiten für die verschiedenen Brexit-Szenarien anpassen. Die Wahrscheinlichkeit für einen geregelten Brexit sehen wir derzeit bei 69 %, für keinen Brexit bei 1 % und für einen ungeregelten Brexit bei 30 %.
Wird Deutschland als Spielführer im Team Eurozone Verantwortung übernehmen?

Der merkliche Anstieg des ZEW-Index im März weckte Hoffnung auf eine baldige Trendwende der Konjunktur in Deutschland und in der Eurozone. Die heute veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes machten diese Hoffnung jedoch wieder zunichte. Der Einkaufsmanagerindex der deutschen Industrie fiel auf nur noch 44,7 – den niedrigsten Stand seit 2012, als die Staatsschuldenkrise wütete. Die deutsche Industrie leidet unter einer Absatzschwäche ihrer Exporte in die Türkei, nach Großbritannien und zuletzt auch nach China. Vor allem scheinen die deutschen Daten zu signalisieren, dass die Konjunkturschwäche in China derzeit deutlich stärker ausgeprägt ist, als es die offiziellen Daten zeigen. Bisher ist es der chinesischen Regierung also noch nicht gelungen, eine Trendwende der Konjunktur zu bewirken. Die schon beschlossenen Schritte brauchen erfahrungsgemäß Zeit, um in der chinesischen Realwirtschaft anzukommen – etwa bis in die Sommermonate.

Die kommende Woche dürfte die aktuelle Konjunkturschwäche mit einem starken Rückgang des ifo-Index (Montag) sowie des Wirtschaftsvertrauens (Donnerstag) bestätigen. Immerhin dürften sich die Kreditvergabe (Donnerstag) und das Konsumentenvertrauen (Donnerstag) stabil entwickelt haben.

Für Deutschland gibt es also auch vor dem Hintergrund der Brexit-Risiken einen guten Grund, mit einer expansiveren Fiskalpolitik die Konjunktur zu stabilisieren – idealerweise mit Mehrausgaben in Infrastruktur, Bildung sowie Forschung & Entwicklung. Nach Berechnungen der EU-Kommission haben neben Deutschland nur die Niederlande noch ausreichend Spielraum für staatliche Mehrausgaben. Derzeit gibt es in Deutschland jedoch noch wenige Anzeichen für politische Bewegung.
USA: Chancen auf Belebung am Wohnimmobilienmar ktTraditionell reagiert der Wohnimmobilienmarkt am schnellsten auf eine Änderung der Geldpolitik und der Kreditvergabebereitschaft der Banken – beides sind signifikante Einflussfaktoren für die Gesamtwirtschaft. Der Verzicht der US-Notenbank auf weitere Leitzinserhöhungen ist ein expansiver Impuls, da in der Folge das allgemeine Zinsniveau gefallen ist. Im Einklang damit haben sich die wöchentlichen Hypothekenanträge für
den Kauf von Wohnimmobilien seit Jahresanfang erholt. Die Baubeginne (Dienstag), die Baugenehmigungen (Dienstag), die Immobilienpreise (Dienstag) sowie die Neubauverkäufe (Freitag) dürften in der kommenden Woche die verbesserte Lage am Wohnimmobilienmarkt in den USA bestätigen. Die Erholung am Wohnimmobilienmarkt signalisiert Chancen auf eine bessere Entwicklung der US-Konjunktur in den kommenden Monaten.

Darüber hinaus werden noch die Kennzahlen für das Konsumentenvertrauen veröffentlicht (Dienstag und Freitag), das sich zuletzt wieder stark verbesserte.
Der Rolldown-Effekt – ein wichtiger Bestandteil des Er tr ags von Unter nehmensanleihenSelbst Staaten mit bester Bonität müssen Anlegern einen höheren Zins bieten, wenn sie Anleihen mit einer längeren Restlaufzeit emittieren. Je länger nämlich die Restlaufzeit einer Anleihe ist, desto größer sind die Zinsänderungsrisiken, die zu Kursverlusten führen könnten. So betrug in der Eurozone die durchschnittliche Rendite von Staatsanleihen mit einem Rating von AAA und einer Restlaufzeit zwischen ein und drei Jahren im Zeitraum Januar 2005 bis Februar 2019 etwa 1,1 %. Im selben Zeitraum lag die durchschnittliche Rendite von AAA-Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit zwischen sieben und zehn Jahren bei etwa 2,1 %.

Renditestrukturkurve bei Unternehmensanleihen ist steiler als bei Staatsanleihen

Durchschnittliche Rendite von Januar 2005 bis Februar 2019 nach Restlaufzeit in %

Renditestrukturkurve

Unternehmensanleihen haben neben dem Zinsänderungsrisiko noch ein Bonitätsrisiko, das ebenso wie das Zinsänderungsrisiko unter anderem von der Restlaufzeit der Unternehmensanleihe abhängt. Dementsprechend betrug die durchschnittliche Rendite von Unternehmensanleihen mit einem Investmentgrade-Rating und einer Restlaufzeit zwischen ein und drei Jahren im Zeitraum Januar 2005 bis Februar 2019 etwa 2,4 %. Im selben Zeitraum lag die Rendite von Unternehmensanleihen mit einer Restlaufzeit zwischen sieben und zehn Jahren bei etwa 3,6 %. Im Durchschnitt haben Unternehmensanleihen also neben höheren Renditen auch eine steilere Renditestrukturkurve als Staatsanleihen mit bester Bonität.
In einem Portfolio sinkt mit jedem Tag die durchschnittliche Restlaufzeit der Anleihen, sodass in der Regel jeden Monat kurzlaufende Anleihen verkauft und langlaufende Anleihen gekauft werden, um die durchschnittliche Restlaufzeit der Anleihen im Portfolio konstant zu halten. Dadurch entsteht für Anleger bei einer steilen Renditestrukturkurve ein zusätzlicher (Rolldown-) Ertrag, da beispielsweise aus einer zehnjährigen Anleihe nach einem Jahr eine neunjährige Anleihe mit einer niedrigeren Rendite und damit einem höheren Kurs geworden ist. Für eine zehnjährige Bundesanleihe beträgt der theoretische Rolldown-Ertrag (unter der Annahme unveränderter Renditen) derzeit etwa 0,9 % pro Jahr. Ein Blick auf die Unternehmensanleihen drei großer Emittenten mit einem durchschnittlichen Rating von A und einer Restlaufzeit von zehn Jahren zeigt derzeit sogar einen theoretischen Rollown-Ertrag von durchschnittlich 1,4 %, das heißt, die steilere Renditestrukturkurve von Unternehmensanleihen spiegelt sich auch in einem höheren theoretischen Rolldown-Ertrag wider. Dabei darf nicht vergessen werden, dass der RolldownErtrag ein zusätzlicher Ertrag zur Rendite ist. Darüber hinaus beeinflussen noch Zins- und Spread-Änderungen den letztlichen Ertrag einer Anlage in eine Unternehmensanleihe.

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